Mondglanz
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»Du darfst nicht mit ihnen gehen, Jax. Das Ganze ist nur ein Vorwand. Sie wollen dich einsperren, sonst nichts. Die werden dich nicht bei der Untersuchung helfen lassen. Sie werden dich einlochen, damit du ihnen nicht in die Quere kommst.«
»Das ist mir bewusst«, antworte ich genervt. »Aber es ist nur in unserem eigenen Interesse zu kooperieren. Die Verhandlungen für die Allianz befinden sich in einer kritischen Phase, und ich muss alles tun, um sie erfolgreich zu Ende zu bringen. Hast du irgendeine Ahnung, was da draußen los ist?« Ich deute nach oben.
»Ja«, erwidert er grimmig. »Aber du wirst da draußen nicht viel ausrichten können, wenn du zulässt, dass sie dich da unten in die Minen stecken.«
»Mariaverdammt noch mal«, schnaube ich. »Sie stecken mich nicht in die Minen! Das hier ist nur eine Befragung. Ich habe nichts zu verbergen. Ich habe Scharis nicht vergiftet.« Über die Schulter füge ich hinzu: »Und ich bezweifle stark, dass es ein anderer von uns war. Ich würde sogar darauf wetten, es war die Oppositionspartei oder einer von Otlilis Getreuen. Aber da wir gerade dabei sind: Wo warst du eigentlich, nachdem du dich letzte Nacht von der Party verpisst hast, o du mein Leibwächter?«
Die Scham ist ihm deutlich anzumerken. »Hab mit Dina und Hammer Charm gespielt. Tut mir leid, dass ich mich einfach so verzogen hab, aber die ›Party‹ war so was von langweilig. Ich bin so lange geblieben, wie ich konnte.«
»Ein toller Leibwächter bist du. Und deine Paranoia ist auch nicht gerade hilfreich.«
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerechnet ich jemand anderen als paranoid bezeichne. Aber vielleicht ist es ja ein Anzeichen, dass ich mich allmählich von dem Schaden erhole, den die Farwan-Ärzte in meiner Psyche angerichtet haben. Dina hat immer gesagt, alles, was es dazu braucht, ist Zeit. Wahrscheinlich hat sie wie immer recht gehabt.
Da kommt mir eine Frage in den Sinn. »Weißt du, wo Constance steckt? Normalerweise arbeitet sie rund um die Uhr in meiner Suite, aber ich habe sie seit gestern Nachmittag nicht mehr gesehen.«
Jael nickt. »Sie war auf Com-Deck zwei, hat in den Archiven nach irgendwas gesucht. Sie sagt, du hättest ihr aufgetragen, was zu recherchieren.«
Stimmt. Sie sollte alles herausfinden, was bei den Verhandlungen helfen könnte, wie mir jetzt wieder einfällt. Bestens. Eine Sorge weniger. »Gut zu wissen.«
Hammer und Dina haben sich ihre Ehrengarden-Uniformen übergestreift, während ich mich umgezogen habe, und jetzt marschieren sie hinter uns her. Ich hatte keine Gelegenheit mehr, mich gebührend darüber zu freuen, dass Marsch wieder da ist, aber ich spüre ihn auch so, wie ich es seit Monaten nicht mehr getan habe, und fühle seine Wärme jedes Mal, wenn er meinen Geist streift.
Seine Präsenz gibt mir mehr Sicherheit, als ich zugeben will. Das hier wäre unglaublich viel schlimmer ohne ihn. Und dasselbe gilt für Vel, der direkt neben Marsch geht.
Flankiert wird unsere Sechsergruppe von einer bewaffneten Ithorianer-Eskorte. Sie haben zwar nichts dergleichen mehr gesagt, aber ich kann mir gut vorstellen, was passiert wäre, wenn ich mich nicht gefügt oder versucht hätte, zurück ins Schiff zu gehen. Am besten, wir verhalten uns erst mal ruhig.
Trotzdem habe ich tief in meinem Bauch das Gefühl, dass wir im Arsch sind, ohne Aussicht auf Rettung. Der Hauptbefürworter des Bündnisses wurde vergiftet, und das mit einem eindeutig menschlichen Präparat. Wir können den ganzen Tag lang Zitrusfrüchte essen und uns den Saft noch von den Fingern lecken, ohne irgendwelchen Schaden zu nehmen, außer einer kleinen Magenverstimmung vielleicht. Nicht so die Ithorianer. Scharis könnte irreparable Gesundheitsschäden davontragen, und alles, was mir dazu einfällt, sind die Auswirkungen, die der Vorfall auf uns Menschen haben könnte. Ziemlich herzlos von mir. Kanzler Tarns Nachricht ist mir sehr nahegegangen, und ich darf gar nicht daran denken, was passiert, wenn die Verhandlungen doch noch scheitern. Mariaverflucht, ich wollte dieses Bündnis auf den Weg bringen, und alles lief gut, besser, als irgendjemand geglaubt hätte.
Äußerlich lasse ich mir den inneren Aufruhr nicht anmerken, während wir vom Raumhafen zu den unterirdischen Zügen gehen. Ohne Mantel ist es ganz schön kalt hier, aber ich schaffe es, das Zittern zu unterdrücken, um den Ithorianern zu beweisen, dass mir widrige Umstände nichts ausmachen. In Wahrheit sind es nur die
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