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Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Wolke über den Hügel und ließ alle verstummen. Andrys sanft schimmernder Farbnebel trieb so heftig zu ihm zurück, dass er aufstöhnte. Schmerzhaft deutlich sah er weiße Wut auf Rohans Gesicht und das puterrote Gesicht seines Vaters, der gegen einen schrecklichen Wutanfall ankämpfte.
    Es klang wie Spott, als Masul vor Miyon kniete und dieser die überlieferte Formel sprach: »Ich habe diesen Mann in jeder Hinsicht geprüft und ihn für wert befunden. Er hat meine Unterstützung für die Ritterschaft. Deshalb beauftrage ich ihn, der Göttin und der Wahrheit zu dienen und in guten wie in bösen Zeiten ehrenhaft und mutig zu leben. Als Faustpfand für beides reiche ich ihm Brot und Salz, und als Zeichen seines neuen, ehrenvollen Standes übergebe ich ihm diese goldene Schnalle.«
    Er gab Masul Brot und Salz und versah dessen violetten Gürtel mit einem großen, hohlen Goldring. Dann rief Miyon mit verschlagenem Grinsen einen seiner Knappen nach vorn. Überrascht schnappte die Menge nach Luft, denn als Miyon sein letztes Geschenk überreichte, wurden alle daran erinnert, dass in Cunaxa, das traditionell ein Schwert verlieh, die besten Waffenschmiede des Kontinents beheimatet waren.
    Frisch gegürtet mit einer herrlichen Klinge in einer prachtvollen Scheide, die wie das Heft des Schwertes mit Amethysten besetzt war, schlenderte Masul ein paar Schritte umher und verbeugte sich dann kurz und spöttisch vor Rohan, Sioned und Pol. Rohan nickte einmal steif.
    Es kostete ihn große Anstrengung, Haltung zu bewahren. Sioned war ebenso zornig und nahm Masuls Gruß mit starrem Blick entgegen. Doch ihr Sohn rettete trotz seiner Jugend und Unerfahrenheit die Situation.
    Völlig ruhig und stolz sagte er mit klarer Stimme, die man über den ganzen grasbewachsenen Hügel hören konnte: »Es gibt da einen Makel an Eurer Erscheinung.«
    Masul reckte sich und starrte ihn an. »Was meint Ihr damit?«
    »Euer Gürtel.« Pols Mundwinkel hoben sich zu einem dünnen, kalten Lächeln. »Violett und Orange – was für ein schmerzlicher Missgriff. Besonders für die Augen eines Lichtläufers. Aber ich bin sicher, dass es ein Missgriff war.«
    »Violett ist die Farbe der Prinzenmark«, antwortete Masul gerade eben noch höflich diesem jungen Prinzen, den er am liebsten in Stücke gehackt hätte.
    »Und die Prinzenmark«, erklärte ihm Pol freundlich, »gehört mir. Seid so gut und berichtigt Euren Fehler, indem Ihr den Gürtel abnehmt.«
    Wenn er ablehnte, würde ein Tumult losbrechen. Wenn er gehorchte …
    Miyon eilte nach vorn und flüsterte Masul etwas Dringliches ins Ohr. In das Gesicht des angeblichen Prinzen stieg immer mehr Blut. Miyon sagte noch etwas und wich zurück. Und Masul versuchte zu retten, was in dieser verlorenen Schlacht noch zu retten war, während er die goldene Schnalle löste, die gerade erst an seinem Gürtel befestigt worden war.
    »Wie Ihr wünscht – Herr«, fügte er beleidigend hinzu. Sein Anblick, wie er Brot, Salz und Schwert krampfhaft festhielt und gleichzeitig versuchte, die Schnalle vom Leder zu streifen, ließ die Umstehenden grinsen und einige sogar offen kichern. Doch Pol wartete in perfekter Haltung, während Masul darum rang, seine Würde zu bewahren und eine Anordnung zu befolgen, der er sich nicht zu widersetzen wagte. Pol war im Recht. Die Prinzenmark gehörte noch immer ihm. Trotz wäre fehl am Platze gewesen.
    Der lange, violette Ledergürtel war gelöst. Masul hielt ihn in der Hand, als würde er eine giftige Schlange würgen. Pol war klug genug, nicht die Hände danach auszustrecken, sodass Masul nicht die Genugtuung zuteil wurde, ihn vor Pol in den Dreck zu werfen. Tallain tauchte schweigend neben Masul auf und nahm den Gürtel an sich, ehe Roelstras angeblicher Nachfolger auch nur daran denken konnte, ihn auf den Boden gleiten zu lassen. Er rollte ihn sorgfältig zusammen, während er seinen Posten neben dem Hoheprinzen wieder einnahm.
    Pol nickte hoheitsvoll. »Jetzt seht Ihr viel besser aus, und Eure Tunika bietet einen angenehmeren Anblick. Ihr dürft Euch zurückziehen.«
    Masuls grüne Augen bohrten sich in seine. »Behaltet Eure kostbaren Farben, Prinzlein«, fauchte er.
    »Das habe ich auch vor«, erwiderte Pol.
    Mit Miyon an seiner Seite marschierte Masul den Hügel hinunter. Er war noch nicht ganz außer Sicht, als irgendjemand – niemand wusste, wer – einen rauen Hochruf auf Pol ausstieß.
    Andry, der die ganze Szene mit angehaltenem Atem verfolgt hatte, lachte laut und schloss

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