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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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Tür auf. Sie schleppten das Sturmopfer mühsam hinaus.
    Als sich die Türe hinter ihnen geschlossen und Oliver wieder Platz genommen hatte, fragte der Deutsche ungerührt: "Was kann ich mir unter einem regelmäßigen Kontakt zum Labor vorstellen?"
    "Nun, er kommt freiwillig regelmäßig zum Labor", entgegnete Oliver.
    "Und weshalb kommt dieser Manip freiwillig und regelmäßig zum Labor?" Der Deutsche ließ nicht locker.
    "Das, äh, weiß keiner ganz genau", musste Oliver zugeben. "Die Psychologen meinen, es handele sich um eine Art Abhängigkeit, wie man sie auch bei langjährigen Zuchthäuslern findet oder eine besonderen Art des Stockholmsyndroms, wie man sie bei Geiseln findet, eine Abhängigkeit vom Entführer."
    Oliver blickte wieder zu Carlton hinüber. Und jetzt geruhte sein Chef endlich, sich von seinen Träumen vollends zu lösen.
    Er warf ein: "Man muss dazu wissen, um was für ein Wesen es sich handelt. Die genetischen Eingriffe bewirkten bei ihm eine beträchtliche Steigerung der Körperkraft. Dazu trat eine gewisse Hellsichtigkeit, die über das normale Maß hinaus geht. Sie ist animalisch. Inwieweit noch andere animalische Züge ins Programm gerutscht sind, ist mit Sicherheit noch nicht zu sagen. Deutlich zeichnet sich ein gewisser Zug zur Lycantrophie, einer Wandlungsfähigkeit zum Wölfischen, ab. Der Manip besitzt nicht die Form- und Gestaltstabilität der Wesen, die in ihrer Entwicklung Millionen Jahre durchlaufen haben. Unser entlaufener Freund hat neben Kraft und Intelligenz aber auch ein überdurchschnittliches soziales Verhalten abbekommen. Seine soziale Kompetenz zwingt ihn geradezu, seine lycantrophen Züge vor der Umwelt geheim zu halten. Das ist übrigens ein Zug, der fast allen solchen Wesen gemein ist. Sie spüren ihre Andersartigkeit und finden außer den Labors keine Orte, an denen diese Andersartigkeit offen zu zeigen ist. Sie schämen sich. Diese Scham, die mein Mitarbeiter (er nannte Olivier im Beisein von Anwesenden nie beim Namen) eben etwas ungenau als Abhängigkeit bezeichnet hat, führt zu den ziemlich regelmäßigen Besuchen des Labors."
    "Können Sie uns mal ein Beispiel dafür geben, was da an Wölfischem ans Tageslicht kommt oder besser, ins Licht des Labors tritt?", wollte das neugierige amerikanische Mitglied wissen.
    "Sie wünschen eine komplette Darstellung dieses Wesens mit allen Kompetenzen und Defiziten?", fragte Carlton zurück.
    "Etwas weniger würde es auch tun", entgegnete der Amerikaner trocken.
    "Etwas weniger wäre nicht gut genug", erwiderte Carlton entschieden. "Ein entsprechendes Schreiben wird Ihnen allen in den nächsten Tagen zugehen. Mit einem solch peripheren Problem sollten wir nicht eine Vorstandssitzung belasten."
    Damit war dieser Punkt der Sitzung erledigt. Im Weiteren wandte man sich dem Thema der Woche zu: Der effektiven Ausnutzung der schwankenden Wechselkurse.
    Eine Stunde später wieselte Oliver wieder brav vor Carlton her zum Ausgang. Diesmal riss er beide Türen auf und drückte die Ruftaste für den Aufzug. Der Aufzug kam. Anstandslos öffnete sich seine Türe. Carlton schritt voran. Erleichtert wollte Oliver schon aufatmen, als Carlton einen schrillen Schrei ausstieß und sich verzweifelt am Rahmen der Fahrstuhltür festhielt. Um ein Haar wäre er in den Aufzugschacht gefallen. Die Kabine hatte gut einen halben Meter zu tief angehalten.
    "Die Stürme!", stieß Oliver verzweifelt hervor. "Das liegt bestimmt an diesen verdammten Stürmen. Die Elektronik..."
    "Ich weiß", unterbrach ihn Carlton und sah ihn eiskalt an. "Ich weiß."
     
    ******
     
    "Bleib ganz cool!", zischte der Typ, den ich gerade unvorsichtigerweise in mein Auto gelassen hatte. "Ganz cool, Mann!"
    Spätestens in dem Augenblick, als der Typ zu lächeln begann, wusste ich es genau: Einer von uns beiden wäre an diesem Tag besser im Bett geblieben. Diese Art von Lächeln kannte ich von jungen Burschen, die es lieben, Frösche mit Strohhalmen aufzublasen, und ehrlich, ich mag solche Typen nicht.
    "Siehst du da hinten diese großen Gebäude?", fragte der Mensch. Ich verstand, dass er die große psychiatrische Anstalt meinte.
    Grinsend fuhr der Typ fort, ohne meine Reaktion abzuwarten: "Wir hatten heute Außendienst. Aber ich habe dringend etwas zu erledigen. Also habe ich mich verabschiedet, ohne Auf Wiedersehen zu sagen."
    Er sah mich erwartungsvoll an. Ich war wirklich nicht sonderlich heiß darauf, zu erfahren, was dieser Mensch zu erledigen hatte.
    "Sieh einfach geradeaus

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