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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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Kommandanten erklären, bis der letzte schließlich auf die Idee kommt, den Arzt hinzuzuholen, der für Scharis’ Behandlung zuständig ist. Nach einer fünfzehnminütigen Diskussion bringt er uns endlich in einen Warteraum.
    Die anstehenden Aufgaben halten mich davon ab, über meinen Verlust nachzudenken. Tief in mir drinnen fühle ich mich, als würde ich sterben, aber das muss warten. Bei uns Navigatoren kommt vor dem Ende noch ein letzter großer Sprung, und meiner muss gewaltig werden, wenn er meinem Ruf gerecht werden soll.
    Endlich erscheint ein weiterer Arzt, um zu fragen, was wir wollen. Doc erklärt es ihm lange und ausführlich, und Vel übersetzt. Zuerst scheint ihm der Ithorianer nicht zu glauben. Er hält die Sache für einen Trick. Offenbar hält er uns für bescheuert genug, uns auch noch anzumelden, bevor wie Scharis den Rest geben, und das gibt mir eine Vorstellung davon, für wie verblödet sie uns Menschen halten.
    Muss ganz schön wehtun, dass ausgerechnet wir Weichhäuter ein Heilmittel gefunden haben.
    »Wir müssen erst ausführliche Tests durchführen«, erklärt der Arzt, als er das Datapad mit Docs Formeln entgegennimmt. »Wenn sie positiv ausfallen, wären wir Ihnen zu größtem Dank verpflichtet. Leider können wir nicht mehr tun, als seinen Zustand stabil zu halten. Zitronensäure ist kein heimisches Toxin, weshalb wir noch nie einen derartigen Fall hatten. Innere Verätzungen zu behandeln bringt uns an die Grenzen unserer Kunst.«
    »Wir wünschen uns nichts mehr, als dass er sich erholt«, sage ich aufrichtig, und die anderen nicken bestätigend. Ab jetzt müssen wir die Sache wohl wieder den Kakerlaken überlassen. Wir dürfen nicht zu ungeduldig wirken, damit sie nicht doch noch wieder misstrauisch werden. Fast schon beängstigend, wie gut ich mich mittlerweile in ihre Gedankengänge einfühlen kann. Bestimmt werden sie wertvolle Zeit verschwenden und Sauls Medikament erst in allen Bestandteilen analysieren, bevor sie auf die Idee kommen, Scharis damit zu heilen.
    Ich vollführe einen respektvollen Wa , als würde der wertvollste Teil von mir nicht gerade in einer Gefängniszelle sitzen und auf sein Todesurteil warten.

38
    Das erste Anzeichen, dass die Dinge sich zum Besseren wenden, ist der Kurier, der uns auf dem Weg zurück zu unseren Quartieren abfängt. Ein kurzer Blick sagt mir, dass er männlichen Geschlechts ist. Die meisten Dienstbotentätigkeiten werden hier von Männchen erledigt. Der Kurier trägt auch keinerlei Streifen, was bedeutet, dass er entweder noch sehr jung oder unfähig ist. Ich kann mich nicht erinnern, ihn zuvor schon einmal gesehen zu haben.
    »Ratsmitglied Devri wünscht, mit Ihnen zu sprechen«, erklärt er mit einem unterwürfigen und doch irgendwie unaufrichtigen Wa .
    Ich erwidere die Respektlosigkeit und lege Nuancen in meine Verneigung, die ich eigentlich nicht verstehen dürfte. Es mag kindisch klingen, aber ich genieße es, die Ithorianer zu verblüffen und sie immer wieder aufs Neue vor die Frage zu stellen, ob es vielleicht nur Zufall ist.
    Der Bote blickt mich einen Moment lang an und hält den Kopf in einem anstößigen Winkel. Hinter ihm tropft Wasser die blassen Wände hinab. Der sanfte Farbton des organischen Baumaterials steht in scharfem Kontrast zu den knalligen Farben der Pflanzen, die überall um uns herum wuchern. Irgendwo im Hintergrund sehe ich eine große Kletterpflanze mit dornigen Blättern, deren Grün so grell leuchtet, dass es beinahe unnatürlich aussieht. Ihre roten Blüten sehen aus wie Blutspritzer.
    Wie gern würde ich den Kerl einfach stehen lassen und mir Marsch holen. Stattdessen lächle ich ihn freundlich an, ohne meine Zähne zu zeigen. Ich habe es satt, jedes Mal warten zu müssen, bis Vel übersetzt hat. Die Luft hier ist zu dick, sie duftet zu süß und sie ist zu warm. Die Ithorianer mögen dieses tropische Klima, aber ich bin nun mal kein Gewächshauspflänzchen.
    »Es wäre uns eine Ehre, mit Ratsmitglied Devri zu sprechen«, sage ich schließlich.
    »Nur Sie und Ihr Dolmetscher«, schränkt der Bote ein.
    Heißt das nun, Devri glaubt, sie hätten den Falschen verhaftet, oder vertraut er uns tatsächlich nicht mehr? Wenn das der Fall ist, wäre es ein schwerer Rückschlag. Nach Scharis war er unser stärkster Verbündeter. Wenn er denkt, wir könnten versuchen, ihm etwas anzutun, sind wir im Arsch.
    Die anderen zucken mit den Schultern, um anzudeuten, dass es ihnen nichts ausmacht, wenn sie nicht dabei

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