Mondherz
hier, weil ich schon so viel über Euch gehört habe. Doch Michael hat mir verschwiegen, wie schön Ihr seid.« Wieder starrte er sie an und schien es gar nicht zu bemerken. Seine braunen Augen leuchteten.
»Vielen Dank«, erwiderte Veronika etwas überrumpelt und sah wieder zu Michael hinüber. Doch Michael feixte nur, als freue er sich über ihre Ratlosigkeit.
»Wer hat denn über mich gesprochen?«, fragte sie Milutin.
»Ihr seid zu bescheiden. Ihr seid das Mündel des königlichen Beraters und zugleich die Hausherrin des Regenten, eine junge, mysteriöse Frau, die bisher kaum jemand zu Gesicht bekommen hat. Natürlich redet jeder bei Hof über Euch.«
Sie ließ die Schultern sinken. »Natürlich«, echote sie. Kurz herrschte Stille. »Darf ich Euch etwas zu trinken anbieten?«, fragte sie schließlich.
»Vielen Dank, doch Michael hat sich schon um mein Wohl gekümmert«, erwiderte Milutin. Sie gingen hinüber in den Saal. Veronika setzte sich und ließ zu, dass Michael ihr etwas Wein einschenkte.
Sie versuchte sich an einem Lächeln. Warum auch immer Michael beschlossen hatte, ihr diesen Mann vorzustellen, sie würde sich keine Blöße geben. »Herr Milutin, weilt Ihr schon lange in Buda?«, fragte sie, ganz die höfliche Gastgeberin.
»Noch nicht allzu lange«, war seine vage Antwort. Er wechselte einen kurzen Blick mit Michael.
»Milutin wohnt in der Königsburg«, warf Michael ein. Entspannt lehnte er sich zurück. Der junge Mann nickte.
»Wie schön«, erwiderte sie freundlich. »Sicher fühlt Ihr Euch dort wohl?«
»Ja, sehr.« Milutin lächelte wieder. »Buda ist eine wunderbare Stadt, die ich gerne meine Heimat nennen möchte. Und die Burg, nun, sie ist weitläufig und bietet einen schönen Blick über das Land und die Donau.«
So redeten sie höflich weiter, und Milutin schilderte ihr die Vorzüge der Burg, in der sie noch nie gewesen war. Michael verhielt sich recht untypisch, denn er sagte kaum etwas. Er grinste nur viel und sprach am meisten von ihnen dem Wein zu. Das Gespräch war so oberflächlich, dass Veronikas Gedanken zu wandern begannen. Plötzlich fiel ihr etwas ein, und ehe sie den Gedanken aufhalten konnte, kam er schon als Frage über ihre Lippen. »Habt Ihr in der Burg den gefangenen Drăculea gesehen?«
Für einen Moment schien Milutin irritiert. Michael warf ihr einen mürrischen Blick zu, und Veronika straffte die Schultern. Da er selbst nie von dem Gefangenen erzählte, war er selbst schuld, wenn sie jetzt die Gäste danach fragte.
»Ja, ich habe ihn gesehen«, erwiderte Milutin zögernd. »Ich habe auch mit ihm gesprochen.«
»Und wie ist er?«, fragte sie begierig. Endlich redeten sie über etwas, das sie interessierte.
Milutin hob die Schultern. »Er sagt nicht allzu viel, und wenn, dann ist er höflich und zurückhaltend.« Seine braunen Augen blickten sie nachdenklich an. »Es ist schwer, den wahren Kern eines Menschen auf Anhieb zu erkennen, meint Ihr nicht?«
»Das stimmt.« Sie richtete sich auf. Milutin schien nicht dumm zu sein. »Doch der Mensch ist, was er tut. Und Drăculea hat in wenigen Monaten mehr Leid angerichtet als andere in in einem ganzen Leben.« Sie schüttelte den Kopf. »Habt Ihr ihn im Kerker besucht?«
»Das war nicht nötig«, mischte Michael sich ein. Sein Lächeln wirkte eingefroren. »Der König hat Drăculea einen bewachten Raum im Ostturm zugewiesen. Er darf sich, von zwei Wachen begleitet, frei innerhalb der Burg bewegen.«
»Wie großzügig«, sagte Veronika sarkastisch. Milutin runzelte die Stirn, und sie biss sich auf die Lippen. So eine Art von Humor war für eine Dame nicht angebracht. Michael trommelte mit den Fingern ein kurzes Stakkato auf die Tischplatte, doch er sagte nichts.
Milutin fand allerdings schnell seine Sprache zurück. »Seid Ihr dem König schon einmal begegnet?«, fragte er.
Veronika schüttelte den Kopf. »Doch ich höre nur Gutes über ihn«, beeilte sie sich hinzuzufügen.
»Was genau hört Ihr denn?«, fragte Milutin nach.
»Auf den Straßen sagen sie, er sei von Gott gesandt, um uns vor den Türken zu schützen.« Sie lächelte. »Die Leute denken immer noch an seinen Vater. Und sie lieben es, dass endlich wieder ein Ungar Ungarn regiert.«
»Nicht leicht für den König, diesen Ansprüchen gerecht zu werden«, murmelte Milutin. Veronika starrte ihn an. Von dieser Seite hatte sie es noch nie betrachtet.
Doch sogleich fand der junge Adelige zu seinem Lächeln zurück. »Ich glaube, der König würde
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