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Mondgeschöpfe (Phobos)

Mondgeschöpfe (Phobos)

Titel: Mondgeschöpfe (Phobos) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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Hathor!"
    Die Stimme des alten Mannes verklang in dem riesigen Tempel. Die Bilder der begleitenden Szenen verblassten und entschwanden. Allein die Göttin blieb zurück. Die Schönheit und der Liebreiz Hathors verschwammen immer wieder in den eleganten und grausamen Zügen der löwenköpfigen Sechmeth. Eine lange Stille entstand.
    Kevin wagte als erster das Schweigen zu brechen. "Soll das heißen, dass wir mit unserem Song SECHMETH die rächende Göttin herbeigerufen haben?", wandte er sich an den Alten. Und im Geiste zählte er kurz nach, wie oft der Name der Göttin Sechmeth in seinem Song auftauchte. Waren es 12- oder 13-mal.
    "Ich bin mir sicher, dass ihr sie erzürnt habt", entgegnete er.
    "Und was soll jetzt geschehen?", fragte Kevin.
    Der alte Mann trat vor die im Halbrund stehenden Riesenkatzen. Er ließ sich auf ein Knie nieder und breitete die Arme aus. Etwas wie ein leiser Gesang schwoll im Tempel auf. Dann stieß die Botin einen schrillen Schrei aus.
    Der Alte erhob sich wieder und wandte sich den HELLTOURERN zu: "Sie verlangen ein Opfer. Sie meinen, Sechmeth würde sich zufrieden geben, wenn einer von euch hierbliebe."
    Sie sahen einander an. Plötzlich sprachen alle durcheinander. Wer sollte dieses Opfer sein? Kevin ließ ihnen nicht viel Zeit, noch ängstlicher zu werden. In diesem Augenblick, als er die Zusammenhänge zu verstehen begann, wuchs er über sich hinaus: "Ich habe dieses Lied gemacht, also werde ich hierbleiben."
    Claudia trat neben ihn: "Aber ich habe sie gespielt!"
    Die Botengestalt schwebte an Kevin und Claudia vorbei und begann die anderen aus dem Tempel zu drängen.
    "Nennt sie Hathor!", erinnerte der Alte noch einmal eindringlich. Ganz von fern hörten sie den Bus anspringen. Gleichzeitig sahen sie, wie die Katzen den Tempel verließen. Sie waren allein mit der Göttin. Claudia schüttelte sich. Sie spürte mehr noch als Kevin, wie es kalt wurde. Eine eisige Windböe pfiff zwischen den hohen Säulen hindurch. Sie schraken zusammen, als das kreischende Fauchen die Stille wieder durchschnitt und den Tempel überschwemmte, wie eine sturmgepeitschte Welle den Strand. Fasziniert konnten sie erkennen, wie Sechmeths Bild die Stufen eines Altars im Hintergrund des Tempels emporschwebte. Sie ließ sich auf dem Thron, der auf der obersten Stufe des Altars stand, nieder. Kevin wusste, dass sie in diesem Augenblick aufhörte, ein Bild zu sein, dass sie sich materialisierte.
    Eine blutverschmierte, zerfetzte Rüstung bedeckte ihre schöne Gestalt nur teilweise. Darüber drohte der Löwenkopf. Geifer tropfte glitzernd von ihren weiß glänzenden Zähnen. Sie war riesengroß. Noch erheblich größer als die Katzen vor dem Tempel. Mühelos konnte sich Kevin vorstellen, wie eine solche Kämpferin die Schlacht entscheiden konnte. Die Krallen ihrer Vordertatzen waren so lang wie die gebogenen Dolche der Sikhs.
    Kevin dachte, sie mag mich umbringen, aber mein Song passt sehr gut zu ihr. Vielleicht sollte ich sie fragen, ob ich diese Granatapfelgeschichte vertonen darf. Das ist eine echte Heavy Metal Saga. Nervöses Kichern stieg in ihm auf. Irgendwie hatte er es sich ganz anders vorgestellt, zu sterben. Er hatte gedacht, es wäre ernster, nicht so albern und nicht so banal. Er würde sterben, weil er ein Lied gedichtet hatte. Wäre ich Klempner geworden, hätte ich nicht so einen tollen Song geschrieben, dachte er noch.
    Claudia sah die Göttin und war sprachlos. Wie immer sie dieses Wesen dargestellt hatte: Es war jedenfalls nur ein Abklatsch von dem gewesen, was da jetzt vor ihnen thronte.
    Sooft hatten sie vom Tod gesungen. Jetzt, in diesen ihren letzten Augenblicken, wurde ihnen klar, warum sie den Tod sooft besangen: Es war ihre einzige Möglichkeit, ihre Angst vor ihm zu verbergen. Für sie gab es dazu keine Alternative, weil sie vom Leben nichts zu besingen hatten.
    Sechmeth öffnete ihr Maul. Wieder brandete ihnen dieses entsetzliche Fauchen entgegen.
    "Hathor!", sagte Kevin, und seine Stimme klang nicht gerade wie neu.
    "Du bist Hathor, die schöne, liebenswerte Hathor, die so gerne lacht und tanzt und Musik hört", setzte Claudia hinzu.
    Sechmeth schrie und ihr Schrei brachte die Säulen zum Wanken. Steinstaub fiel in dichten Wolken vom Dach des Tempels. Sie standen jetzt wenige Schritte vor Sechmeths Thron. Die Göttin glitt die Stufen hinab auf ihn zu.
    Kevin begann mit zitternder Stimme zu singen: "Dauernd beißen wir für sie ins Gras!"
    Weiter kam er nicht.

Ganz cool
     
    Die

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