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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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nicht nachlassen, bis er meine Familie in den Ruin getrieben hat«, sagte er schroff. »Warum sollte ausgerechnet er sich noch an den Schweigeschwur gebunden fühlen? Jederzeit kann er uns bei den päpstlichen Inquisitoren anzeigen und zuschauen, wie sie uns in die Mangel nehmen. Ich frage mich wie du, Miklos, ob wir ihn nicht einfach beseitigen sollten.«
    »Cilli ermorden, während er hier in Belgrad weilt?« Gábor schüttelte den Kopf. »Damit brächtest du die Hunyadis in große Gefahr.«
    »Die Gefahr wäre nicht größer als heute«, schnappte Michael. Wütend verengte er seine Augen.
    Gábor erwiderte den Blick. Ihre Wölfe maßen ihre Kräfte. Sie waren trotz ihrer Verschiedenheit ebenbürtig. Allerdings konnte Michael halsstarrig genug sein, um sich über Gábors Worte einfach hinwegzusetzen. Gábors Gefühl, dass sie auf einen Sturm zusteuerten, wuchs.
    Erst als Michael sich umdrehte und im Gewühl der Söldner verschwand, gestattete sich Gábor wieder, seine Gesichtszüge zu lockern. Doch innerlich blieb er weiterhin angespannt wie eine Bogensehne. »Michael ist wütend genug, um Cilli zu töten«, murmelte er. »Das dürfen wir nicht zulassen.«
    »Und wenn er recht hat?«, fragte Miklos.
    »Sei nicht so dumm«, fuhr Gábor ihn an. »Cilli wird seinen Mund schon noch eine Weile halten. Wenn wir ihn jetzt umbringen, denkt das ganze Reich, dass Laszlo dahintersteckt. Er und vor allem sein Bruder würden für unser voreiliges Handeln büßen müssen.«
    Miklos senkte den Kopf. Seine Narben leuchteten in einem verschämten Rot. »Ich werde mich gleich an Cillis Fersen heften«, murmelte er und lief über den Hof davon.
    Tief holte Gábor Luft, während er seinen Blick über die Festung streifen ließ. Der Geruch des nahen Regens hing schwer über den Türmen, und auf einer der Mauern stritten sich zwei Krähen kreischend um einen Rattenkadaver. Unheil lag in der Luft, und das Schlimmste war, dass er nicht wusste, wie er es verhindern konnte.
     
    König Ladislaus saß als neuer Herr der Burg während des Festmahls an der Spitze der Tafel. Zu seiner Rechten saß Ulrich Cilli und links von ihm Laszlo und Michael. Abwechselnd füllten Cilli und Laszlo dem König den Weinbecher und reichten ihm die Speisen, nachdem sie selbst davon gekostet hatten. Fackeln tauchten den Saal in ein warmes Licht und ließen die Augen der versammelten Würdenträger glänzen. Pagen huschten herum und verteilten Weinkrüge, und das Gezupfe zweier Musikanten mit Laute und Harfe untermalte die Gespräche mit sanften Melodien.
    Gábor saß weiter unten an der Tafel, doch er behielt das Geschehen wachsam im Blick. Mühelos konnten seine Ohren die Worte aus dem Geklimper der Musikanten filtern. Ihm bereitete Sorgen, wie mürrisch Laszlo dreinsah. Der lange Tag zerrte sichtlich an den Nerven des jungen Grafen. Ihm fehlte die Erfahrung seines Vaters und leider auch dessen Klugheit. Es war ihm deutlich anzusehen, wie schwer es ihm fiel, sein höfliches Lächeln gegenüber den beiden mächtigsten Männern Ungarns beizubehalten. Gábor fühlte mit ihm, während er den belanglosen Worten des Königs lauschte. Niemand sprach über Politik oder gar über die anliegenden Entscheidungen bezüglich der Hunyadis, bis endlich Michael die Konversation in eine weniger oberflächliche Richtung lenkte.
    »Eure Majestät, habt Ihr schon von den Greueltaten des Grafen Drăculea gehört, der jetzt seit wenigen Monaten die Walachei regiert?«, fragte er.
    Gábor horchte auf. Er war überrascht, dass Michael ausgerechnet Drăculea ansprach. Graf Drăculeas Großvater war der berühmte Woiwodenfürst Mircea gewesen, dem Viktor einst gedient hatte. Seitdem war diese Familie eng mit dem Bund der Werwölfe verknüpft.
    Nach Mirceas Tod war aus Freundschaft jedoch eine erbitterte Fehde geworden. Vlad Dracul, Drăculeas Vater, hatte seinen eigenen Bruder getötet, um an die Macht zu gelangen. Viktor hatte ihm daraufhin den Dienst verweigert. Seither mied jeder kluge Werwolf diese Familie wie der Teufel das geweihte Wasser.
    Der König nickte sachte und forderte Michael zum Weiterreden auf.
    »Drăculeas Vater Dracul hat uns alle in der Schlacht von Warna an die Türken verraten«, fuhr Michael fort. »Ihr wart gerade erst geboren, doch Euer Vorgänger König Wladislaw starb damals auf dem Schlachtfeld. Johann Hunyadi verjagte Dracul vom Thron und tötete ihn. Dessen Sohn Drăculea zog daraufhin heimatlos durch die europäischen Fürstentümer. Jetzt, kurz nach

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