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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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bevor Octavian meinen Bruder auf den Scheiterhaufen wirft.«
    Juba nickte und ich schloss vor Erleichterung die Augen.
    Im ersten Licht des Tages machte sich Juba auf den Weg, um all die Dinge zu besorgen, die ich brauchte. Er wirkte noch immer nicht besonders glücklich dabei. Ich ging vor Ptolis Leichnam auf und ab und dachte angestrengt nach. Ich musste in den Stunden kurz vor Sonnenaufgang in die Nähe von Octavians Schlafgemach kommen, um das Ritual ausführen zu können. Aber wie konnte ich das anstellen, ohne von ihm oder Thyrsus entdeckt zu werden?
    Mein Blick fiel auf den niedrigen Holztisch neben meinem Bruder, auf dem zwei volle Becher mit Mohnsamentee standen. Livia hatte nach Ptolis Tod ihren Iatros angewiesen, sie für uns zuzubereiten, aber ich hatte meinen zur Seite gestellt und auch Alexandros überredet, den seinen nicht anzurühren. Und da kein Diener es wagte, diese »Kammer des Todes« zu betreten, wusste keiner, dass wir das Schlafmittel zu unserer freien Verfügung hatten.
    Ich lächelte.
    Im Verlauf des Tages beobachtete Alexandros mein manisches Hin- und Hertigern mit fragenden Blicken, doch er sagte nichts. Meistens schien er ohnehin in Gedanken verloren, starrte ins Nichts, schwieg, und wich, genau wie ich, nicht von Ptolis Seite.
    Als es an diesem Abend dunkel wurde, nickte Zosima mir zu und nahm die beiden Becher mit Mohnsamentee an sich. Sie sollte sich in den Dienstboten-Flügel schleichen und den Schlaftrunk in Octavians und Thyrsus’ Kelche mischen, aus denen sie jeden Abend ihren Wein tranken.
    Ich wartete auf Juba. Er betrat die Kammer genau wie am Abend zuvor, aber diesmal hatte er noch zwei weitere Matten dabei – eine für mich und eine für sich selbst.
    »Willst du heute Nacht wieder hier schlafen?«, fragte ich überrascht.
    »Ich fühle mich dazu verpflichtete«, sagte er düster. »Etwas sagt mir, dass du vielleicht meinen Schutz brauchen wirst.«
    Als Alexandros schließlich eingeschlafen war, flüsterte Juba mir zu. »Mein Diener hat alles beschafft, was du haben wolltest. Du findest die Sachen hinter dem Oleanderbusch neben dem kleinen Brunnen im alten Garten.«
    Ptolis Ka erschien mir, als ich einschlummerte. Er streckte die Arme zu mir hoch, aber als ich zu ihm ging, um ihn hochzunehmen, verschwand er. Ich muss wohl im Schlaf geweint haben, denn ich fuhr hoch und rang nach Luft. Aber der Besuch von Ptolis Ka bestärkte mich nur noch in meinem Vorhaben.
    Mitten in der Nacht schlich ich mich aus dem Raum, wässriges Mondlicht leuchtete mir den Weg zu den Bädern, wo die Heizer bald damit beginnen würden, die großen Feuer des Hypocaustums anzufachen, die uns mit warmem Wasser versorgten. Mit zitternden Händen schlich ich in den höhlengleichen Marmorraum, zog mich aus und ließ mich ins kühle Wasser gleiten. Ich konnte mich jetzt nicht so reinigen, wie Amunet und ich es im Tempel der Isis getan hatten, aber es musste genügen.
    Zitternd kletterte ich hinaus und zog die weiße Leinentunika an, die Zosima für mich bereitgelegt hatte. Sie blieb an meinem noch feuchten Körper kleben. Bei den Göttern, warum hatte ich nicht daran gedachte, sie auch um ein Handtuch zu bitten! Der Stoff spannte sich über meiner neuerdings gerundeten Brust und Hüfte. Wann war dieses Gewand mir zu klein geworden?
    Blind tastete ich über den Boden, bis ich auf die scharfe Kante des Dolches stieß, den Zosima auf meine Anweisung hin hierhergebracht hatte. Es war Mutters Dolch, von dem Katep behauptet hatte, dass sie ihn gegen sich hatte richten wollen, bevor man sie gefangengenommen hatte. Aber ich wusste es besser. Sie hatte versucht ihn gegen ihren Angreifer zu richten und ich würde dasselbe tun, wenn man mich erwischte. Als meine Finger über den kühlen Lapislazuli-Griff strichen, ließ ich meinen Atem langsam entweichen, den ich, ohne es zu merken, angehalten hatte. Ich verbarg den Dolch hinter meinem breiten Gürtel und probierte mehrmals aus, ihn rasch herauszuziehen.
    Ich fand die Amphore aus Ton, die mit einer schwarzen Flüssigkeit gefüllt war, unter dem Oleanderbusch. Ich steckte meine Nase in das Tongefäß. Ja, Blut. Aber wo waren der Stoßzahn aus Elfenbein und der Pinsel aus Ziegenhaar?
    Ich tastete in der Dunkelheit herum und fand zwei Bündel. Das kleine enthielt das Elfenbein und den Pinsel. Das andere fühlte sich nass und schwer an. Als ich es öffnete, um im Licht von Mond und Sternen hineinzuschauen, hätte ich beinahe aufgeschrien.
    Der Kopf des schwarzen Hundes!

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