Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondlaeufer

Mondlaeufer

Titel: Mondlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
ich sterbe.«
    Auch Meath blieb und übernahm wieder seine Rolle als Pols Leibwache. In unausgesprochenem Einverständnis mit Sioned fing er an, dem Jungen einige Grundlagen der Faradhi -Kunst beizubringen. Die Ergebnisse zeigten sich mitunter in einer kleinen Windhose, die vor ihnen über die Straße fegte, oder tanzenden Farben, die den Geist der anderen Lichtläufer berührten. Dann sah Sioned Meath an und hob ein wenig die Brauen hoch, sah daraufhin ihren Sohn entschuldigend die Schultern heben – und lächelte. Pol hatte ebenso viel Spaß an der Gabe wie sie und liebte deren Schönheit und Freude. Lass ihn jetzt das Beste davon lernen, sagte sie zu sich. Die andere Seite hat er bereits kennengelernt.
    Am vierzehnten Tag des Herbstes erreichten sie die Ausläufer des Veresch westlich von Stronghold und Skybowl, fast genau in der Mitte zwischen den beiden Burgen. Es war brütend heiß, obwohl sie an einem Waldbach entlangritten. Rohans Haare waren schweißverklebt, und sein dünnes Hemd schmiegte sich feucht an seinen Rücken. Er machte Halt für eine Rast und drehte sich im Sattel zu den etwa fünfzig Reitern um, die matt durch die drückende Hitze trotteten. Als er sich wieder umdrehte, schnitt er Prinz Lleyn eine Grimasse und sagte: »Ihr werdet meinen, nach einem Leben in der Wüste sollten wir so etwas gewöhnt sein. Aber ich schwöre Euch, ich bin am Zerschmelzen!«
    »Oh, aber die Hitze dort könnte Wasser aus den Steinen saugen. Das hier ist wie der Hochsommer an der Küste: Die Luft ist so dick, dass man darin schwimmen könnte.« Lleyn reckte sich so, dass seine alten Knochen knackten, und lächelte: »Ich finde es eigentlich ganz angenehm.«
    Rohan lachte – dann fluchte er überrascht: Keine Wolke war zu sehen, aber mit einem Mal setzte ein kühler Regen ein, dessen Tropfen ihre Spuren im Straßenstaub zurückließen. Die Pferde wieherten erstaunt, ihre Reiter riefen durcheinander. Rohan sah sich rasch um. Die belebende Dusche erstreckte sich nur über die Länge ihres Zuges. »Was um alles …?«
    Sioned ritt neben ihn, schüttelte erfreut ihr offenes Haar in der Kühle und grinste. Sie zeigte auf den nahen Bach, wo das Wasser aufstieg, um dann über ihnen niederzugehen, und sagte: »Sieh bloß mich nicht so an! Wenn du einen Schuldigen suchst, dann frag mal deinen Sohn!«
    Pol hatte tatsächlich ein durchtriebenes Lächeln aufgesetzt, und Meath versuchte erfolglos, missbilligend auszusehen. Der Junge trieb sein Pferd nach vorne und sagte: »Es ist so heiß, Vater. Ich dachte, etwas Abkühlung täte uns gut.«
    Rohan sah ihn an. »Dachtest du, ja? Und was hast du sonst noch gelernt?«
    Pol schüttelte sich das Wasser vom Gesicht. »Es gibt sonst nichts, das Meath mich versuchen ließe – bis jetzt.«
    »Tallain«, sagte Rohan zu seinem Knappen, »reite zurück und sag den Leuten Bescheid, was hier los ist.«
    »Sie wissen es schon, Herr. Und wem sie es zu verdanken haben.« Er sah Pol nachdenklich an. »Aber lass möglichst die Schlafsäcke nicht zu nass werden.«
    Auf der Stelle schnippte Pol reumütig mit einem Finger und ließ den leichten Regen aufhören. »Entschuldigung. Ich habe wohl nicht nachgedacht.«
    »Hmm«, sagte Rohan.
    Als sie später das Nachtlager an einer Gabelung des Bachs aufgeschlagen hatten, fragte er seine Frau: »Sollte er zu solchen Dingen fähig sein?«
    Etwas in seinen Augen hielt sie von einer oberflächlichen Antwort ab. Sie zuckte kurz mit den Schultern und starrte in das kleine Feuer neben ihrem Nachtlager. Die Nachtluft war noch immer sehr warm, doch Sioned hatte lieber Licht, um sehen zu können. Sie sah sich flüchtig um. Ostvel und Alasen waren noch nicht von ihrem gewohnten Spaziergang im Mondlicht zurück; Maarken und Hollis fehlten ebenfalls, doch deren Gründe waren nicht so romantisch. Obwohl ihre Abhängigkeit von Dranath nachließ, war Hollis fast jede Nacht unruhig und hellwach. Die beiden gingen spazieren, wobei er ihr von Whitecliff, Stronghold, Radzyn und allem Möglichen erzählte, um sie von ihrer Gier nach Dranath abzulenken und sie mit dem Leben, das vor ihr lag, vertraut zu machen. Da Sioned sich daran erinnerte, wie es bei ihr gewesen war, hatte sie Maarken damit trösten können, dass Schlaflosigkeit und die damit einhergehende Erschöpfung auch wieder vorübergingen. Doch unter Hollis’ Augen lagen tiefe Ränder, und Sioned war traurig, dass ihre ersten gemeinsamen Tage so überschattet wurden. Es war eine längere und qualvollere Version

Weitere Kostenlose Bücher