Mondlaeufer
seine Frau noch im kühlen Badewasser. Er hatte es nie für Charakterstärke gehalten, dem verlockenden Anblick von Sioned zu widerstehen, wenn sie nur von Wasser und ihrem langen, gelösten Haar umgeben war. Also stieg er zu ihr in die Wanne und meinte unschuldig, er wolle ihr nur beim Waschen helfen. Der Zuber war nicht gerade für Tändeleien geschaffen, sodass sie nur unter großen Verrenkungen und viel Gelächter zum Ziel kamen, doch sie schafften es.
Danach lag er entspannt in ihren Armen und ließ Strähnen ihrer rotgoldenen Haarpracht durch seine Finger gleiten. Sie lachte leise, und er fragte: »Mmm?«
»Ich dachte gerade, dass es tatsächlich möglich ist, jemanden in einem Zuber zu ertränken – selbst wenn er kein Lichtläufer ist.«
»Was für ein Unfug. Das meiste Wasser haben wir über den Boden verteilt.«
»Ostvel kennt uns viel zu gut. Wir haben das Zimmer mit dem besten Abfluss.« Sie zeigte auf das kleine Gitter in den Bodenfliesen.
Weitere Beweise für die Aufmerksamkeit ihres Gastgebers fanden sie im Hauptzimmer, das durch einen Ankleideraum mit dem Bad verbunden war. Auf dem Bett waren seidene Roben ausgebreitet, und an einem mit Speisen beladenen Tisch standen zwei bequeme Stühle einander gegenüber.
»Ostvel hat den besten Koch aus all meinen Prinzenreichen, verflixt noch mal«, sagte Rohan, als sie ein fabelhaftes Gericht aus heißem Nudelteig um kaltes Obst vertilgt hatten. Er reckte sich, rieb seine in Seide gehüllten Schultern und seufzte. »Meinst du nicht, ich sollte ihn zu einem Tausch verleiten?«
Sioned schenkte den restlichen Wein ein und schüttelte den Kopf. »Wir könnten ihm aber unsere Köche eine Zeit lang herschicken, damit sie etwas abgucken.«
»Das bezweifle ich. Sein Zauberkünstler hier hat in Waes gelernt, und da gibt man seine Geheimnisse nicht preis. Nicht einmal seinem Hoheprinzen. Apropos Geheimnisse: Tobin hat gestern etwas über das Drachengold gesagt, und Pol konnte es hören.«
»Irgendwann musste er es erfahren«, sagte sie gelassen. »Ich nehme an, du wirst die Enthüllung ordentlich dramatisch gestalten?«
»Ihn in eine dunkle Höhle locken und plötzlich eine Fackel anzünden zum Beispiel?« Er lachte. »Das wäre eine Idee. Ein bisschen so, wie wir es herausgefunden haben. Weißt du noch? Ich werde nie vergessen, wie der Sand glitzerte und ich mich hindurchgrub, immer dein Feuer über meiner Schulter.«
»Du könntest Pol dabei eigentlich bitten, Feuer für dich zu beschwören. Ich habe ihn geprüft, Rohan. Er ist ein Naturtalent, es ist geradezu unheimlich.«
»Wenn Andrade meint, sie hätte mit Andry alle Hände voll zu tun, dann bekommt sie einen Mordsschreck, wenn erst Pol in die Schule der Göttin kommt. Ich habe übrigens auch darüber nachgedacht. Wenn er mit achtzehn zum Ritter geschlagen wird, ist das wieder ein Rialla -Jahr, und wir können ihn direkt von Waes aus zu Andrade schicken. Dann sehen alle, dass er nicht nur Prinz, sondern auch voll ausgebildeter Faradhi sein wird.«
»Nicht gerade sehr behutsam«, bemerkte sie.
»Wenn wir es weniger offen machen würden, wären die anderen Prinzen noch viel argwöhnischer, als sie es jetzt schon sind.«
»Es läuft immer wieder auf dasselbe hinaus, nicht wahr?«, überlegte sie und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. »Pol macht sie sehr argwöhnisch, weil er all diese Macht haben wird. Aber er hat Maarken, der es ihm vorleben kann, und es könnte kein besseres Vorbild geben – weder für ihn noch für die anderen Prinzen.«
»Tobin und Chay sind zum Platzen stolz auf ihn«, stimmte Rohan zu. »Was für eine Familie meine Schwester da hat! Zwei Faradh’im und einen weiteren Sohn, der womöglich ein noch besserer Ritter wird als sein Vater. Vologs letzter Brief troff vor Begeisterung. Habe ich dir eigentlich erzählt, dass er Sorin dieses Jahr zum Ritter schlagen wird? O Göttin, sie werden alle so schnell erwachsen.«
»Ich wünschte, wir müssten Pol nicht nach Dorval zurückschicken. Lach mich ruhig aus, aber ich hasse es, auch nur einen Tag seines Lebens zu verpassen.«
»Ich lache nicht, Sioned. Aber Graypearl ist das Beste für ihn. Er lernt so viel von Lleyn und Chadric. Und er ist dort sicherer.«
»Die Merida …«
»… haben in all den Jahren, wo er dort war, nur einmal angegriffen. Und das war außerhalb des Palastes. Wir können ihn nicht in Seide packen, und wenn wir es versuchten, würde er niemals mitmachen. Du würdest dir auch keinen anderen Sohn
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