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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Masul die lila Seide von den Schultern gerissen hätte, wäre sie da.
    Sie warf ihrem Mann einen Blick zu. Der schien etwas ähnlich Zerstörerisches auszubrüten. Tobins schwarze Augen glühten vor Zorn, und ihre Wangen waren tiefrot, doch Rohans Ärger war so blass und kalt, als wäre sein Gesicht aus Eis.
    Lyell gab das offizielle Startsignal. Er spielte mit dem Rand einer großen rot-gelben Flagge, als die tänzelnden, unruhigen Pferde sich aufstellten. Sioneds Blick glitt über die runde Rennbahn von einer Länge und sah zu ihrem Entsetzen, dass es das Rennen war, das zur Brochwell-Bucht und zurück führte. Die Hindernisse waren aufgestellt worden, und ein Teil des Zaunes war dort abgebaut worden, wo die Pferde die Strecke für den Weg zu den Klippen verlassen würden. Auf diesem Weg ohne Zuschauer konnte alles passieren. Rohan hatte vor einundzwanzig Jahren an diesem Rennen teilgenommen, um die Smaragde für sie zu gewinnen, und war unterwegs beinahe ermordet worden.
    Sorin klopfte Joscenels schlanken, sonnenhellen Hals. Dessen Ohr mit einem weißen Federbusch kippte nach hinten, um zu hören, was der Reiter sagte. Sioned blickte zu den anderen Pferden hinüber. Sorin war eindeutig der Favorit. Zwei Reiter saßen auf Pferden von Lord Kolya und trugen sein Rostrot und Weiß; zwei andere trugen das Rot von Prinz Velden von Grib. Ein weiteres Pferd von Chay stand ein wenig von Sorin entfernt; beide Reiter trugen seine rotweiße Seide. Das achte Pferd gehörte Lord Sabriam, zu erkennen am Orange und Gelb von Einar, das neunte gehörte Lord Patwin und wurde von seinem jüngeren Bruder geritten, dessen Kleidung grelle rotblaue Streifen aufwies. Diese beiden würden um den dritten Platz kämpfen, denn es war klar, dass der Kampf um den Sieg zwischen Sorin und Masul ausgetragen werden würde.
    Nachdem Tobin sich vom ersten Schreck erholt hatte, war sie ein Muster an Haltung für alle, die sie nicht kannten. Sioned, die sie sehr gut kannte, sah das verräterische Pulsieren in ihrer Kehle, als sie sich bückte, um das restliche Eis neben ihre Füße zu stellen. Dann verschränkten sich die kleinen, zarten Finger im Schoß der Prinzessin, und ihre Knöchel wurden vor Anspannung weiß. Tobin würde nicht mehr zeigen als den berechtigten Stolz einer Mutter, wenn ihr Sohn gewann. Und Sorin musste gewinnen, sagte sich Sioned, als sie Rohans eisiges, ausdrucksloses Gesicht sah. Er musste es einfach.
    Lyell senkte die Fahne, und die Pferde schossen wie Pfeile davon. Staubwolken wirbelten auf, als sie an den Rängen vorbei und durch die Öffnung im Zaun donnerten. Die Menge holte einmal Luft, dann senkte sich wieder diese seltsame, beunruhigende, sprechende Stille herab.
    Wie sie es vor Jahren getan hatte, als Rohan auf Pashta dasselbe Rennen geritten hatte, wob Sioned rasch einen dünnen Pfad aus Sonnenlicht und warf ihn den Reitern nach, wobei sie der Göttin dankte, dass das Sonnenlicht ihr ins Gesicht schien und sie nicht auf sich aufmerksam machen musste, indem sie sich bewegte. Als sie sah, wie sich die neun Pferde auf ihrem Weg zum Wald trennten, hatte sie deutlich den Eindruck, dass noch jemand auf dem Sonnenlicht zuschaute. Maarken vielleicht oder Andry, die sich um ihren Bruder Sorgen machten. Sie achtete sorgfältig darauf, dass ihr eigenes Gewebe das andere nicht berührte, glitt zu den Klippen und wartete, dass die Reiter aus dem Wald auftauchten.
    Masul war vorn, Sorin dahinter, und die anderen mindestens zwei Längen zurück. Joscenel war ein blasser, goldener Streifen auf dem dunklen Kiesgrund. Sorin lag über dem Hals seines Pferdes und war so mit dem Hengst verschmolzen, dass dessen Ausgreifen seine direkte Antwort in den Muskeln unter Sorins Hemd zu finden schien. Sioned hatte noch niemanden so reiten sehen, nicht einmal Chaynal, der der beste Reiter aller Zeiten war. Chay beherrschte seine Pferde ohne Anstrengung; Sorin wurde eins mit dem Tier.
    Masul näherte sich der gefährlichen, scharfen Kehre an den Klippen. Steine flogen unter den Hufen seines Braunen auf. Er musste den Kopf des Tieres gewaltsam herumreißen, um nicht geradeaus ins Meer zu stürzen. Sorin schätzte die Kehre besser ab, drosselte Joscenels Tempo für eine einfachere Wende und konnte Boden gutmachen, als Masuls widerstrebendes Pferd strauchelte und fast stürzte, ehe es wieder Tritt fassen konnte.
    Hinter ihnen verschätzte sich einer von Veldens Reitern: Sein entsetztes Pferd bremste zwar gerade noch ab und kam schlitternd eine

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