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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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antwortete Miklos an Gábors Stelle und fasste für Paulo die Geschehnisse in knappen Worten zusammen.
    Gábor blickte sich derweil unruhig um. Sie verloren zu viel Zeit! Sobald Miklos geendet hatte, packte er Paulo am Arm.
    »Wo ist Veronika?«, fragte er erneut.
    Paulo schaute furchtsam um sich. »Weg.«
    Gábors Frustration wuchs. Er schob Paulo ein Stück weiter in die Hofeinfahrt des Hauses hinein, winkte die beiden anderen Werwölfe zu sich und fragte ihn aus. So entfaltete sich allmählich die Geschichte. Gábor schüttelte ungläubig den Kopf, als Paulo ihm von dem fremden Werwolf erzählte, der Zugang zu Drăculea gesucht hatte. Was war das für eine neue Verwicklung? Er durchbohrte Arpad mit Blicken, doch der Türke zuckte genauso ratlos mit den Schultern.
    »Drăculea,
pezevenk.
Dieser Hurenwirt scheint auch mehrere Eisen im Feuer zu haben«, murmelte Arpad bloß.
    Gábor hieß ihn, still zu sein, und lauschte Paulos Bericht der Verfolgungsjagd, die sich in eine Flucht verwandelt hatte. Paulo hatte sich verstecken können, und erst im Morgengrauen hatte er sich zu Michaels Haus aufgemacht, dem vereinbarten Treffpunkt. »Sie nicht da«, endete er und starrte sorgenvoll auf seine verdreckten Hände.
    »Hast du bei Michael nachgefragt?«, wollte Gábor wissen.
    Paulo schüttelte den Kopf. Seine Augen blitzten grimmig. »Michael ist
mahrime.
« Er spuckte aus. »Unrein. Ein böser Mann, der Roma schlecht behandelt. Auf dem Feldzug er Marko und mich nur verspotten und zu den Pferden schicken. Er sagt, wir sind wie sie, dumme Tiere.« Er zischte. »Ich habe aber Haus beobachtet«, brummte er. »Wolfsfrau geht nicht hinein und nicht hinaus. Wenn sie da, dann gefangen.« Er richtete sich auf. »Ich habe die Männer gesehen.«
    »Welche Männer?«, fragte Gábor.
    »Drăculeas Wölfe.«
    »Das kann nicht wahr sein!« Gábor ballte die Fäuste. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht. Bestürzung durchfuhr ihn. Gleichgültig wie sehr sie sich gestritten hatten, Michael war einer von ihnen gewesen, ein Mann des Bundes. Doch wenn er Drăculeas Männern Unterschlupf gewährte, dann konnte dies nur eines bedeuten. »Dieser verdammte Verräter!«, fauchte er. Wut sprudelte in ihm wie kochendes Wasser. »Ich muss zu ihm.«
    »Warte!« Miklos packte ihn am Arm. »Wir brauchen einen Plan.«
    »Ich weiß«, erwiderte Gábor schroff. »Und wir brauchen Waffen.«

[home]
    36 . Kapitel
    Buda, August 1458
    M ichael zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Du bittest mich was?«, fragte er.
    Gábor hob seinen Weinkrug. »Es fällt mir nicht leicht, zu dir zu kommen, das kannst du mir glauben«, brummte er. Sie saßen im vorderen Teil des Saales, nur einen klobigen Tisch und einen Kerzenleuchter zwischen ihnen. Unbehaglich rutschte er auf der Bank hin und her. »Aber Miklos ist fort, und mich braucht der König. Du hast hingegen genug Männer mit feinen Instinkten. Wenn sie Veronika nicht finden, dann keiner.«
    Michael rieb sich nachdenklich das Kinn. Gábor beobachtete ihn genau.
    »Und warum«, sagte der Regent schließlich gedehnt, »sollte ausgerechnet ich dir helfen?«
    »Weil dein Neffe sie mehr begehrt als alles andere.« Gábor nahm einen großen Schluck von seinem Wein, den ihm vorhin einer von Michaels Werwölfen widerwillig hingestellt hatte. Am liebsten wäre er Michael an die Kehle gesprungen, hätte ihn damit konfrontiert, dass er um seinen Verrat wusste. Doch er durfte nicht. Nicht, solange er nicht sicher war, ob sich Veronika hier befand. Hatte sie vielleicht von Michaels Verrat erfahren, und er hatte sie deshalb gefangen genommen? Es war nur eine Vermutung. Genauso gut konnte ihre Leiche irgendwo in der Donau treiben.
    Sein Herz zog sich zusammen. Das konnte, das durfte nicht sein. Sein Wolf hätte bestimmt ihren Tod gespürt, so wie damals den Tod von Viktor. Daran musste er sich festhalten.
    »Wenn ich Mathias seinen Augenstern zurückbringe«, murmelte Michael nachdenklich, »könnte das tatsächlich seine Wut besänftigen. Vorausgesetzt«, er hob eine Hand und zeigte anklagend auf Gábor, »du kommst mir nicht wieder in die Quere.«
    Gábor verschränkte die Arme. »Du hast dir das alles selbst eingebrockt«, meinte er kühl. »Mich kümmert nur das Wohl des Königs. Und Veronikas. Die Prophezeiung muss erfüllt werden.«
    »Und wenn Veronika etwas zugestoßen ist?« Michael beugte sich über den Tisch. »Vielleicht hat sie auf ihrer Flucht den Verstand verloren. Oder ihre

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