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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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einen Pfeil hinterhersandte.
    »Werdet Ihr die edle Tat selbst vollbringen oder lasst Ihr das durch einen Eurer Handlanger erledigen?«
    Al Zaghals Schritte kamen abrupt zum Stillstand. Zum ersten Mal hörte Layla aus seiner Stimme etwas mehr als Verachtung oder Ungeduld heraus.
    »Ich werde es selbst tun«, sagte er würdevoll. »Glaubt Ihr, ich würde zulassen, dass irgendein Bauer Hand an meinen Neffen legt? Er verdient den Tod, den er sich wünscht. Zumindest das werde ich ihm geben können.«

    »Gut«, antwortete Isabel seidig. »Ich weiß ja, wie vertraut Ihr mit dem Tod seid.«
    Wieder erklangen Schritte. Diesmal entfernten sie sich endgültig.

    Layla hatte sich noch nie zuvor in Alschas Gemächern aufgehalten, obwohl sie wusste, wo diese sich befanden. Später konnte sie sich dennoch nie erinnern, wie sie dort hingekommen war, ihr Gedächtnis setzte erst wieder ein, als sie steif vor Alscha al Hurra stand und ungehalten gefragt wurde: »Was tust du hier?« Das war ihr selbst nicht klar. Sie war gerade dabei, ihre Mutter an deren schlimmste Feindin zu verraten, und das alles vielleicht nur einer schmerzhaften Erinnerung wegen - an die kurze Zeit zwischen dem Falkenhaus und den Gärten, in der Muhammad wahrhaftig ein Bruder gewesen war. Ihre Gedanken verwirrten sich wie die Fäden eines sich auflösenden Stoffes; sie konnte nur einen dieser Fäden ergreifen und festhalten - sie wollte Muhammad nicht tot sehen. Aber es auszusprechen fiel schwer, so schwer. Alscha winkte bereits einer Sklavin, als Layla mit ihrem Verrat herausplatzte.
    »Ihr müsst dafür sorgen, dass Muhammad so bald wie möglich flieht, sonst wird er sterben!«
    Alschas Hand verharrte in der Luft. Dann sammelte sie sich wieder und meinte verächtlich: »Soll das ein Versuch sein, mich und meinen Sohn noch mehr in Verruf zu bringen? Denkt deine Mutter, ich weiß nicht, dass eine Flucht wie ein Eingeständnis ihrer törichten Anschuldigungen wäre? So einfach werde ich es ihr nicht machen, das kannst du ihr ausrichten.«
    Layla schüttelte verzweifelt den Kopf. »Nein, nein, man wird ihn töten, bitte, Ihr müsst mir glauben, Sejidah, man wird ihn töten.«
    Irgendetwas im Ton des Mädchens ließ Alscha unsicher werden. »Sie würde es nicht wagen, den Sohn des Emirs umbringen zu lassen… selbst sie nicht…«, murmelte sie, als sei Layla nicht vorhanden, als spräche sie mit der Wand.
    »Nicht meine Mutter«, sagte Layla tonlos. »Al Zaghal.«
    Das wirkte wie eine Ohrfeige auf Alscha. Sie zuckte zusammen, und mit einem Mal spürte Layla, dass die Fürstin ihr glaubte.
    »Al Zaghal«, zischte sie. »Ich hätte es wissen müssen. Ich habe es immer geahnt! Dieser Sohn von Iblis will selbst den Thron erben!«
    Sie packte das Mädchen an den Schultern. »Wann? Wie? Was weißt du noch?«
    Noch nie in ihrem Leben war Layla so sehr danach gewesen, in Tränen auszubrechen, und sie verabscheute sich dafür. Ihre Unterlippe zitterte, und Alscha ließ sie los. »Das spielt ohnehin keine Rolle mehr«, sagte sie kurz.
    In den nächsten Stunden achtete Alscha darauf, Layla an ihrer Seite zu behalten, während sie die Rettung ihres Sohnes in Gang setzte, weniger aus Dankbarkeit als aus tiefem Misstrauen und dem Verdacht heraus, es könnte sich vielleicht doch um eine List der verhassten Zoraya - oder al Zaghals - handeln.
    Muhammad stand unter Arrest; dank seines Standes waren die Umstände seiner Haft jedoch mehr als komfortabel. Man hatte vor seinen Gemächern einfach einige Wachen aufgestellt. Als die Abenddämmerung hereinbrach, stattete Alscha mit all ihren Frauen und der Tochter ihrer Rivalin im Schlepptau ihrem Sohn einen Besuch ab. Die Wache ließ die Sejidah anstandslos durch und machte sich auch nicht die Mühe, die Frauen zu zählen oder gar näher anzusehen.
    Als die Frauen das Gemach betraten, stand Muhammad am Fenster und blickte zu den Bergen empor. Er hatte nicht die Zeit, seiner Verwunderung über den zahlreichen Besuch Ausdruck zu verleihen; während Alscha ihm fieberhaft und im Flüsterton alles erklärte, wurde er bleich, doch seine Miene veränderte sich kaum.

    »Ich habe alles geregelt«, endete seine Mutter. »Draußen wartet ein Kaufmannszug auf dich; sie werden dich in ein sicheres Versteck bringen.«
    »Und Morayma?«, fragte er.
    »Ich habe ihr nichts erzählt. Ihr wird nichts geschehen, und deinem Sohn ebenso wenig. Nur du bist in Gefahr.«
    Moraymas unausweichliche laute Klagen hätten alles ruiniert und das wusste er. Er nickte

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