Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
verstehen.«
    »Nein! Noch nicht. Rohan, bitte. Noch nicht!« Sie streckte bittend eine Hand aus.
    Nach einem Moment nahm er ihre Finger. »Du weißt natürlich, je länger wir warten …«
    »Aber er ist noch so jung. Er würde nicht wirklich verstehen, warum …«
    »Warum sein Vater seine Mutter vergewaltigt hat?« Er stieß ein abgehacktes, bitteres Lachen aus. »Da wird doch das Problem sein. Lleyn lehrt ihn mit Nachdruck, zivilisiert zu sein, Sioned. Nur Barbaren verstehen eine Vergewaltigung.«
    »Hör auf. Tu dir das nicht an, Rohan.«
    »Es ist aber doch wahr, oder?« Achselzuckend ließ er ihre Hand los. »Wieder mal habe ich trotz all meiner scheinbaren Zivilisiertheit den Barbaren gewählt. Ich habe Masul getötet. Weißt du, Sioned, es zählt nicht viel, dass ich so lange widerstanden habe. Lieber ein ehrlicher Wilder, der es einfach erledigt.«
    »Wenn du jetzt noch sagst, dass Andrade noch am Leben wäre, wenn du ihn gleich von vornherein getötet hättest, dann werde ich …«
    Er lächelte reumütig. »Keine Drohungen. Du führst sie womöglich noch aus. Also schön, kein ›Was-wäre-Wenn‹. Aber es wird immer Leute geben, die behaupten, dass Masul wirklich Roelstras Sohn war. Irgendwie kann ich mich nicht dazu durchringen, dass es mich besonders bekümmert, solange Pol in Sicherheit ist. Wir sollten jedoch lieber eine verdammt gute Erklärung parat haben, wenn er fragt, wo seine Gabe wirklich herkommt.«
    Sie schürte wieder das Feuer und starrte verträumt in die glimmenden roten Kohlen. »Es gab nirgends ein Wort darüber, in fünfzehn Jahren. Man weiß nur, dass wir beide von Ianthe in Feruche eingesperrt und dann freigelassen wurden. Selbst wenn jemand geahnt hat, dass ihr Kind von dir war, werden doch alle glauben, dass es mit ihr in den Flammen umkam.« Sie begegnete kurz Rohans Blick. »Ich will nicht, dass er die Wahrheit erfährt. Niemals. Ich will ihn nicht verletzen.«
    »Ich will ihn nicht verlieren«, flüsterte er. Sioned zuckte zusammen, und Rohan machte eine ziellose Geste mit einer Hand. »Ist mir so rausgerutscht. Vergiss es. Ich bin nur müde.«
    Sie war klug genug, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Stattdessen warf sie Asche über das Feuer und streckte sich auf ihrer Decke aus. Dort lagen sie dicht nebeneinander und starrten zu den stillen, gefährlichen Sternen empor, nach denen Pol benannt war.
    »Oh, wunderbar, Sioned!« Meath rieb sich begeistert die Hände. »Frische Suppe heute Abend, dank Eures Falken!«
    Der Vogel hatte sich sanft auf ihrer Faust niedergelassen und putzte sich, als würde er jedes Wort dieses Lobs verstehen. Er hatte seine Sache wirklich gut gemacht. Sioned hatte ihn unterwegs ein- oder zweimal fliegen lassen, jedoch noch nie zum Jagen ausgeschickt. Heute aber hatte er ein Kaninchen mitgebracht, das doppelt so groß war wie er selbst, und seine Beute Sioned graziös vor die Füße fallen lassen. Danach war er wieder auf die Hand seiner Herrin zurückgekehrt.
    »Und er hat nur ein kleines bisschen für sich selbst rausgerissen«, stellte Pol fest, während er das Kaninchen zu den zwei kleinen Vögeln packte, die die Falken von Tobin und ihm erlegt hatten. Rohan und Alasen mussten ihre beiden noch losschicken; er ließ ihr galant den Vortritt. Sie löste die Haube ihres Vogels, während sie nach vorne ritt, befreite jedoch noch nicht die wilden, schwarzen Augen in dem bernsteinfarbenen Gesicht. Über die Schulter sah sie sich nach Ostvel um und lächelte.
    »Wenn sie gute Beute macht, Herr, werdet Ihr dann heute Abend für uns singen?«
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Ein Weib hat die Pflicht, für seinen Mann zu sorgen. Warum sollte ich dich dafür belohnen, dass du deine Pflicht tust?«
    »Ostvel!«, rügte Chay ihn grinsend. »So redet man nicht mit seiner Braut, schon gar nicht, wenn man erst zwanzig Tage verheiratet ist! Sie hat ja noch nicht einmal Eure Burg gesehen! Bis dahin, bis die ihr gefällt, kann sie Euch noch ablehnen. Also seid vorsichtig!«
    Alasen erwartete lachend Ostvels Antwort. »Also? Wirst du singen, wenn ich für dein Abendessen sorge?«
    »Keine Wiegenlieder«, meinte Lleyn streng, jedoch mit Spott in den Augen. »Ich glaube nicht, dass sie Schlaflieder im Sinn hat.«
    »Ich hatte eher vor, für mich zu sorgen«, neckte Alasen.
    »Wisst Ihr«, bemerkte Sioned, »ich dachte, ich hätte ihn schon vor Jahren zum allerletzten Mal rot werden sehen. Es scheint aber doch noch möglich zu sein. Gratuliere, Alasen!«
    »Schluss

Weitere Kostenlose Bücher