Monde
hörte, schlug Baedeckers belastetes Herz noch schneller.
»Wütend weswegen?«, fragte er.
»Sie wissen schon, weil ich aufgekreuzt bin, obwohl ich nicht eingeladen war«, sagte sie. »Weil ich geblieben bin und Sie zu diesem Wochenendausflug mit Ihren Freunden begleite.«
»Selbstverständlich nicht«, sagte Baedecker. »Jeder Freund von Scott wäre willkommen.«
»Hm«, sagte Maggie. »Das hatten wir schon. Ich bin nicht von Boston hierhergeflogen, nur weil ich die Freundin Ihres Sohnes bin. Ich meine, die Vorlesungen haben schon wieder angefangen.«
Baedecker nickte. Scott hätte dieses Jahr seinen Abschluss machen können, wäre er nicht ausgestiegen, um diesen indischen Guru anzubeten. Baedecker wusste, dass Maggie vier Jahre älter war als Scott; sie hatte nach ihrem Abschluss am Wellesley zwei Jahre beim Friedenskorps verbracht und schrieb gerade an ihrer Magisterarbeit in Soziologie.
Sie gelangten auf eine Lichtung an einer breiten Haarnadelkurve, wo Baedecker stehen blieb und so tat, als bewunderte er die Aussicht auf das Tal und die umliegenden Gipfel.
»Ich habe Ihren Gesichtsausdruck genossen, als ich gestern Abend reingeschneit bin«, sagte Maggie. »Ich dachte, die Zähne würden Ihnen rausfallen.«
»Diese Zähne sind meine eigenen«, sagte Baedecker. Er zog den Rucksack zurecht und zurrte einen Gurt fest. »Jedenfalls die meisten.«
Maggie warf den Kopf zurück und lachte. Sie strich ihm mit kühlen Fingern über den sonnenverbrannten Arm, dann hüpfte sie auf dem Weg voraus, verweilte kurz, um ihm zu winken, und dann rannte sie. Rannte. Bergauf. Baedecker schloss für einen Moment die Augen.
»Kommen Sie, Richard«, rief sie von oben. »Beeilen wir uns, damit wir das Lager aufschlagen und Abendessen machen können.«
Baedecker öffnete die Augen. Die Sonne stand direkt hinter Maggie, umgab sie mit einem Strahlenkranz und beleuchtete sogar die feinen goldenen Härchen auf ihren Unterarmen. »Nur zu«, rief er. »Ich komme in etwa einer Woche nach.«
Sie lachte und lief bergauf, offenbar unbeeinträchtigt von der Schwerkraft, die an Baedecker zerrte. Er schaute ihr eine Weile nach, dann folgte er ihr, wobei er nun selbst leichtfüßiger voranschritt und die Last auf dem Rücken nicht mehr ganz so sehr spürte. Immer höher stieg er, der Kuppel des dünnen, blauen Himmels über Colorado entgegen.
Baedecker hatte an seinem Leben in St. Louis nichts so sehr gefallen wie die Abreise.
Er kündigte seinen Job bei der Flugzeugfirma, wo er die letzten acht Jahre gearbeitet hatte, und das Gefühl, dass er dort im Grunde genommen völlig überflüssig gewesen war, wurde versehentlich dadurch bestätigt, dass Cole Prescott, sein Boss, ihn zwar mit einem tiefen Gefühl des Bedauerns gehen ließ, aber ohne ihn darum zu bitten, einen Neuen einzulernen. Baedecker verkaufte sein Haus in der Stadt an die Gesellschaft zurück, die es gebaut hatte, schlug den größten Teil seiner Möbel los, lagerte seine Bücher, Papiere und den Schreibtisch ein, den Joan ihm zum vierzigsten Geburtstag geschenkt hatte, verabschiedete sich bei Drinks von seinen wenigen Kollegen und Freunden – die überwiegend für die Firma arbeiteten – und fuhr eines Nachmittags nach einem gemütlichen Essen im Three Flags-Restaurant jenseits des Missouri in St. Charles nach Westen.
Richard Baedecker hatte nicht einmal drei Tage gebraucht, um sein Leben in St. Louis aufzulösen.
Er erreichte das Gebiet des Staates Kansas, als in Kansas City gerade Hauptverkehrszeit herrschte. Das schier irrwitzige Verkehrsaufkommen störte ihn jedoch nicht; er lehnte sich in den Lederpolstern zurück und hörte klassische Musik.
Sein ursprüngliches Vorhaben, den Chrysler Le Baron zu verkaufen und sich etwas Kleineres, Schnelleres wie eine Corvette oder einen Mazda RX-7 zu kaufen – also die Art Wagen, wie er ihn vor achtzehn oder zwanzig Jahren gefahren hätte, als er auf Einsätze vorbereitet wurde oder Flugzeugprototypen flog –, hatte er aufgegeben. Im letzten Augenblick war ihm klargeworden, wie klischeebefrachtet das gewesen wäre – der Mann in mittleren Jahren, der in einem flotten Sportflitzer seiner verlorenen Jugend nachjagt –, und er behielt den Le Baron. In dessen klimatisiertem Komfort entspannte er sich nun und lauschte Hä ndel s Wassermusik, während er Kansas City mit seinen Getreidesilos hinter sich ließ und nach Westen auf die untergehende Sonne und die endlosen Prärien zurollte.
In dieser Nacht blieb er in Russell,
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