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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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die Flasche wieder verkorkte und an der Silberkette über die Schulter hängte, »ich wünsche Euch, wofür Ihr bei mir so großzügig gesorgt habt: Möget Ihr niemals durstig sein!«
    Alle Anwesenden waren mehr als dankbar, dass sie lachen durften. Chay schlug Ostvel auf die Schulter und erklärte: »Der Junge hat Stil!« Auch Rohan, Sioned und Pol grinsten breit, als der junge Ritter zu ihnen kam und sich tief vor ihnen verbeugte.
    Ostvels Nerven waren so angespannt gewesen, als Riyan an der Reihe war, dass er vor Erleichterung fast die Haltung verlor, als sein Sohn zu ihm herüberkam. Doch er fing sich rasch wieder, drehte sich zu Chay um und fragte schlagfertig: »Tja, alter Freund, würdet Ihr denn sehen wollen, wie jemand mit weniger Stil Euren wundervollen Apfelschimmel reitet?«
    Chay wäre vielleicht gegen Ostvels schöne Worte gefeit gewesen, doch als auch noch Prinzessin Alasens schöne Augen für Riyan baten, war er verloren. Seine Frau bemerkte es und lachte.
    »Gib nach, du alter Geizkragen«, schalt sie und stupste ihn dabei unsanft mit dem Ellbogen. »Du weißt doch genau, dass du unglücklich wärst, wenn jemand anders Dalziel reiten würde.«
    Chay murrte. Doch als Riyan zu ihnen trat, um sich Glückwünsche und Umarmungen abzuholen, hatte er nachgegeben. »Es sieht so aus, als würdet Ihr auf meiner besten Stute davonreiten. Dank Eures Vaters und eines gewissen Paares großer, grüner Augen. Eigentlich sollte ich langsam wissen, wie man ihnen widersteht«, fügte er, an Alasen gewandt, hinzu. »Sioned kann genauso gucken!«
    Wieder spürte Andry, wie sich etwas leicht in seiner Brust regte, als Riyan sich über Alasens Handgelenk neigte, um ihr zu danken. Als sie lächelte, wurde der Schmerz schlimmer.
    Und als sie lachend mit ihren hellen, grünen Augen zu ihm herüberblickte, wusste er plötzlich, was mit ihm los war.
    Um es zu verbergen sah er zur Seite. Es war das Schlimmste, was er hätte tun können. Alasen war nicht dumm. Sie war nur drei Jahre älter als er und hatte ihr ganzes Leben in einem großen Palast verbracht. Er hatte dagegen die letzten sechs Jahre vergleichsweise abgeschieden in der Schule der Göttin gelebt. Solche wie ihn hatte sie schon eher gesehen, denn sie war von zahllosen jungen Männern hofiert worden, so lange sie denken konnte. Sie wusste genau, wie er fühlte. Und sie würde sicher lachen, weil sie schon wieder ein Herz erobert hatte, und ihn bemitleiden, weil er sein Herz an jemanden verschenkt hatte, bei dem es kein Zuhause finden konnte. Zweifellos würden seine Gefühle, die für ihn große Bedeutung hatten, für sie nur die Verehrung durch noch so einen grünen Jungen sein, der zu jung war, um zu wissen, was Liebe ist. Zutiefst beschämt zwang er sich, ihr mutig ins Gesicht zu blicken.
    Was er sah, überraschte ihn gewaltig.
    Ihre Augen waren klar und weich und sanft. Sie lachte ihn nicht aus. Sie bemitleidete ihn nicht. Sie wusste, was er für sie empfand. Und sie lächelte auch nicht in freundlicher Ablehnung.
    Alasen liebte ihn vielleicht nicht, doch sie fand scheu Gefallen daran, dass er sie liebte.
    Andrys Welt verschwamm zu sanften Farben um das Grün ihrer Augen, ihre elfenbeinfarbene Haut, das süße Rosarot ihres Mundes und das kräftige, goldüberglänzte Braun ihres Haars. Sonnenlicht umwirkte ihn fast von selbst, sodass er ihre anderen Farben erkennen konnte: schimmernden Mondstein, leuchtenden Rubin, dunklen Onyx. Sie hielt den Atem an, als sie bemerkte, wie das zarte Lichtgewebe um sie herum und durch sie hindurch erstrahlte. Alle Farben des Spätsommers umschwirrten sie in einem köstlichen, glänzenden Tanz zum Gesang der Vögel, des Windes und dem Rhythmus des Bluts in ihren Adern. Andry erkannte, dass es Alasens erste Begegnung mit ihren Faradhi- Gaben war. Ihn ergriff jubelnde Freude, als ihm klar wurde, dass nur er ihr das zeigen konnte.
    Ihre Wangen röteten sich vor Entzücken, als sie ihm in die Augen sah, und viele Herzschläge lang waren sie die einzigen Menschen auf der Welt. Doch ganz plötzlich gab es wieder eine Welt, deren Forderung herb und erschreckend ihre Verzauberung durchbrach, als sie beide den Namen Masul hörten.
    Er schritt zu dem Platz hoch, wo die anderen Knappen zum Ritter geschlagen worden waren. Doch sein Gönner war nicht Kieles Gatte Lyell. An seiner Seite ging Miyon von Cunaxa, dessen hellorange Tunika Masul jetzt trug. Die unverschämte Anmaßung dieses Mannes, die Kühnheit seines Auftritts, senkte sich wie eine

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