Mondglanz
wollte Sie warnen.«
Das klingt jetzt aber gar nicht mehr gut. Stumm setze ich mich hin, um mir den Rest anzuhören.
»Meine Quellen haben mich unterrichtet, dass die Große Verwalterin nicht beabsichtigt, Sie von hier wegzulassen. Sie ist außer sich, weil ein Mitglied Ihrer Delegation es gewagt hat, einen Anschlag auf ein Ratsmitglied zu verüben, und sie ist der festen Überzeugung, einen hinreichend abschreckenden Präzedenzfall schaffen zu müssen. Was ganz konkret mehrere Hinrichtungen bedeutet.«
Mein Magen zieht sich zusammen. »Heißt das, selbst wenn das Bündnis zustande kommt, will sie uns immer noch umbringen?«
»In einem Wort: ja.«
39
Vel und ich sind mehr oder weniger uns selbst überlassen.
Um die späte Uhrzeit liegen die Flure ruhig und verlassen. Als Erstes gehen wir zu der Überwachungskamera, wo Vel ein Gerät installiert, das ihr Signal gerade lange genug unterbrechen wird, dass wir unbemerkt vorbeischlüpfen können. Falls wir wegen der Störung befragt werden sollten, geben wir uns eben wieder gegenseitig ein Alibi. Sollen sie denken, was sie wollen. Es ist einfach zu bequem so.
»Bist du sicher, dass es funktioniert?«
»Nein«, antwortet Vel knapp.
Auch gut. Er war lange nicht mehr hier und kennt sich nicht bis ins letzte Detail aus mit der neuesten Hightech der Ithorianer. Trotzdem müssen wir es versuchen.
»Sollen wir wetten?«
»Wenn Sie einen Moment lang schweigen würden, Sirantha, könnte ich das hier zu Ende bringen.« So nahe war er schon lange nicht mehr dran, die Geduld mit mir zu verlieren.
Gehorsam halte ich den Mund und versuche, mich so ruhig zu verhalten wie irgend möglich. Schließlich leuchtet das Lämpchen an der Kamera nicht mehr rot, sondern gelb. Das ist es, was wir wollten, und wir huschen vorbei. Vel knackt die dahinterliegende Tür, und wir betreten den Raum mit den Überwachungsbildschirmen. Ich sehe mich um. Er ist kaum größer als eine San-Toilette.
Tagsüber sitzt hier ein gelangweilter Wachposten und döst vor sich hin. Die Bildschirme zeigen einen wenig frequentierten Bahnhof, aber von hier aus kann Vel auch auf andere Kameras zugreifen. Deshalb sind wir hier.
Er holt ein weiteres Gerät hervor und macht sich an die Arbeit. Es ist zwar abergläubisch, aber ich drücke beide Daumen, dass es ihm gelingt, sich in weitere Terminals einzuhacken, ohne dass sie es merken. Wenn es nicht funktioniert, schicken sie ein Team, um dem unautorisierten Zugriff auf den Grund zu gehen, noch bevor wir irgendwas Nützliches herausgefunden haben.
Natürlich dürften wir gar nicht hier sein, aber es ist eine willkommene Abwechslung zu dem tatenlosen Herumsitzen. Spontanes Handeln entspricht meinem Wesen nun mal viel mehr als geduldiges Abwarten, und ich bin viel zu gespannt, um mir irgendwelche Sorgen zu machen.
Ein paar Sekunden später nickt Vel – es funktioniert.
Ich weiß, was ich jetzt zu tun habe: Schmiere stehen, den Flur im Auge behalten und sofort Alarm schlagen, wenn jemand kommt. Vel kennt einen geheimen Ausgang – es sei denn, sie haben die Innenarchitektur verändert, seit Vel das letzte Mal hier war. So was ist immer möglich.
Während er arbeitet, spähe ich durch den schmalen Türspalt nach draußen. Sie ist aus einem rauen, matten Material, das ein bisschen aussieht wie Metall. Vielleicht ist es aber ein ganz anderer Werkstoff.
Nach drei Minuten steht Vel auf. »Ich habe die Aufzeichnungen der Kameras um Scharis’ Wohnung heruntergeladen. Jetzt können wir sehen, wer ihn in den letzten vierundzwanzig Stunden besucht hat, bevor er vergiftet wurde. Gehen wir.«
Bestens. Vorsichtig schlüpfen wir hinaus auf den Flur, und ich bin erleichtert, als uns auch hinter der Biegung, die ich von der Tür aus nicht einsehen konnte, niemand entgegenkommt. Es war die richtige Entscheidung, uns diesen verlassenen Bahnhof für den kleinen Coup auszusuchen.
Ein kleiner San-Bot kommt den Gang entlang auf uns zugejagt. Das Ding scheint höchst aufgeregt und rennt mir mehrmals gegen den Fuß. Verwirrt blicke ich nach unten und steige dann einfach darüber hinweg.
Auf dem Weg zurück zu meiner Suite kommen mir dann doch Bedenken. Wenn die Kakerlaken das hier rauskriegen, war’s das mit der Allianz.
Sobald wir da sind, verriegelt Vel meine Tür. Wir müssen eine Menge Material sichten und können keine Störung von den Ithorianern gebrauchen, während wir uns die Holo-Bilder ansehen, die er heruntergeladen hat. Wenn einer von ihnen versucht, uns während
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