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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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nicht einmal zögern . Langsam zog ich den Dolch und hielt ihn über seinen dünnen Hals.
    Mutter würde wollten, dass ich es tue, um sie zu rächen! , wiederholte ich. Aber dennoch konnte ich meine Hand nicht dazu bringen, sich zu bewegen. Hielt Anubis mich zurück? Ich erinnerte mich an ein Bild in Amunets Tempel, auf dem Anubis ein Herz gegen die Feder der Wahrheit aufwog. Anubis, der Richter der Wahrheit, wollte, dass ich nach der Ma’at lebte und die Prüfung bestand. Ich würde den Gott nicht entehren und auch nicht Ptolis Ka in Gefahr bringen durch eine Tat, die nichts zu unserer Rückkehr nach Ägypten beitragen würde. Ich ließ den Dolch wieder zurück an seinen Platz in meinem Gürtel gleiten.
    Und doch sollte Octavian leiden. Ganz langsam und vorsichtig zog ich seine Decke zurück. Er rührte sich nicht. Ich ließ den schweren, blutgetränkten Kopf von Anubis Stellvertreter in das Bett neben meinen Feind gleiten, so als machte er sich gerade daran, ihm ein Stück aus dem Oberkörper zu beißen. Bevor ich meine Hände zurückzog, betete ich darüber. »Möge deine Macht unseren Feind ängstigen. Möge es ausreichen, um Ptolis Ka zu retten.«
    Ich zog die Decke über beide und wischte meine blutbefleckten Hände an den Enden seines Lakens ab. Bevor ich aus dem Zimmer floh, warf ich noch einen raschen Blick in Octavians Gesicht. »Nur damit eins klar ist«, flüsterte ich. »Wage es nicht, meine Götter zu missachten!«
~  Kapitel 30  ~
    Fast wäre ich auf meinem Weg aus Octavians Cubiculum über Thyrsus gestolpert. Ich trat zurück in den Schutzkreis, den ich zuvor gezogen hatte, und löste den Zauber, indem ich die Zeichnung in der entgegengesetzten Richtung nachfuhr. Dann nahm ich alle Utensilien wieder an mich und rannte davon.
    Ich dachte bereits, ich hätte es geschafft, als ein riesiger gallischer Sklave mit langen blonden Zöpfen aus dem Schatten heraustrat.
    »Halt!«, rief der Mann auf Latein und ich hörte seinen gallischen Akzent. »Sag an, wer du bist!«
    Ich stöhnte innerlich auf, aber Zosima hatte mich sorgfältig darauf vorbereitet, was ich tun sollte, falls ich einem der Wachmänner über den Weg lief.
    »Ich bin’s nur«, sagte ich. Zosima hatte mir gesagt, ich sollte meiner Stimme einen anzüglichen, verführerischen Klang geben, aber ich schaffte es gerade einmal, ein Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Der Dominus hat vorhin nach einem Mädchen verlangt.«
    Der Mann kniff die Augen zusammen und musterte mich. »Um diese Uhrzeit mitten in der Nacht?«
    Ich zuckte die Achseln und ließ dabei das Leinenkleid über meine Schulter rutschen. Seine Augen folgten meiner Bewegung. »Du weißt doch, wie er ist, wenn er nicht schlafen kann.«
    »Ich habe dich hier noch nie gesehen«, sagte er. »Und Sklaven tragen keine weiße Kleidung.«
    Bei den Göttern! Ich durfte jetzt nicht in Panik geraten. Denk nach, denk gut nach . Wieder zuckte ich mit den Schultern und ließ dabei den Stoff noch ein Stückchen weiter meine Schulter hinabrutschen. »Ich bin neu hier. Und … und es ist meine Spezialität mich als vestalische Jungfrau zu verkleiden«, sagte ich in verschwörerischem Tonfall.
    »Was ist das denn da auf deinem Kleid?«
    Ich blickte nach unten. Etwas von dem Blut war durch das Bündel auf den weißen Stoff an meiner Hüfte gesickert. Der Wachmann trat misstrauisch einen Schritt auf mich zu.
    Bitte hilf mir, Anubis, Sohn der Isis. »Oh! Das ist wirklich peinlich! Also, ich …« Ich blickte hinab auf den Fleck. »Ich habe meine Monatsblutung bekommen, und der Große Herr ist wütend geworden. Er hat mich rausgeschmissen und ist dann zu Liv… zum Haus der Domina gegangen, weil ich angeblich seine Kammer verunreinigt hätte.«
    Wer wusste, welchen seltsamen Aberglauben sein Volk hatte, was menstruierende Frauen anbetraf? Ich betete nur, dass dazu auch gehörte, einen möglichst großen Bogen um mich zu machen.
    So war es. Der riesige Gallier trat einen Schritt zurück. »Nun, dann sieh zu, dass du mich nicht auch noch verunreinigst! Geh jetzt. Scher dich hier weg.«
    Ich rannte davon, wobei sich mein Atem in meinen eigenen Ohren anhörte wie das Schnaufen eines sterbenden Ungeheuers. Ich schlich zurück zu den Bädern und zog mich aus. Ich hatte keine Zeit mehr, richtig zu baden und so hielt ich nur meine Arme bis zu den Ellbogen ins Wasser, um alle Spuren von Blut abzuwaschen. So schnell ich konnte, zog ich mir meine alten Kleider wieder an, rollte das Bündel mitsamt meinem

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