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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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anderen mit beunruhigten Mienen, um ihrem Herrn nach draußen zu folgen. Ihre Loyalität befahl ihnen dies, ohne dass sie wussten, was vorgefallen war.
    Auch Michael schob seinen Stuhl zurück und richtete seine riesenhafte Gestalt auf. Im Fackellicht warf er einen monströsen Schatten über die Tafel. »Lasst es Euch noch schmecken, Majestät, werte Herren«, sagte er, und so viel Hass schwang in seiner Stimme mit, dass die Luft zu vibrieren schien. Er eilte hinter seinem Neffen her, ohne eine Antwort abzuwarten. Ihm folgten auf dem Fuß seine treuen wölfischen Ritter.
    Gábor zögerte zu gehen. Er musste die Reaktion von Ulrich Cilli und dem König sehen. Er nickte Miklos zu, der am anderen Ende des Raumes saß.
Folge Michael,
bedeutete er ihm,
behalte ihn und Laszlo im Auge.
    Der König starrte blass den Männern hinterher, die fast in einer Art Prozession den Saal verließen. Cilli dagegen lehnte mit halbgeschlossenen Augen in seinem Stuhl. Laszlos und Michaels Hass schien an ihm abzugleiten wie Öl. In all seiner Bosheit war der Mann entweder mutiger, als Gábor ihm zugetraut hatte, oder einfach zu arrogant, um zu glauben, irgendjemand könnte ihm etwas anhaben. Erst als sich die Tür hinter dem letzten von Hunyadis Getreuen geschlossen hatte, kam wieder Bewegung in seinen massigen Körper. Er beugte sich zum König vor und flüsterte etwas. Gábors Wolf spitzte die Ohren.
    »Majestät, Ihr seht, dass ich recht behalten habe«, murmelte Cilli. »Laszlo ist aufbrausend und dumm wie sein Vater, und sein gefährlicher Onkel zieht die Strippen für ihn. Sie hassen Euch bis aufs Blut, diese Bauernsöhne und Raufbolde. Zu Eurem Schutz tut Ihr gut daran, ihre Ämter zurückzunehmen und sie von Eurer königlichen Seite zu verbannen, am besten aufs Land, wo sie keinen Schaden anrichten können.«
    Gábor wurde die Kehle vor Wut so eng, dass er meinte zu ersticken. Grollend drängte sein Wolf nach vorne, und es war nur seiner Disziplin zu verdanken, dass er steif und starr wie eine Statue auf der Bank sitzen blieb. Cilli hatte dies alles geplant.
    Der König nickte ob der Weisheit seines Beraters.
    »Hunyadis Männer sollten nicht in Eure Nähe kommen«, murmelte Cilli weiter. »Ich sage Euch, er hat finsterstes Hundsgesindel in seinen Diensten. Über sie gibt es Geschichten, die jeden Priester entsetzen würden.«
    Mit einem Ruck stand Gábor auf und verließ den Saal. Sein Herz wurde von einer eisernen Faust zusammengepresst. Die Hunyadis hatten gegen Cilli verloren. Doch der eitle Regent hatte soeben sein eigenes Todesurteil gesprochen.
    Draußen wartete Miklos auf ihn.
    »Laszlo hat sich in seiner Kammer eingesperrt. Er will niemanden sehen«, berichtete er, während sie über den Hof eilten. Wo sie auch vorbeikamen, hatte die Nachricht von Laszlos Wutausbruch bereits die Runde gemacht. In den dunklen Ecken des gepflasterten Platzes, an den Mauern und hinter den Kasernen, überall raunten Kriegsmänner und Bedienstete über das Geschehene.
    »Und Michael?«, fragte Gábor.
    »Er tobt«, war Miklos’ aufgeregte Antwort. »Er hat alle Wachen verstärken lassen und seinen Männern bereits geschworen, Cilli eigenhändig zu erwürgen.«
    »Gehen wir zu ihm!« Gábor beschleunigte seinen Schritt.
     
    Michael stampfte wie ein Stier in seinen Gemächern hin und her. Seine Hände waren zu Klauen gekrümmt, und nichts als der Wolf sprach aus seinen Augen. Seine Werwolfgetreuen hatten sich wortlos in eine Ecke des Raumes zurückgezogen.
    »Da bist du ja endlich«, begrüßte Michael Gábor mit finsterer Miene. Er knurrte die Worte so undeutlich, als versuchte sein Wolf zu sprechen. »Willst du den Kerl immer noch leben lassen?«
    Gábor stellte sich so vor Michael, dass dieser seinen Marsch durchs Zimmer nicht mehr fortsetzen konnte. »Bring dich wieder unter Kontrolle. Deine Wut hilft uns nicht weiter.«
    »Ach ja?« Michael zog die Oberlippe hoch und baute sich vor ihm auf. Seine Augen waren nicht mehr hellblau, sondern dunkel wie die stürmische See.
    Doch Gábor ließ sich nicht beeindrucken. »Cilli hat das alles geplant«, sagte er. Seine schwarzen Augen bohrten sich in Michaels dunkelblaue. Wolf gegen Wolf. »Seine Provokationen und Laszlos Ausbruch. Die Hunyadis haben die Festung verloren, und sie werden ihre Ämter verlieren. Und Cilli will uns Werwölfe an den König verraten. Gerade war er fast schon so weit. Wenn du jetzt allerdings in den Saal stürmst und ihn umbringst, wird der König den Krieg gegen die

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