Mondglanz
sind.
»Wir wollten sowieso zurück zum Schiff«, erklärt Dina, ohne Hammer zu fragen. Sie scheint davon auszugehen, dass die Pilotin ohnehin dasselbe will.
»Rose macht sich nur Sorgen, wenn ich zu lange wegbleibe«, stimmt Doc zu.
Er hat immer noch nicht nach Marsch gefragt. Womöglich glaubt er, dass der sich irgendwo verkrochen hat und vor sich hin brütet, und wahrscheinlich ist es am besten, wenn er so lange wie möglich in diesem Glauben bleibt. Marsch ist wie ein Sohn für ihn, und sie kennen sich seit zahllosen Umläufen. Ich weiß nicht einmal, wie lange genau.
Die anderen kehren zum Raumhafen zurück, während Vel und ich uns zu Devri führen lassen. Wir kennen den Weg zwar, aber der Bote weicht nicht von unserer Seite. Ich weiß nicht, ob er das aus Höflichkeit tut oder angewiesen wurde, uns zu überbringen wie verirrte Pakete. Wenigstens redet er unterwegs nicht viel.
Ich bin nicht mehr mit dem Herzen dabei. Ich tue das Richtige, aber ich tue es nicht freiwillig. Ich wünschte, ich könnte mein Verantwortungsgefühl abstellen und den Rest des Universums zur Hölle fahren lassen. Ich will Marsch, und es ist mir scheißegal, wie viele Außenposten die Morguts verwüsten, solange wir nur ein stilles Fleckchen finden, wo wir uns in Frieden niederlassen können.
Gleichzeitig weiß ich, dass Marsch mir das niemals verzeihen würde. Er hält für richtig, was ich jetzt tue, und so bleibt mir wenigstens sein Respekt.
Verdammt kläglicher Trost.
Ich will jemandem in die Fresse hauen. Es fällt mir immer schwerer, meine Impulse zu kontrollieren. Es ist nicht leicht für eine Navigatorin, mit dem Springen aufzuhören, und der momentane Stress macht es noch viel schwieriger. Nicht mehr lang, und ich explodiere. Ich hoffe nur, bis dahin ist alles erledigt.
Ich muss springen. Ich muss hier weg.
Der dämliche Lakai bringt uns bis vor Devris Haustür, dann macht er sich endlich aus dem Staub.
Im Gegensatz zum letzten Mal, als wir hier waren, sind wir allein. Ich tue so, als würde ich die Blätter und Blüten um mich herum bewundern, aber in Wirklichkeit vermisse ich Möbel aus synthetischem Material und feste Böden, die nicht unter jedem meiner Schritte nachgeben.
Devri eröffnet das Gespräch ohne Umschweife. »Falls Scharis sich erholt, werde ich umgehend die Abstimmung beantragen«, erklärt er. »Falls nicht, besteht keine Hoffnung.«
Das nenne ich mal Aufrichtigkeit. Gefällt mir.
Nach der obligatorischen Übersetzungspause erwidere ich: »Sie wissen, dass wir in der Klinik waren?«
»Das tue ich. Und ich gratuliere Ihnen zu der Idee, Ihren Arzt auf das Problem anzusetzen. Es zeigt Ihre Bereitschaft, uns in der Zeit der Not beizustehen. Sehr klug.«
Aha. Selbst Devri kommt nicht auf die Idee, es könnte mir was ausmachen, wenn Scharis stirbt oder für den Rest seines Lebens Schäden davonträgt. Wie ich Politik hasse.
»Saul Solaith ist eher Wissenschaftler«, korrigiert Vel, »aber auch in der Medizin bewandert. Wie lange, vermuten Sie, werden Ihre Ärzte brauchen, um die von ihm entwickelte Behandlungsmethode zu testen?«
»Nicht mehr als einen Tag. Zeit ist bei Scharis’ Behandlung ein entscheidender Faktor.«
»Es ist noch früh am Vormittag«, werfe ich ein, nachdem Vel das kurze Gespräch für mich zusammengefasst hat. »Heißt das, die Abstimmung könnte in zwei Tagen stattfinden?«
Was immer noch länger ist, als wir vor dem ganzen Schlamassel erhofft hatten.
»Falls die von Ihrem Arzt entwickelte Behandlungsmethode so gut anschlägt wie prognostiziert, könnte Scharis bereits übermorgen an der Abstimmung teilnehmen. Dazu müssen sich jedoch noch viele weitere Faktoren zu Ihren Gunsten entwickeln.«
Gut. Bleiben uns also noch zwei Tage, während derer ich herausfinden kann, wer das Ganze angezettelt hat. Wenn ich ihnen den wahren Schuldigen – und unwiderlegbare Beweise – präsentieren kann, ist Marsch gerettet. Da wir nicht unter Hausarrest stehen, kann ich mit meinen eigenen Nachforschungen beginnen. Vel wird mir sicher dabei helfen.
Marsch will nicht, dass ich versuche, ihn zu retten, das weiß ich. Er hat sich geopfert, aber ich darf das nicht zulassen. Ich habe nicht umsonst den Ruf, Unmögliches möglich zu machen. Er ist der Grund, warum ich überhaupt hier bin.
Ich neige den Kopf. »Ich gehe davon aus, dass Sie uns nicht nur hergebeten haben, um über Scharis zu sprechen.«
Devri scheint höchst erfreut über meine Bemerkung. »Sie sind ein kluges Weibchen. Ich
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