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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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sich seiner Familie an, die zu Rohan, Sioned und Pol hinübereilte. Wenn es irgendwelche Anhänger des Emporkömmlings auf dieser Seite des Hügels gab, dann tauchten diese angesichts von Pols kleinem, sprechendem Triumph rasch unter.
    Etwas später, als alle zum Lager hinuntergingen, holte Alasen Andry ein und fragte: »Ich verstehe zwar, was Prinz Pol getan hatte – das war meisterhaft –, aber warum wurde dieser Mann überhaupt zum Ritter geschlagen?«
    »Es war sicher nicht nur, um uns vor den Kopf zu stoßen«, stimmte Andry zu.
    »Ja, unser kleiner Prinz hat sich heute gut geschlagen, nicht wahr?«, sagte Ostvel hinter ihnen zu Riyan und Chay. »Ich dachte schon, Masul würde einen Anfall bekommen! Pol ist eindeutig der Sohn seines Vaters, Chay.«
    »Eine Tatsache, die Masul wohl jetzt gerade verflucht«, entgegnete Andrys Vater mit dünnem Grinsen. »Aber wenn Ihr mich entschuldigen wollt, ich würde gern schnell zum Lager voranlaufen. Ich möchte es dem alten Lleyn selbst erzählen.«
    »Macht es vorsichtig!«, rief Ostvel ihm nach. »Sonst lacht er sich noch kaputt!«
    »Herr«, wandte sich Alasen an Ostvel, »ich verstehe immer noch nicht, warum …«
    »Aus reiner Bosheit, Herrin«, sagte Riyan rasch. »Vater, Tallain sagt, wir sollen uns jetzt sofort mit den Hoheiten treffen. Wir sollten uns lieber beeilen.«
    »Natürlich. Andry, würdet Ihr bitte Prinzessin Alasen sicher in die Obhut ihres Vaters bringen? Wir scheinen durch die Menge von Seiner Hoheit getrennt worden zu sein.«
    Andry hätte sie beschützt, selbst wenn plötzlich tausend Ritter zu Pferd auf sie eingestürmt wären. Er nahm an, dass sein Gesicht Bände sprach, als er erklärte: »Natürlich, Herr.«
    »Gut. Ich lasse Euch also in seinen fähigen Händen, Herrin.« Ostvel lächelte Alasen noch einmal an, und sie erwiderte sein Lächeln.
    »Sie haben uns nicht geantwortet«, sagte sie, als sie fort waren.
    »Nein.« Es konnte Andry einfach nichts ausmachen. »Herrin … Alasen …«
    Sie errötete, und sein Herz überschlug sich. Es dauerte sehr lange, ehe sie sich daran erinnerten, dass sie eigentlich zu den Zelten ihres Vaters gehen sollten.
    Andrade sah auf. Urival hielt ihren Mantel über einem Arm. Sein Gesicht lag im Schatten. Es waren keine Lampen angezündet worden, sodass das weiße Zelt im Sonnenuntergang zu grauem Nebel verschwamm. Sie erhob sich, strich sich das Haar zurück und erlaubte ihm, ihr den Mantel um die Schultern zu legen.
    »Herrin …«
    »Nein.« Sie hörte, dass ihre Stimme vor nervöser Anspannung scharf klang. Verdeckt von den Falten des Stoffs, ballten sich ihre Fäuste. »Nein«, wiederholte sie weicher. »Es wird alles gut.«
    »Ich kann wohl nichts sagen, was dich davon abbringen könnte?«
    »Natürlich nicht. Mach schnell. Es muss vor Mondenaufgang vollbracht sein. Sind alle versammelt?«
    »Ja.«
    »Dann wollen wir es hinter uns bringen. Ich habe genug von diesem Masul.«
    »Wie wir alle«, murmelte er.
    Die untergehende Sonne hing an einem Himmel, der noch blassgelb leuchtete. Andrade bestieg den Hügel, wo am Nachmittag die Zeremonie für die jungen Ritter stattgefunden hatte. Sie roch Regen in der Luft und Furcht. Doch es war nicht ihre eigene Angst, die sie spürte, als sie außerhalb des Kreises stand, der auf dem Hügel gebildet worden war. Fünfundzwanzig Menschen standen um eine leere Feuergrube, aufgereiht wie Kleinodien prinzlicher Macht und zusammengehalten durch Faradh’im. Wenn Andrade und Urival sich ihnen anschlössen, würden es siebenundzwanzig sein, also ein Vielfaches von drei, wie es für das, was sie vorhatte, streng vorgeschrieben war. Andrade fand die mystische Bedeutsamkeit der Zahl Drei absurd und hatte den Verdacht, dass es Lady Merisel ebenso gegangen war. Aber sie wagte nicht, gegen Überlieferungen zu verstoßen, über die sie sonst nichts wusste.
    Andrade hatte das Gleichgewicht der Kräfte im Kreis sowohl politisch als auch unter den Faradh’im sorgfältig ausbalanciert. Es gab in der Sternenrolle keine derartige Forderung, doch in dem ihr eigenen Sinn für Ausgewogenheit hatte sie die beiden gegnerischen Parteien einander direkt gegenübergestellt. Sioned hatte wie üblich die Stellung des Lichtläufers für die Wüste. Rohan stand zu ihrer Rechten; seine Augen waren dunkel vor Schuld. Pol hatte auf seinem Vorrecht als wahrer Herrscher der Prinzenmark bestanden, und Pandsala hätte ohnehin nicht am Kreis teilhaben dürfen, denn die Gegenwart von Personen, die bei einer

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