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Mondherz

Mondherz

Titel: Mondherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Spies
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Nase. Da war etwas Vertrautes, das sein Herz kalt werden ließ. Sein Wolf drängte sich grollend nach vorne. Er lechzte danach, das Blut dieses Kerls zu schmecken, den er schon fast in seiner Gewalt hatte. Gábor drängte ihn zurück. Er wollte den Mann lebend.
    Er setzte zu einem Kinnhaken an, doch der Attentäter hatte sich blitzschnell wieder gefangen. Er duckte sich, so dass der Schlag ins Leere ging. Seine Hand griff nach dem Gürtel, wo offenkundig ein weiteres Messer verborgen war. Gábor schlug erneut zu, bevor der Mann die Waffe ziehen konnte. Dieses Mal traf er. Ein Kieferknochen knirschte unter seiner Faust. Der Attentäter ging ein Stück in die Knie, fasste sich jedoch wieder, erneut so rasch, als verfügte auch er über übermenschliche Fähigkeiten. Mit einem katzenhaften Satz warf er sich auf Gábor, dem dieser nicht mehr ausweichen konnte. Verbissen kämpften sie miteinander, und Gábor roch nun Blut, doch immer noch keine Furcht, und er staunte über die eiserne Konzentration in den Bewegungen des Mannes. Kein Wort kam über seine Lippen. Gábor war dank des Wolfes jedoch stärker, und so dauerte es nicht lange, bis er den Kampf für sich entschied. Er warf den Mann zu Boden und hielt ihm seinen Dolch an die Kehle. Als er ihn entwaffnete, kamen die Wachen vom Tor heran. Aus der Wachstube drang Lärm.
    »Zurück auf eure Posten«, fuhr Gábor die Wachen an, während er seinen Gefangenen so fest am Arm packte, dass er den Knochen unter den Muskeln fühlte. »Und du bleibst bei mir.«
    Er stieß den Mann gegen die Wand und packte ihn am Kinn, starrte ihm ins Gesicht. Aus dem Mundwinkel des Fremden rann ein dünner Streifen Blut. Sein Geruch. Gábor zog prüfend die Luft ein. Selbst wenn er damals noch kein Werwolf gewesen war, er kannte die stechende Note. Das Haar des Fremden war nicht braun, wie er zuerst geglaubt hatte, sondern tizianrot. Einige graue Strähnen zogen sich hindurch. Es war Arpad. Er war ein Mensch, und als solcher war er seit ihrer letzten Begegnung zu einem Mann in mittleren Jahren gealtert. Sein Kinn war breiter geworden, die Züge grobschlächtiger, doch aus den hellbraunen Augen sprachen wie damals Schlauheit und Härte.
    Gábor packte fester zu. Arpad schien zu merken, dass etwas nicht stimmte. Er kniff die Augen zusammen. Dann verzog er das Gesicht, denn Gábors Finger bohrten sich mitleidslos in seinen verletzten Kiefer.
    »Mitkommen!«
    Mit dem Dolch an der Kehle schob Gábor seinen Gefangenen vor sich her. Als sie in der Wachstube ankamen, hatten die Belgrader Kriegsknechte auch dort den Kampf für sich entschieden. Zwei der jungen Angreifer waren tot und die anderen verletzt. Die Wachen hielten sie mit ihren Schwertern in Schach, machten jedoch Platz, als Gábor mit seinem Gefangenen hereinkam. Er stieß ihn in eine Ecke der Kammer. Weiterhin ruhte Arpads Blick auf ihm, und dann öffnete er den Mund, wobei ein Strom Blut durch eine breite Zahnlücke floss. Er spuckte die Reste des Zahns an Gábor vorbei auf den Boden, dann sprach er: »Kennen wir uns?«
    Wenn Gábor noch Zweifel gehabt hatte, dann verflogen sie, als er die Stimme hörte. Das Blut rauschte wie ein Wasserfall in seinen Ohren.
Ruhig,
ermahnte er sich. Arpad würde ihn nicht erkennen, nicht nach all den Jahren.
    »Du sprichst nur, wenn ich es dir sage, Gefangener«, zischte er, dann wandte er sich zu den Wachen um. »Schafft die Leichen hier raus und bringt die Jungen ins Stadtgefängnis«, befahl er. »Und bewacht diesen Mann besonders genau. Er kommt in den Kerker der Festung, als mein persönlicher Gefangener.«
    Es wurde Zeit für das Signal. Sowohl die Janitscharen als auch die Schützen auf der Mauer würden den Kampflärm in der Wachstube gehört und verschiedene Schlüsse daraus gezogen haben. Rasch packte er eine der Fackeln, trat auf den Hof hinaus und schwenkte sie hin und her. Oben auf der Mauer sah er die Schemen der Schützen, die sich plötzlich erhoben und sich mit dem Rücken zu ihm an den Schießscharten postierten. Er hörte den bellenden Befehl des wachhabenden Ritters, dann sirrten die Pfeile von den Sehnen. Schreie zerrissen die Nacht, gefolgt vom dumpfen Klang fallender Körper und den polternden Schritten der Flüchtenden.
    Gábor lauschte, ohne Befriedigung zu verspüren. Seine Gedanken verweilten bei Arpad. Wie klug von den Türken, ihn zu schicken. Arpad, der rothaarig war und ungarisch sprach, weil er der Sohn von ungarischen Bauern war. Gábor hasste ihn, das musste er, doch

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