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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Johanns Tod, taucht er wieder in der Walachei auf, mit einem Heer aus dem Nirgendwo. Er hat sich den Walachenthron zurückerobert.« Michael musterte den König gespannt. »Hatte er dabei Eure Unterstützung?«
    Ehe der König antworten konnte, übernahm Laszlo das Wort. »Graf Drăculea ist ein Barbar«, rief er. Der Aufruhr in seiner Stimme ließ die anderen Gespräche in seiner Nähe verstummen. »Er hat seinen Vorgänger umgebracht, seine Familie, seine Barone und sogar die Familien seiner Barone. Alle hat er pfählen lassen.«
    Dem Gesicht des Königs war keine Regung abzulesen. »Davon haben Wir gehört«, antwortete er und führte mit vollendeter Eleganz ein Stück Brot zum Mund.
    Einen Menschen auf einen aufrecht stehenden Pfahl zu spießen und ihn in dieser Position langsam und qualvoll sterben zu lassen, war die grausamste Hinrichtungsmethode, die das Abendland kannte. Gábor verengte die Augen. Was war das für ein König, der bei dem Gedanken daran ungerührt weiteressen konnte?
    Laszlos Gesicht war vor Zorn verzerrt. Nur der Argloseste unter den Anwesenden mochte glauben, dass diese Wut sich allein gegen den walachischen Fürsten richtete. »Ihr könnt das nicht so hinnehmen. Drăculea ist wie sein Vater. Er wird sich mit den Türken verbünden, und bald wird er mit seinen Truppen vor unseren Grenzen stehen.«
    Gábor ballte unterm Tisch die Fäuste. Auch für die Werwölfe bedeutete Drăculeas Machtergreifung nichts Gutes. Er dachte zurück an jene Wirren nach der Schlacht, als er zerrissen und erschöpft zu Viktors Hütte geritten war und ihn gewarnt hatte. Dracul hatte zu seinen Lebzeiten alles versucht, um Viktor zu töten, und sein Sohn Drăculea würde nicht ruhen, bis er die Rachsucht seines Vaters befriedigt hatte. Allerdings war jetzt der falsche Zeitpunkt, um über Drăculea zu sprechen. Laszlo durfte den König nicht verärgern. Angespannt behielt er den Jungen im Auge.
    »Meint Ihr tatsächlich, Drăculea wäre fähig, Uns an die Türken zu verraten?« Der König neigte interessiert den Kopf zu Laszlo hinüber. »Und Ihr glaubt, Wir sollten wegen solcher Befürchtungen Unsere Truppen in dieses ferne Bergland schicken, um einen unbedeutenden Fürsten abzusetzen?«
    Ulrich von Cilli nickte und grinste behäbig, und Gábor wollte ihm die Faust ins Gesicht schlagen. Der Puppenspieler führte seine Marionette exzellent, und es waren seine Worte, die aus ihrem Mund kamen.
    »Die Türken rüsten sich doch schon wieder«, begehrte Laszlo dagegen auf. Seine Stimme klang rauh vor Wut. »Oder wollt Ihr erneut warten, bis es zu spät ist?«
    Erschrockenes Schweigen legte sich über die Runde am Kopf des Tisches.
    Einzig der König schien nicht beeindruckt zu sein. »Dafür haben Wir fähige Männer, die an den Grenzen kämpfen«, erwiderte er sanft. »Solche wie die Bürger von Belgrad.«
    »Die Bürger von Belgrad?«, mischte Michael sich ein. »Es waren Graf Hunyadi und seine Temeschburger Kreuzfahrer, die Belgrad und damit Ungarn gerettet haben. Das könnt Ihr nicht einfach abtun.«
    »Natürlich nicht.« Der König schüttelte den Kopf. Erstmals runzelte er die Stirn, Ungeduld regte sich in seinem Gesicht. »Euer Schwager war ein fähiger Feldherr, wie auch Ihr ein tapferer Burghauptmann seid. Doch wollt Ihr weiter in der Vergangenheit weilen?«
    »Ganz recht«, meinte Ulrich Cilli. »Euer Streben nach Anerkennung nährt nur den Zweifel an Euren zukünftigen Taten, Szilagyi.«
    Michael wurde blass vor Wut. Gábor hielt den Atem an.
    »Und Ihr, Hunyadi«, fuhr Cilli an Laszlo gewandt fort, und sein feistes Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. »Malt die Welt nicht schwärzer, als sie ist. Lang genug hat sich Eure Familie von ihrer Furcht vor den Türken regieren lassen. Ihr habt Eure Rittersporen verdient, doch jetzt solltet Ihr Euch eine angenehmere Beschäftigung suchen. Oder ist Euch Eure Burg in Temeschburg nicht mehr gut genug? Immerhin hauste Euer Großvater dort einst in einer Bauernkate.«
    Laszlos Stuhl fiel um, als er aufsprang. Alle Gespräche verstummten. »Das werdet Ihr büßen, Cilli«, schrie er, und der Hass ließ seine Stimme überkippen. Rot leuchteten seine Wangen, und die Hände hielt er zu Fäusten geballt. »Gott wird Euch strafen für Euren Hochmut!« Er fuhr herum und stürmte mit wehendem Umhang aus dem Saal. Gábor schloss frustriert die Augen.
    Sofort senkten Stadträte und Patrizier ihre geschmückten Häupter zum Getuschel. Hunyadis Männer erhoben sich einer nach dem

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