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Monde

Titel: Monde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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alle anderen dahinstapften wie Tiefseetaucher.
    »Okay«, sagte Gavin, »dann brechen wir auf.« Er drehte sich um und führte sie schnellen Schrittes von dem geparkten Auto weg.
    Jenseits der Wiese wurde die Straße zu nichts weiter als einem schmalen Weg, der sich zwischen Hainen von Goldkiefern dahinwand. Deedee sputete sich, um mit ihrem Mann gleichauf zu liegen. Maggie verfiel wenige Schritte hinter ihnen in eine für sie offenbar angenehme Gangart. Baedecker strengte sich mächtig an, damit er den Anschluss nicht verlor, aber nach den ersten dreihundert Metern bergauf war er rot im Gesicht und stolperte, während seine Lunge sich bemühte, mehr Sauerstoff zu erh a schen, als in der dünnen Luft auf dreitausend Meter Höhe zur Verf ü gung stand. Nur Tom Jr. blieb noch weiter zurück, pfefferte ab und zu einen Stein gegen einen Baum oder schnitzte mit seinem Messer etwas in eine Espe.
    »Kommt schon, legen wir einen Zahn zu«, rief Gavin von der nächsten Biegung. »Wir sind noch nicht mal auf dem Pfad.«
    Baedecker nickte, zu ausgepumpt zum Sprechen. Maggie wandte sich um, machte kehrt und kam bergab auf ihn zugelaufen. Baedecker wischte sich das Gesicht ab, verschob den Rucksack auf dem schweißgetränkten Hemdrücken und fragte sich, was für ein Wahnsinn es war, dass jemand bergab lief, wenn er gleich darauf wieder bergauf musste.
    »Hi«, sagte sie.
    »Hi«, stieß Baedecker hervor.
    »Es kann nicht mehr lange dauern, bis wir unser Lager aufschla gen«, sagte sie. »In ungefähr fü nfundvierzig Minuten wird die Sonne hinter dem Kamm untergehen. Außerdem sollten wir uns heute Abend im unteren Teil des Canyon halten, denn nach drei Kilometern wird das Gelände ziemlich steil.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Maggie lächelte und schob sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. Es war genau dieselbe Geste, die Baedecker von Indien noch in bester Erinnerung hatte. Er stellte erfreut fest, dass der kürzere Haarschnitt diese Bewegung nicht überflüssig gemacht hatte. »Ich hab mir die Karte angesehen, die Tom Ihnen gestern Abend in Boulder gezeigt hat«, sagte sie.
    »Oh«, sagte Baedecker. Maggies plötzliches Auftauchen im Haus der Gavins hatte Baedecker so durcheinandergebracht, dass er der Karte keine große Aufmerksamkeit mehr geschenkt hatte. Er zog die Schultergurte zurecht und begann wieder bergauf zu steigen. Sofort verfiel sein Herz wieder in heftiges Pumpen, und seine gequälte Lunge schrie nach Sauerstoff.
    »Was stimmt nicht mit ihm?«, fragte Maggie.
    »Mit wem?« Baedecker konzentrierte sich darauf, die Füße zu heben. Er konnte sich nicht erinnern, dass er Bleisohlen verlangt hatte, als er letzte Woche die neuen Wanderstiefel kaufte, aber offenbar musste man ihm welche gegeben haben.
    »Ihm«, sagte Maggie und nickte mit dem Kopf bergab zu der mürrischen Gestalt von Tom Jr. Der Junge starrte in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und hatte die Hände tief in die Taschen gesteckt.
    »Probleme mit seiner Freundin«, sagte Baedecker.
    »Zu dumm«, sagte Maggie. »Hat sie ihn sitzen lassen, oder was?«
    Baedecker blieb erneut stehen und schnappte nach Luft. Nicht, dass das was nützte. Winzige Trommler spielten Soli in seinen Ohren. »Nein«, sagte er, »Tom und Deedee kamen zu dem Ergebnis, dass es zu ernst wurde. Sie haben es unterbunden. Tommy darf sie nicht Wiedersehen, wenn sie zurückkommen.«
    »Zu ernst?«, fragte Maggie verblüfft.
    »Die Möglichkeit von vorehelichem Sex hat ihr hässliches Haupt erhoben«, sagte Baedecker.
    Maggie spähte wieder zu Tom Jr. hinunter. »Großer Gott«, sagte sie. »Er muss doch fast siebzehn sein.«
    »Eher achtzehn«, sagte Baedecker, setzte sich wieder in Bewegung und wartete, dass sein zweiter Energieschub kam. Er war wirklich überfällig. »Fast Ihr Alter, Maggie.«
    Sie verzog das Gesicht. »O nein, daneben«, sagte sie. »Ich bin sechsundzwanzig, und das wissen Sie auch, Richard.«
    Baedecker nickte und bemühte sich, schneller zu gehen, damit Maggie nicht dauernd halbe Zwischenschritte machen musste, um ihm nicht davonzulaufen.
    »Hey«, sagte sie, »wo ist Ihr Hüftgurt? Der ist nützlich bei diesen Gestängerucksäcken, wie Sie einen tragen. Entlastet die Schultern.«
    »Kaputt«, sagte Baedecker. Er äugte zwischen den Bäumen hinauf und erblickte Tom und Deedee zwei Kehren weiter, wo sie in flottem Tempo ausschritten.
    »Sind Sie immer noch wütend?«, fragte Maggie. Ihre Stimme veränderte sich etwas, wurde einen Ton tiefer. Als er das

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