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Mondlaub

Titel: Mondlaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Hassan Ali haben sie mehrmals geschlagen.«
    Seine Mundwinkel zuckten. »Ich habe vergessen, dass du noch ein Kind bist. Layla, Fernando und Isabella sind gute Rechner.
    Was nützt ihnen ein junger Emir in Gefangenschaft, wenn der alte Emir dann sicher auf dem Thron von Granada sitzt? Wo es doch viel besser wäre, den jungen Emir wieder frei und Unruhe in Granada schüren zu lassen? Sie haben mir längst einen Handel angeboten. Das gesamte Reich Granada - als Lehen ihrer Krone.«
    Fassungslos sagte das Mädchen: »Und du bist damit einverstanden?«
    »Es ist vielleicht die einzige Möglichkeit, um Granada zu retten. Außerdem habe ich ein Recht auf den Thron. Ich bin der Erbe.«
    Sie blickte ihn an, diesen Mann, der ihr Bruder und schuld am Tod ihres Bruders war. Er befand sich keine Armlänge mehr von ihr entfernt. Jetzt könnte ich es tun, dachte Layla. Dann stürbe Muhammad fern von Granada, Familie und Freunden, entthront, und mein Wunsch wäre erfüllt.
    Er kam näher. Er legte sogar vorsichtig seine Arme um sie. Wie konnte ein Sohn von Alscha al Hurra nur so töricht sein und die Gefahr nicht spüren, in der er sich befand? »Es tut mir Leid, Layla«, murmelte er.
    Mit einem Ruck machte sie sich los. Und lief davon.

    Sie war nicht einmal überrascht, Jusuf ben Ismail auf einer der endlosen Wendeltreppen des Kastells warten zu sehen. Er trug kastilische Kleidung, aber an sein Wams war ein roter Kreis genäht. »Hierzulande«, sagte er, ihrem Blick folgend, »sind die Juden verpflichtet, sich auf diese Weise kenntlich zu machen.
    Sonst verwechselt man sie noch mit conversos, und das ist kein angenehmes Schicksal. Warum hast du ihn nicht getötet? Wegen dieser rührenden kleinen Liebesgeschichte? «
    Laylas Wangen flammten, und sie spürte, dass sie errötete. »Ich habe dir gesagt, Ifrit, dass ich nie wieder töten will«, fauchte sie. Jusuf schnalzte missbilligend mit der Zunge.
    »Weswegen dann der Dolch im Gewand? Also wirklich…
    Doña Lucia.«

    Sie ließ sich neben ihm auf die Treppe sinken. Die Kälte, die er ausstrahlte, störte sie nicht, sie hatte sich mittlerweile daran gewöhnt. »Nenn mich nicht so«, flüsterte sie. »Ich wünschte, ich wäre in Granada, ich wünschte, ich hätte die Alhambra nie verlassen. Kannst du nicht die Zeit zurückdrehen, Jusuf?«
    Es musste doch eine Zeit gegeben haben, als alles gut gewesen war, als sie neun und Tariq noch am Leben gewesen war…
    »Ich fürchte«, sagte Jusuf ben Ismail höflich, »das liegt außerhalb meiner Möglichkeiten.«
    Er sagte das so ernsthaft, dass es schon wieder komisch wirkte und sie zum Lachen brachte. »Gut«, meinte er. »Nun widme dich deinen Pflichten bei der Königin… aber vergiss deinen Dolch nicht. Er wird dich nie im Stich lassen.«

    Der offizielle Empfang von Muhammad wurde noch weiter hinausgezögert, und der Hof summte vor Gerüchten. Die einen behaupteten, es gebe Schwierigkeiten mit dem Zeremoniell, die anderen meinten, das Königspaar sei sich noch nicht sicher über das Schicksal ihres Gefangenen.
    »Welches Zeremoniell?«, erkundigte sich Layla bei Doña Maria, die alle Zeremonien kannte, die zu kennen sich lohnte.
    »Nun, wenn Ihr Recht habt und Euer Bruder den Vasalleneid leisten will, muss er niederknien und den Herrschern die Hand küssen, mein Kind.«
    Das war für einen moslemischen Emir eine unerträgliche Demütigung, und Layla konnte sich nicht vorstellen, dass Muhammad darauf einging. Doch bald danach kamen Gesandte aus Granada und Cordoba an, und sie erkannte zu ihrer Verwunderung Ridwan, einen der Hauptleute ihres Vaters, und Omar, einen von Alschas Vertrauten. Zum ersten Mal war sie froh, zur Menge der Hofdamen zu gehören und in ihr zu verschwinden. Wenn Ridwan sie so gesehen hätte, wie sie inzwischen war, wäre sie vor Scham im Boden versunken.

    Es stellte sich heraus, dass es zwei verschiedene Botschaften gab. Sowohl Alscha als auch der Emir boten, jeder getrennt, eine beträchtliche Summe Lösegeldes für Muhammad.
    »Aber Ihr werdet ihn doch nicht diesem grausamen alten Mann übergeben?«, fragte Luisa de Castro, die sechzehn war und sehr für die Romanzen der Spielleute schwärmte, die Königin, als die Hofdamen ihr abends beim Auskleiden halfen.
    Isabella schüttelte den Kopf. »Bestimmt nicht.« Leise und eigentlich nicht für die Ohren ihrer Zuhörerinnen bestimmt, setzte sie hinzu: »Doch es kann nicht schaden, wenn er das annimmt.«
    Don Sancho Ximenes de Solis beschloss unterdessen, er könne

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