Monde der Finsternis 03 - Mond der Ewigkeit
zurück.
„Lass sie. Sie macht eine Wandlung durch. Sie ist von einem Dämon besessen. Es ist zu gefährlich für dich. Ich werde sehen, ob ich noch helfen kann.“
„Aber ...“, protestierte Kevin, gab jedoch nach.
„Ich möchte dir nicht verschweigen, dass wir nichts mehr für sie tun können, wenn die Wandlung weit vorangeschritten ist. “ Dann musste er sie töten, so wie damals Samuel. Er konnte dem Jungen nicht die ganze Wahrheit sagen.
Kevin schluckte.
Das Mädchen trug ein weißes, blutbeflecktes Leinenhemd, das an ein Leichentuch erinnerte. Die Ärmel waren zerfetzt und entblößten ihre blutenden Unterarme. Die Wunden stammten vermutlich von einem Messer. Aidan kniete sich neben sie und packte ihre Handgelenke. Er drückte sie zu beiden Seiten ihres Kopfes auf den Boden. Sie wehrte sich und fauchte. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze. Rötlicher Schaum trat aus ihrem Mund, als sie wie ein brunftiges Tier stöhnte. Ihre Augen wirkten starr wie bei einer Toten.
„Wird sie es schaffen?“, fragte Kevin ängstlich.
„Ich weiß es nicht. Sie wehrt sich mit aller Kraft gegen den Wandel. Der Dämon wird nicht aufgeben, sie besitzen zu wollen.“
Der Dämon saugte alle Energie aus ihrem Körper und ihrer Seele. Aidan hörte ihren Puls rasen. Jill würde kollabieren, wenn sie sich weiterhin gegen die Wandlung sträubte.
„Jill, hör auf!“, rief Kevin verzweifelt.
„Sie kann dich nicht hören.“
Jills Oberkörper bäumte sich auf und sie trat nach Aidan. Er kniete sich auf ihren Leib. Das Mädchen gurgelte und röchelte abwechselnd, dann brach es in hysterisches Gelächter aus. Aus dem Augenwinkel sah Aidan das mit Kreide gezeichnete Pentagramm auf den Steinen am Boden. Jills Gegenwehr war stark, was ihm Anlass zur Hoffnung gab, der Dämon könnte noch nicht lange von ihr Besitz ergriffen haben. Wahrscheinlich hatten die anderen sie allein gelassen, weil sie in diesem Stadium unberechenbar war. Die Bilder von Beth, die das Gleiche durchgemacht hatte, waren ihm noch deutlich im Gedächtnis verhaftet geblieben. Nur einem Schwarzmagier gelang es, das Ritual erfolgreich zu praktizieren.
„Kann ich denn gar nichts tun? Ich fühle mich beschissen, einfach danebenzustehen.“ Kevin war nur noch ein Schatten seiner selbst.
Was sollte Aidan ihm sagen? Er spürte, wie die Hilflosigkeit den Jungen verzweifeln ließ und kam zu dem Schluss, dass es nur eine gab, die Jill helfen konnte: Amber. Aidan sprang auf und riss das Mädchen an den Armen hoch. Es kreischte wie ein Tier. Er drehte ihr die Arme auf den Rücken und hielt ihre Handgelenke zusammen. Jill gebärdete sich wie toll, um sich dem Griff zu entwinden. Der Dämon entfaltete bereits seine Kräfte, denn Aidan musste Gewalt anwenden, um sie zu bändigen. Er sah Kevins Gürtelschnalle unter dem Sweatshirt hervorblitzen.
„Schnall deinen Gürtel ab und fessele ihre Hände.“
Kevins Augen leuchteten, weil er eine Aufgabe übertragen bekam. In Windeseile zog er den Gürtel aus den Schlaufen seiner Jeans. Zusammen gelang es ihnen, Jills Hände zusammenzubinden.
„Jetzt lass uns zum Wagen gehen. Du musst fahren, während ich auf sie aufpasse“, befahl Aidan.
Kevin rannte voraus. Sobald sie Jill zu Amber gebracht hatten, wollte Aidan sich auf die Suche nach dem Schwarzmagier begeben. Aidan schob Jill vor sich her, ohne sie eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Jemand hatte ihr ein Pentagramm in den Nacken gebrannt. An den Wundrändern hatten sich Bläschen gebildet. Das unverkennbare Zeichen für ein Dämonenritual. So musste es auch damals Samuel ergangen sein, als Revenants Geist von ihm Besitz ergriffen hatte. Aidan dachte nur einen flüchtigen Moment an seinen Streit mit Amber, der wegen Jill in den Hintergrund rückte. Amber wusste, wie sie dem Mädchen helfen konnte.
Noch rang der Dämon mit Jill um die Macht, weshalb sie ihre Gestalt nicht wandeln konnte. Sobald ihre innere Gegenwehr erstarb und der Dämon die Oberhand gewann, wurde sie zur Gefahr aller. Es blieb nur wenig Zeit, denn die Kraft des dunklen Wesens in ihr wuchs minütlich.
Jill fauchte bei jedem Schritt auf dem Weg zum Wagen, wo Kevin sie voller Ungeduld erwartete. Aidan verfrachtete das Mädchen auf den Rücksitz und setzte sich neben sie, bevor er Kevin befahl, zum Schloss zu fahren. Der Weg zog sich endlos hin, denn Jill zerrte an seinen Nerven. Als sie in den Schlosshof fuhren, brannte Licht in der Halle. Aidan unterdrückte sein schlechtes Gewissen und stieg
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