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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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sie den Jungen zu mögen. Gábor merkte sich ihre Gesichter, bevor er sie hinauskomplimentierte.
    »Ihr auch«, sagte er zu Mathias. »Lasst Miklos und mich bitte für einen Moment allein.«
    Mathias’ Miene verschloss sich, doch er folgte der Bitte wortlos und schloss die Tür hinter sich.
    Gábor atmete einmal tief durch und konzentrierte sich auf die feinen Sinne seines Wolfs.
    Die Vorhänge des Himmelbetts waren zur Seite gezogen worden. Die Betttücher und Kissen waren bereits entfernt worden, nur das lederne, mit Federn gefüllte Unterbett war noch vorhanden. Er sah die dunklen Spuren darauf, die die Ausscheidungen des Todes hinterlassen hatten. Er trat näher, beugte sich vor.
    Er schnupperte.
Faulig.
Der König war tatsächlich krank gewesen. Er beugte sich tiefer, sog den Geruch in sich auf. Der König hatte versucht, seine Ausdünstungen mit Rosenöl zu überdecken. Und darunter lag noch etwas.
    Schweiß.
Angst.
Gábors Nackenhaare stellten sich auf.
Panik.
    »Gábor«, rief Miklos. Er stand auf der anderen Seite des Bettes, den Vorhang in der Hand. Die Narben zeichneten graue Kerben in sein bleiches Gesicht.
    Gábor war mit zwei Sätzen bei ihm, packte den schweren Stoff, versenkte seine Nase darin.
Werwolf.
    Sein Wolf knurrte, wollte den Stoff zerfetzen und zerreißen. Voller Ekel ließ er den Stoff fallen. »Mörder«, zischte er.
    »Wer?«, flüsterte Miklos.
    Doch Gábor eilte bereits zur Tür. Er kannte den Werwolf nicht, dessen Geruch seine Nase verpestete, doch er war sich sicher, wessen Befehlen er gehorchte.
    »Du bleibst bei Mathias«, sagte er. »Kümmere dich um seine Sicherheit, verrate ihm jedoch nichts. Ich gehe zu Pavel.«
     
    Er ließ sein Pferd auf dem Hradschin zurück und lief im Schatten der Nacht zu Pavels Stadthaus. Es war alles andere als klug, einen Ältesten herauszufordern, doch das war ihm in diesem Moment einerlei.
Wie einfach du es dir doch machst, indem du einfach Befehle befolgst.
Diese Worte hatte ihm einst Veronika entgegengeschleudert, und nun kamen sie ihm plötzlich wieder in den Sinn. Sie hatte recht damit gehabt. Vor wenigen Jahren hätte er nicht solche Wut über den Königsmord empfunden. Er hätte sich damit arrangiert, wie mit so vielem, was der Bund ihm aufgetragen hatte. Schließlich hinderte ihn sein Wolf daran, sich den Ältesten wirklich zu widersetzen. Ja, es war leicht, darin eine Entschuldigung für seine Taten zu finden. Doch Veronika hatte ihn verändert.
    Als Gábor sein Ziel erreichte, hielt er sich nicht lange mit Höflichkeit auf. Als ihm geöffnet wurde, stürmte er einfach an dem verdutzten Diener vorbei. Er fand Pavel in seinem Arbeitszimmer.
    Er war nicht allein. Michael war bei ihm, und dessen triumphierender Blick verwandelte Gábors Ekel in kalte Wut. Sie beide steckten dahinter.
    »Habt ihr ihn erstickt, damit keine Spuren zurückbleiben?«, schrie Gábor. »Mit seinem eigenen seidenen Kissen?«
    Pavel hob nur die Augenbrauen, doch dies war Antwort genug.
    »Damit habt ihr gegen das Gesetz des Bundes verstoßen.« Gábors Wolf tobte, warf sich belfernd gegen die Fesseln des menschlichen Willens, die ihn noch hielten. Er wollte gegen die beiden anderen Wölfe kämpfen, auch wenn es Irrsinn war, er wollte ihnen so viele Wunden und Schmerzen zufügen wie möglich. Er hob die Oberlippe, zeigte die Zähne. Michaels Wolf reagierte sogleich. Mit einem Satz, schneller als jeder Mensch, stand er vor Gábor und knurrte ihn an.
    »Du verfluchter Moralist!«, zischte er. »Bei Cilli hast du doch auch nicht gezögert.«
    Gábor wich nicht zurück. »Cilli war eine Gefahr für den Wolfsbund. Er wollte uns verraten.« Seine Augen bohrten sich in Michaels Blick. »Doch der König stand nur euren Machtgelüsten im Weg.«
    Voller Hass starrten sie sich an.
    »Das reicht jetzt.« Pavels Stimme war leise, doch klirrend wie Eis. »Wir haben den Tod von König Ladislaus gemeinsam beschlossen. Dieser Schwächling musste fort, ehe er Kinder mit der französischen Hure zeugen konnte.«
    Erschüttert schüttelte Gábor den Kopf. »Und als Nächstes setzt sich einer von euch auf den Thron?«
    »Mach dich nicht lächerlich«, fuhr Pavel ihn an. »Ihr beide werdet dafür sorgen, dass Mathias Hunyadi Ungarn regiert. Mein Dienstherr Podiebrad wird dagegen Böhmen erhalten. Zusammen können sie die Türken aufhalten. Allein darum geht es.« Seine Finger zwirbelten seinen Schnurrbart, während er Gábor mit seinen gelben Augen betrachtete, als wäre der ein totes Insekt.

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