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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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also Schafe? Du kannst so viele haben, wie du willst, wenn wir dafür unseren Palast hier bauen dürfen.
    Elisel schüttelte ihre Flügel und malte erneut Sioneds Farbmuster in den Raum zwischen ihnen. Es war mit dem Anblick winterlicher Hügel durchwoben, wahrscheinlich der südlichen Heimat dieser Gruppe in den Catha-Höhen. Die Einladung, sich ihnen anzuschließen, war eindeutig, nicht nur auf dem geflochtenen Sonnenlicht, sondern auch in den riesigen, sanften Augen. Sioned fiel es nicht schwer, ihr Bedauern auszudrücken; sie zeigte Elisel wieder Stronghold, und der Drache seufzte tatsächlich.
    Die ganze Zeit hatten sich die anderen Drachen am See erfrischt und den Kontakt zwischen Sioned und Elisel anscheinend überhaupt nicht wahrgenommen. Doch auf einmal bellte der Leitdrache eine strenge Warnung und flog auf. Er kreiste über dem See und schnappte mit seinen großen Kiefern nach den Jungdrachen, die lieber noch länger bleiben und im Wasser spielen wollten. Einer nach dem anderen erhoben sich die anderen Drachen gegen den Wind, und die erwachsenen Drachenweibchen hielten Halbwüchsige und Jungdrachen zusammen.
    Die Pferde zitterten, als der Leitdrache über sie hinwegbrauste und Elisel anbrüllte. Das kleine Drachenweibchen zuckte zusammen und nahm Habtachtstellung ein wie ein zurechtgewiesener Soldat. Sioned lächelte und löste sanft die Lichtfäden. Elisel wimmerte wieder bei diesem Verlust; Sioned hätte es ihr gern nachgetan, als sie den Glanz ihrer Farben und die warme Art ihrer Verständigung aufgab. Das Drachenweibchen schwang sich in die Luft, kreiste einmal und schloss sich dann dem Schwarm an, der nach Süden flog.
    Sioned sah ihnen nach, bis sie verschwunden waren. Erst da nahm sie wahr, dass Rohan ihre Schultern berührte. Sie drehte sich um und begegnete seinem Blick.
    »Das war herrlich«, sagte sie leise. »Unbeschreiblich.«
    »Zum ersten Mal in meinem Leben bedauere ich wirklich, dass ich kein Faradhi bin.«
    Ihr Herz schwoll an vor Mitleid, dass er nie wissen würde, wie es war, einen Drachen zu berühren. »Rohan …«
    Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Später. Wenn du Zeit hattest, über alles nachzudenken. Wenn du Worte findest, das Unbeschreibliche zu beschreiben. Ich will nämlich alles wissen!«
    Pol kam – noch immer zu Pferd – zu ihnen herüber. »Was hat sie dir erzählt, Mutter? Was hat sie gesagt?«
    Sioned sah zu ihm hoch. »Wir können hierbleiben und unseren Palast bauen, solange wir die Drachen mit Futter versorgen, wenn sie hier Rast machen! Dieses Tal liegt auf einer ihrer Flugrouten vom Veresch zu den Catha-Höhen. Ach, Pol, ich kann es kaum erwarten, dass du unsere Kunst lernst!«
    »Damit ich mit meinem eigenen Drachen reden kann?« Er lachte aufgeregt. »Ich glaube, du bist die Einzige, die mir das beibringen kann, Mutter.«
    »Also, wenn du Unterricht gibst …«, warf Maarken ein.
    »Wenn ich erst mal raushabe, wie es geht«, versprach sie.
    Ein scharfer, ängstlicher Schrei erschreckte sie. Hoch über ihnen schoss eine kleine, schnelle Silhouette über den Himmel: Alasens Falke. Ostvel spornte sein Pferd zum Galopp, um den Vogel am Ende des Tals noch zu erreichen. Die anderen setzten ihm nach und holten ihn schließlich an einem bewaldeten Hang ein, wo ein schmaler Wasserfall eine Klippe hinunterströmte. Die Herbstregen würden einen reißenden Strom daraus machen, und im Winter würde er vielleicht zu einer Eissäule gefrieren. Doch jetzt war er wie ein zarter, weißer, fast geräuschloser Schleier.
    Ostvel war zu Fuß. Sein Pferd hatte er in der Nähe angebunden. Er hieß die anderen wortlos schweigen, als sie näher ritten. Sein Blick hing an einer verkümmerten Kiefer. Auf einem der oberen Äste sahen sie es bernsteinfarben, grün und bronzen aufleuchten.
    »Deine großen Vettern haben dich also erschreckt, wie?«, lockte er den Falken. »Jetzt ist alles gut, Kleine. Sie sind weg. Warum kommst du nicht einfach runter? Alasen, ruf sie.«
    Die junge Frau schwang sich geschwind vom Pferd, trat zu ihm und pfiff leise die drei Töne des Lockrufs, auf die der Falke abgerichtet war. Er plusterte seine Federn auf. Sie pfiff erneut und streckte einladend den Arm aus. Wenige Augenblicke später ließ sich der Vogel mit einem halb verzweifelten, halb erleichterten Schrei herunter und setzte sich auf ihre Faust. Alasen brauchte eine Weile, die Federn glatt zu streichen und ihn dazu zu bringen, die Flügel anzulegen; als sie so weit war, stülpte Ostvel dem Vogel die

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