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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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wie Don Rodrigo sich entsann, von dem anderen Fra Antonio genannt worden war.
    »Es ist uns nicht entgangen«, sagte er, »dass sowohl Ihr als auch die anderen Hauptleute ein gewisses Maß an Feindseligkeit uns gegenüber zeigt. Darf man fragen, inwieweit wir Euch beleidigt haben? Schließlich sind wir doch nur Boten.«
    »Boten eines heidnischen Sultans«, sagte Don Rodrigo kalt.
    Ihm war schon die weiche, verschliffene Aussprache des Franziskaners zuwider; er mochte keine Italiener.
    Fra Antonio zuckte mit den Achseln. »Seine Hoheit, der Sultan von Ägypten, in dessen Machtbereich, wie Ihr wisst, auch die Heilige Stadt fällt, hat uns gebeten, Euren Königen eine Botschaft zu überbringen. Wir sahen keinen Grund abzulehnen, zumal wir auf sein Wohlwollen angewiesen sind.«
    »Wir haben noch nicht bemerkt«, setzte sein Begleiter etwas schärfer hinzu, »dass einer der ehrenwerten Ritter, die uns unsere Mission übel nehmen, sich in Jerusalem hat blicken lassen, um uns von den Heiden zu befreien.«
    Der Marquis von Cadiz war ein selbstbeherrschter Mann, doch er wünschte, die Königin hätte nicht ihm diese beiden Mönche aufgeladen. Genug war genug.
    »Gehört es auch zu Eurer Mission«, fragte er sarkastisch, »seine Heiligkeit den Papst gegen unsere erhabenen Monarchen und ihren heiligen Kreuzzug gegen die Ungläubigen zu beeinflussen?«
    Fra Antonio breitete die Arme aus. »Don Rodrigo, hier liegt ein Missverständnis vor. Wie ich schon sagte, als Prior des Franziskanerordens in Jerusalem bin ich auf das Wohlwollen des Sultans angewiesen. Er hörte von meiner bevorstehenden Reise nach Rom. Er wünschte, dass ich eine Botschaft an den Heiligen Vater und eine an die Könige von Kastilien und Aragon überbringe. Das ist alles.«
    »Aber Ihr müsst doch zugeben«, meinte der Marquis ein wenig besänftigt, »dass der Inhalt der Botschaft höchst beleidigend war?«
    Er war entrüstet, als Fra Antonio nur eine Augenbraue hob.
    »Beleidigend? Seine Hoheit der Sultan fragte lediglich, mit welchem Recht die christlichen Könige nun schon sieben Jahre lang Krieg gegen die Moslems von Granada führen und beträchtliche Teile ihrer neuen moslemischen Untertanen wie Sklaven behandeln, während er andererseits den Christen, die in seinem Machtbereich leben, ihre Freiheit, ihr Eigentum und ihren Glauben lässt. Und es erscheint daher auch nicht weiter verwunderlich, dass sich seine hiesigen Glaubensgenossen an ihn um Hilfe gewandt haben.«
    Don Rodrigo hatte schon lange den Verdacht gehegt, dass die Italiener ohne Treue und rechten Glauben waren, und fand ihn nun in dieser Kumpanei mit den Ungläubigen bestätigt. Doch er war nicht der Mann, sich darüber aufzuregen. Er wollte nur die Selbstsicherheit des Franziskaners ein wenig erschüttern.
    »Mit welchem Recht? Ich nehme an, Euch ist nicht bekannt, dass wir nur Gebiete von den Ungläubigen zurückerobern, die uns gewaltsam genommen wurden.«
    »Wen meint Ihr mit uns?«, erkundigte sich Fra Antonio interessiert.
    »Uns Spanier. Uns Christen.«
    »Sicuro.« Der Mönch schaute reuig zu Boden. »Wie konnte ich… ich dachte nur, damals herrschten die Goten, die der arianischen Ketzerei anhingen.«

    »Man hat… Euch das Land vor siebenhundert Jahren weggenommen, nicht wahr?«, fragte der zweite Franziskaner unschuldig.
    Der Marquis ließ sich weder ablenken noch provozieren. »Vor siebenhundert Jahren, ganz recht«, bestätigte er unerschütterlich. »Außerdem wurde dieser besondere Krieg doch wohl von den Heiden aus Granada begonnen und nicht von uns. Ich wette, ich weiß, wer Eurem Sultan…«
    »Der Sejid ist nicht unser Sultan.«
    »… wer den Sultan dazu gebracht hat, derartigen Unsinn an den Heiligen Vater zu schreiben - der Mann, der zum größten Teil für den Krieg verantwortlich ist. Der Heidenhund al Zaghal.«
    Er wartete auf eine Bestätigung oder einen Widerspruch; stattdessen faltete Fra Antonio die Hände und entgegnete lächelnd:
    »Wie ich schon sagte, Don Rodrigo, Ihr missversteht uns. Wir hatten lediglich die Aufgabe, diese Botschaften zu überbringen. Darüber hinaus hat uns der Heilige Vater gebeten, uns vor Ort von dem Stand der Dinge zu überzeugen und ihm Bericht zu erstatten.«
    »Dann überzeugt Euch«, sagte der Marquis barsch. »Geht meinetwegen sogar in die Stadt hinein oder geht nach Guadix zu al Zaghal. Die Mauren werden Euch keine Zeit lassen, ihnen zu erklären, dass Ihr als eine Art Doppelbotschafter für den Sultan und den Papst fungiert.

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