Mondglanz
auf sie steht.
Das hier bin nicht ich. Ich spiele nicht gern nach den Regeln anderer Leute. Dieser Job bringt mich um. Schlimmer noch: Er bringt Marsch um.
Irgendeiner muss immer bezahlen.
37
»In Ordnung«, erklärt Hammer. »Trauere, aber wir müssen was unternehmen. Was sollen wir tun, Jax? So können wir die Situation nicht belassen.«
Wahrscheinlich hat sie damit verdammt recht. Ich musste es nur von jemand anderem hören. Ihre positive Energie reißt mich aus meiner Verzweiflung. Ich nicke ihr zu und rapple mich hoch. Wenn ich mich bewege, kann ich besser denken.
»Seine Festnahme hat uns Zeit verschafft«, sage ich langsam. »Aber wir müssen was draus machen. Wenn wir zu lange warten, schicken sie ihn in die Minen, und …«
»… dann ist es so gut wie unmöglich, noch etwas für ihn zu tun«, vervollständigt Vel meinen Satz. »Er wollte weder meinen Rat noch meine Hilfe annehmen.«
»Entweder bereitet er sich darauf vor zu sterben«, stammle ich, »oder er verlässt sich darauf, dass wir ihn rausholen.«
»Gehen wir mal von Letzterem aus«, sagt Dina mit finsterem Blick.
»Vel?« Mehr denn je brauche ich jetzt den Rat des Kopfgeldjägers. »Ich muss wissen, was jetzt die beste Strategie ist. Gibt es irgendeine Möglichkeit, sowohl die Allianz als auch Marsch zu retten?«
Er überlegt. »Unwahrscheinlich. Sie werden wählen müssen, Jax. Es ist durchaus möglich, dass die Abstimmung zu Ihren Gunsten ausgeht, da sie vollständig kooperiert und sich als durch und durch kultiviert erwiesen haben, indem sie den Schuldigen widerstandslos auslieferten.«
Genau das, was ich nicht hören wollte. »Das heißt, entweder Marsch oder das Bündnis? Habe ich dich richtig verstanden?«
»Ich fürchte, ja.«
Marsch wusste das, als er den Anschlag auf sich nahm. Der Bastard hat es gewusst. Mariaverdammt. Warum?
Die Jax, die um ihn trauert, ist beschädigt, sie funktioniert nicht mehr. Also schiebe ich sie irgendwo ganz weit weg. Es ist Zeit für eine neue, eine gerissene und rücksichtslose Jax.
Dinas Blick hellt sich sofort auf, als ich sage: »Dann gibt es keine Frage, was wir tun.«
Nein, gibt es nicht.
Die Mechanikerin reibt sich die Hände. »Okay, wie lautet der Plan?«
»Frag Doc, ob er schon irgendein Medikament gefunden hat. Vel, hol Devri ans Com. Frag ihn, wie es mit der Abstimmung aussieht.«
Ohne Zögern tut Vel, worum ich ihn gebeten habe. Ich weiß nicht, womit ich seine Loyalität verdient habe, aber auf ihn kann ich mich verlassen, mehr als auf alle meine anderen Freunde. Mit Dina könnte ich leicht Ärger bekommen, sobald sie begreift, was ich vorhabe. Ich höre, wie Vel mit Devri spricht, aber es klingt so, als wäre er die meiste Zeit mit Zuhören beschäftigt.
»Sollten wir nicht unsere Ausrüstung holen?« Dina wirkt irritiert. Sie weiß noch nicht, dass ich mich für den härteren Weg entschieden habe. »Wir müssen herausfinden, wann und wo die Patrouillen unterwegs sind, und dann einen Schlachtplan ausarbeiten. Es wird nicht leicht sein, aber …«
Als sie sieht, wie ich den Kopf schüttle, bekomme ich ihre Faust direkt ins Gesicht.
Mein Kopf fliegt nach hinten, und ich schmecke Blut auf den Lippen. Aber ich schlage nicht zurück. Stattdessen spüre ich, wie der Eispanzer in mir dicker wird.
Hammer packt Dinas Arme und hält sie fest. Während die Mechanikerin mit aller Kraft versucht, sich ihrem Griff zu entwinden, beschimpft sie mich in mindestens vier Sprachen aufs Wüsteste. »Wie konntest du nur? Du herzlose Hure!«
»Wenn wir ihn retten, dann nicht mit Waffen und durch Blutvergießen«, entgegne ich.
»Du willst es ja nicht mal versuchen!« Die Bitterkeit in Dinas Worten tut mir weh – und die Wahrheit darin. »Es ist genauso wie in Hon-Durrens Reich. Wenn jemand dir zur Last wird, lässt du ihn einfach fallen.«
Mir wird übel, denn sie hat recht. Ich habe Marsch damals zurücklassen wollen, weil ich dachte, er wäre zu schwer verletzt, um laufen zu können. Nach ein paar Sekunden sprang schließlich Loras – der Kommunikations-Offizier, den wir verloren haben – anstelle meines Gewissens ein. Doch Marsch sagt immer, es spielt keine Rolle, was man beinahe getan hätte. Er hat es damals verstanden, und er wird es auch diesmal verstehen.
»Im Moment hat das Bündnis für uns oberste Priorität. Wir werden uns um ihn kümmern, nachdem wir diese Mission hier erfolgreich abgeschlossen haben. Marsch ist Soldat«, füge ich leise hinzu, »er kannte die Risiken.
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