Mondmädchen
blutverschmierten weißen Kleid zusammen und ging hinten herum zum Sklaveneingang des unterirdischen Hypocaustums .
Ich rannte die Treppe hinunter und schreckte den halbnackten Sklaven auf, der die Flammen schürte. Rauch, offenes Feuer, unerträgliche Hitze. Wie hielt der arme Mann es hier aus? Der schweißüberströmte Iberer sah mich aus großen, angstvollen Augen an.
»Wirf das alles hier in die Flammen«, befahl ich und ließ eine goldene Münze in seine Hand gleiten. »Alles. Und wickele es nicht auseinander und sieh es nicht an, sonst werden du und deine Nachfahren für immer verflucht sein, denn es enthält einen mächtigen Zauber, der zerstört werden muss.«
Der Sklave nickte ängstlich und verschwand mit meinem Bündel in seiner rotglühenden Welt. Ich blieb noch eine Weile stehen und horchte auf das Geräusch der zerberstenden Amphore und das Zischen des Blutes im Feuer.
Sobald ich das gehört hatte, floh ich zurück zu Livias Haus. Das Gras war kalt und rutschig vom Morgentau. Der Himmel war zwar noch dunkel, färbte sich jedoch bereits purpurn. Geräusche eines langsam erwachenden Haushaltes ertönten um mich herum – die gedämpften, schläfrigen Stimmen von Sklaven, das Zischen von Fackeln, deren ölige Spitzen entzündet wurden, das Rascheln bloßer Füße auf Steinböden.
Auf Zehenspitzen schlich ich zurück ins Sterbezimmer. Wieder krampfte sich mein Herz beim Anblick des Leichnams meines kleinen Bruders zusammen. Ich flüsterte ihm ins Ohr, was ich getan hatte und hoffte, es würde sein Ka erfreuen. Mit zitternden Fingern berührte ich seine wächserne, kalte Wange und kehrte dann auf mein Lager zurück.
Mein Körper vibrierte vor Spannung und Furcht und meine Zähne klapperten, obwohl ich die Kiefer zusammenpresste, um das Geräusch zu unterdrücken. Ich zog mir die Decke über den Kopf und rollte mich zusammen.
Ein Rascheln hinter mir. »Kleopatra Selene, ist alles in Ordnung mit dir?«, flüsterte Juba.
Ich konnte meine Kiefer nicht lösen und auch nicht aufhören zu zittern.
Juba rutschte neben mich. »Was ist passiert?«, fragte er.
Ich wollte ihm für seine Hilfe danken und ihm sagen, dass ich den Zauber vollzogen und Anubis heraufbeschworen hatte. Doch als ich den Mund öffnete, drang kein Laut heraus. Stattdessen begann ich zu meinem eigenen Entsetzen zu weinen – ich wurde von langen, durchdringenden Schluchzern geschüttelt, die ich zu unterdrücken versuchte, da Alexandros noch immer schlief. Ich konnte kaum atmen vor Trauer, die in meinem Innersten aufwallte wie eine Riesenwelle. Als die Welle in sich zusammenbrach, konnte ich nichts tun, als mich mit ihr treiben lassen. Ich erinnere mich nur an die Wärme von Jubas Hand, mit der er mir über den Rücken streichelte.
Zischelndes Geflüster. Juba sprach leise mit jemandem draußen vor der Tür. Wo war ich? Mit einem Schlag, der so heftig war, dass ich fast zusammenzuckte, kam die Erinnerung: Ich war in einem Raum mit Ptolis Leichnam. Ich hörte, wie Alexandros sich aufsetzte.
»Was ist los?«, rief er.
»Das werden wir gleich sehen«, sagte eine Stimme. Mir gefror das Blut in den Adern. Octavian. Stampfende Schritte. Jemand zog meine Decke weg. Octavian selbst riss mich am Oberarm in die Höhe.
»Caesar, bitte!«, sagte Juba. »Es gibt doch keinen Grund, so grob zu sein! Ich war die ganze Nacht hier und die beiden ebenfalls.«
Octavian versetzte mir einen Stoß, sodass ich in Richtung eines anderen Mannes taumelte: Es war der Wachmann aus der vergangenen Nacht mit den langen blonden Zöpfen. Ich erstarrte vor Schreck.
»Nun?«, wollte Octavian wissen. »Ist dies das Mädchen, das du letzte Nacht gesehen hast?«
Ich hielt den Blick gesenkt, aber ich merkte, wie der Mann mich von oben bis unten musterte. Ich betete, dass ich in meinem zerknautschten, dreckigen Hemd – viel weiter und lockerer als die enge weiße Tunika, die ich in der Nacht getragen hatte – und mit den wirren, vom Schlaf zerzausten Haaren, die einen Großteil meines Gesichts verbargen, und meinen vom Weinen rot geschwollenen Augen ganz anders aussah als das saubere Mädchen mit glatt anliegenden nassen Haaren, das er in der Nacht gesehen hatte.
»Antworte, du Idiot!«, verlangte Octavian.
»Die, die ich heute Nacht gesehen habe, war hübscher«, sagte er. »Und … und größer. Ihre Haare waren dunkler und nicht so wirr.«
Ich atmete erleichtert aus, dankbar dafür, dass der große Kerl mir nie richtig ins Gesicht geschaut, sondern mit seinem
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