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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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befand. Gábor zögerte, dann sprach er weiter: »Ich brauche die Kleidung eines Eurer türkischen Gefangenen. Eines Hauptmanns vielleicht.«
    »Natürlich.« Hunyadi musterte ihn. »Ich weiß es zu schätzen, dass Ihr ein solches Opfer bringen wollt.«
    Gábor nickte. Der Graf konnte nur ahnen, wie schwer ihm dieser Schritt tatsächlich fiel.
    Hunyadi rief nun nach seinen Kommandeuren, und kurz darauf betraten sie das Zelt. Einige von ihnen stammten aus altem Adel, Männer, die seit ihrer Kindheit zu Rittern erzogen und mit Dienern umgeben wurden, doch die anderen waren als Bauern oder Handwerkersöhne geboren. Es waren diese groben, schweigsamen Männer, denen sich Hunyadi nah fühlte. Wie er hatten sie es in Kriegszeiten allein aufgrund ihrer außerordentlichen Fähigkeiten zu Geld und einem eigenen Kommando gebracht.
    Mit wenigen Worten setzte der Graf sie alle über die Nachricht des Boten ins Bild. »Der erste Angriff der Türken ist sicherlich schon erfolgt«, sagte er.
    »Meint Ihr wirklich?«, zweifelte einer. »Der Sultan könnte sich zurücklehnen und die Kanoniere ihre Arbeit tun lassen, bis die Stadt kapituliert.«
    »Er weiß, dass ich ein Heer zusammengetrommelt habe, um ihn aufzuhalten, und er wird keine Zeit verlieren wollen. Er hofft sicher, Belgrad einfach überrennen zu können.«
    »Wie lange wird Hauptmann Szilagyi seinen Angriffen Widerstand leisten können?«, fragte ein anderer. »Der Sultan ist in jeder Kriegskunst bewandert, und Konstantinopel hat ihn alles gelehrt, was man über Belagerungen wissen kann.«
    »Es hängt alles davon ab, wie besonnen Michael ist«, erwiderte Gábor. Er sprach selten in diesen Runden, denn er schätzte seinen Ruf als Hunyadis stiller Berater. Ihm war bewusst, dass seine Worte deshalb umso aufmerksamer verfolgt wurden. »Konstantinopel hat Sultan Mehmet in einen Siegesrausch versetzt, und das ist seine Schwäche. Er betrachtet sich als Nachfahre Mohammeds, ihres Propheten. Er ist stolz, und deshalb kennt er keine Furcht und kein Maß. Michael muss diesen Stolz brechen. Er muss ihn herausfordern, bis der Sultan leichtsinnig wird. Er muss Mehmets Heer mit Belgrads Mauern einschüchtern und zugleich sparsam mit den eigenen Männern umgehen.«
    »Die Türken einschüchtern? Sie halten sich doch für unbesiegbar.« Einer der adligen Kommandeure ballte die Fäuste. »Die Christen dagegen zittern vor Furcht. Ihr wisst selbst, wie schwer es für uns war, Männer zu finden. Wir wollten Ritter, doch die sind lieber auf ihre Landgüter geflohen. Was haben wir bekommen? Ein paar tausend Bauern, die sich Kreuzfahrer nennen. Sie hassen die Türken und haben die Herzen voller Gebete, doch sie sind zehnmal so gut mit dem Pflug wie mit dem Schwert.«
    »Er hat recht«, warf ein anderer ein. »Euer Durchlaucht, unsere Kriegsknechte und Bauern sprechen von den Janitscharen, als wären sie Dämonen. Was könnt Ihr uns sagen, um diesen Aberglauben zu zerstreuen?«
    »Dämonen?« murmelte Gábor. Alle starrten ihn an, auch Graf Hunyadi, der nickte und ihn damit um Erklärung bat. »Die Janitscharen betrachten sich als Männer Gottes, nicht viel anders als wir. Mann für Mann können sie es mit unseren besten Rittern aufnehmen.« Er ignorierte ein verächtliches Schnauben. »Aber sie sind leicht bewaffnet und deshalb zwar schnell, aber auch verwundbar. Mehmet schickt sie stets an die vorderste Front, denn sie verachten jede Gefahr. Das kann sie unachtsam werden lassen gegen Hinterhalte.«
    »Stimmen die Gerüchte, dass Ihr selbst mal einer von ihnen wart?« Der Sprecher, ein Herzog aus Böhmen, dessen Wams golden glänzte, hatte seine Augen zu misstrauischen Schlitzen verengt. Gábor roch die Abneigung, die dem Mann aus jeder Pore strömte, der Widerwille des arroganten Adels gegenüber jedem, dessen Lebensverlauf von den Gesetzen der Stände abwich. Er verspürte wenig Lust, auf die Frage zu antworten. Als er sich umsah, bemerkte er jedoch in allen Gesichtern die gleiche, gespannte Aufmerksamkeit.
    »Ja«, sagte er schließlich und starrte den Fragesteller geradewegs an. »Ich wurde als Kind von den Türken gefangen genommen und zu einem Janitschar ausgebildet. Mit dem Wissen aus dieser Zeit diene ich heute Graf Hunyadi, um Ungarn zu verteidigen.«
    »Wollt Ihr uns mehr darüber erzählen?«, fragte ein anderer Mann begierig nach.
    Gábor schüttelte den Kopf. »Graf Hunyadi weiß alles, was ich weiß, das genügt.«
    »Wir haben außerdem keine Zeit für Geschwätz«, mischte sich

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