Mondglanz
zurückgelassen hatten. Mutter Maria, ich ließ sogar zu, dass er mich in die Arme nahm, als ich von Heulkrämpfen geschüttelt wurde. Und jetzt würde ich ihn am liebsten ganz langsam und genüsslich umbringen. Seine speziellen Eigenschaften als Züchtling könnten da gerade recht kommen.
Der Vorteil liegt jetzt auf meiner Seite. Ihn einfach zu überwältigen kommt nicht infrage, also werden wir es anders machen. Ein Betäubungsmittel im Essen vielleicht. Wäre eine passende Revanche für das, was er Scharis angetan hat. Ich werde Doc sofort nach einem besonders starken Narkotikum fragen und freue mich jetzt schon auf Jaels Gesicht, wenn er gefesselt und verschnürt wieder zu sich kommt. Zum Glück hat Saul ihn erst vor Kurzem behandelt. Mit all den Daten dürfte er selbst für Jael das richtige Mittel finden.
»Wie bist du … in diese Lage geraten?« Vel deutet auf die sechs San-Bots.
Sie tun wieder das, was sie normalerweise tun, und laufen kreuz und quer durch die Suite auf der Suche nach etwas zum Saubermachen. Wahrscheinlich könnten wir sie einfach vor die Tür scheuchen, und keiner würde etwas merken.
»Um der dauerhaften Deaktivierung zu entgehen, übertrug ich mein Programm und alle wichtigen Daten auf den Chip der nächstgelegenen Einheit.«
»Und das war ein San-Bot?«, frage ich.
»Ja, doch die Elektronik der Einheit war mit meinem Programm hoffnungslos überlastet, und der Chip wäre innerhalb kürzester Zeit verschmort.«
»Also hast du dich auf insgesamt sechs Einheiten verteilt«, erkennt Vel. »Äußerst klug.«
»Ich bin froh, dass Sie mich gefunden haben.«
Ich auch. Leider ist Constance im Moment nicht mehr als ein bläuliches Flackern, sonst würde ich sie glatt umarmen. »Was ist mit deinem Chassis passiert?« Das Wort »Körper« bringe ich in diesem Zusammenhang einfach nicht über die Lippen. Es würde sich anhören, als wäre sie tot und wir würden mit ihrem Geist sprechen.
»Jael hat es versteckt. Ich werde die Koordinaten an Veliths Handheld übermitteln, aber ich bin nicht sicher, ob es noch zu retten ist. Jael schien fest entschlossen, es irreparabel zu zerstören.«
»Woher weißt du, wo er es hingebracht hat?«, frage ich erstaunt.
»Ich bin ihm in meinem neuen Gehäuse gefolgt. Menschen nehmen keinerlei Notiz von Reinigungs-Droiden. Selbst Sie haben mich ignoriert, Sirantha Jax, als ich mehrmals versuchte, Sie auf mich aufmerksam zu machen.«
Ich zucke zusammen. »Das tut mir leid. Aber jetzt müssen wir erst mal dein altes Gehäuse wiederfinden.« Ich schaue Velith an. »Hast du ein Diagnoseprogramm für Chassis der Liliana-Klasse, um zu sehen, ob noch was zu retten ist?«
»Ich kann eines entsprechend modifizieren, aber die nötigen Reparaturen wird Dina ausführen müssen.«
»So oder so, es ist ein Beweismittel, also müssen wir es uns besorgen. Es müssten noch Spuren von Jaels DNA daran haften, mit denen wir nachweisen können, was er getan hat.«
»Das würde unserer Sache zumindest helfen«, bestätigt Vel. »Wir sollten uns unverzüglich auf die Suche machen.«
Ich bin der gleichen Meinung. »Constance, kannst du für eine Weile von der Bildfläche verschwinden? Zeige dich niemandem außer uns beiden, selbst wenn du die Person als vertrauenswürdig einschätzt.«
»Verstanden.« Das Hologramm flackert kurz und verschwindet.
»Fahr dich aber nicht herunter. Ich möchte, dass du alles aufzeichnest, was in Seh- und Hörweite des Terminals passiert.«
»Meine Aufgabe ist es, Ihnen zu dienen«, kommt ihre Antwort, und ich kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
»Geht’s dir auch gut, da im Terminal?«, frage ich noch. Falls nicht, können wir jetzt auch nichts daran ändern, aber ich wollte wenigstens fragen.
»Es ist auf jeden Fall besser, als auf sechs verschiedene Chips aufgeteilt zu sein«, antwortet sie.
»Schön. Kannst du dafür sorgen, dass niemand, der eventuell hier herumschnüffelt, dich bemerkt?« Das mag wie eine überflüssige Frage klingen, aber wenigstens einmal in meinem Leben möchte ich alle Vorsichtsmaßnahmen beachten.
»Das kann ich.«
»Gut, dann verschwinden wir jetzt. Pass auf dich auf.« Ich bleibe noch ein letztes Mal stehen, bevor wir auf den Flur gehen, und frage mich, ob das nicht ein bisschen übertrieben ist, aber … Scheiß drauf. »Ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist.«
Während wir im Stechschritt zu den Koordinaten unterwegs sind, die Constance Velith übermittelt hat, kommen mir plötzlich
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