Mondmädchen
Blick auf Brusthöhe geblieben war.
»Nein. Nein. Das hier ist nicht das Mädchen.«
Octavian spuckte mir vor die Füße und knurrte.
Juba trat zwischen mich und den Wachmann. »Was ist denn geschehen, Caesar?«, fragte er. »Du gibst mir Grund zur Besorgnis.«
Aber noch bevor Octavian antworten konnte, warf der Wachmann in seinem gebrochenen Latein ein: »Herr, die Hure hat gesagt, sie hätte … also … sie hätte ihre monatliche Blutung bekommen, also könnten wir vielleicht nach allen jungen Frauen suchen, die, also, die … ihre Blut…«
Octavian starrte zu dem Wachmann hinauf. Es verging ein Augenblick und der Mann schluckte. Octavian wandte sich an Juba und sagte auf Griechisch: »Bitte sag mir, dass mein Wachmann nicht so blöd ist, Juba. Das brauche ich jetzt wirklich. Auch wenn es von vorne bis hinten gelogen ist.«
Juba räusperte sich nervös.
Octavian blickte wieder zu dem großäugigen Riesen und bewegte den Nacken, so als wäre dort etwas eingeklemmt. »Die Geschichte von ihrer Monatsblutung war ein Trick«, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen auf Lateinisch hervor. »So hat sie dich dazu gebracht, sie durchzulassen, als sie blutbefleckt meine Kammer verlassen hat, du blöder Ochse!«
Dann sagte er wieder auf Griechisch zu Juba: »Bring ihn hier weg und lass ihn vom Aufseher meiner Wachen bestrafen. Auspeitschen, kreuzigen, hängen, es ist mir egal. Schaff ihn mir einfach aus den Augen.«
Juba zögerte und warf mir einen besorgten Blick zu. Aber er hatte keine andere Wahl. »Komm«, sagte er auf Lateinisch zu dem Wachmann. »Caesar befiehlt dir, mir zu folgen.« Der Mann, der sein Todesurteil nicht verstanden hatte, folgte Juba bereitwillig aus der Kammer.
Octavian sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Du hattest etwas damit zu tun, das weiß ich genau.«
»Womit denn?«, fragte Alexandros.
»Ich habe keine Ahnung, wovon er redet«, sagte ich zu Alexandros und war froh, dass meine Stimme so belegt und rau klang, weil ich mich in den Schlaf geweint hatte. Ohne Jubas Anwesenheit fühlte ich mich verletzlicher; selbst der Raum wirkte dunkler, als hätten schwere Wolken soeben die Sonne verdüstert.
»Wir … wir haben uns nicht von Ptolis Seite gerührt, seit … seit er gestorben ist«, sagte mein Zwillingsbruder. »Was ist geschehen?«
Octavian warf einen Blick zu Ptolis Leichnam hinüber und dann zu dem Lager neben der Tür, auf dem Juba geschlafen hatte. Ich merkte, wie der Zweifel sich durch seine Gedanken fraß. Juba hatte gesagt, er hätte uns die ganze Nacht unter Beobachtung gehabt, und die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit des jungen Numiders hatte noch niemand infrage gestellt. Sein Wort galt mehr als alles, was einer von uns hätte vorbringen können.
Was letztlich, wie er hoffentlich erkannte, nur eine Möglichkeit zuließ – dass nämlich der Gott Anubis ihm tatsächlich eine Botschaft überbracht hatte. Ein leises Donnergrollen ertönte über uns, als hätte der Gott selbst gesprochen. Vielleicht war die plötzliche Düsternis doch von aufziehenden Wolken hervorgerufen worden. Wenn ja, dann betete ich um einen Blitz. Seitdem Octavian einmal vor vielen Jahren fast vom Blitz getroffen worden war, fürchtete er sich über die Maßen vor Gewitter. Ich dankte der Göttin, dass sie genau in diesem Augenblick eines sandte, obwohl Gewitter um diese Jahreszeit nichts Ungewöhnliches waren.
Die Furcht schien von Octavian schmächtiger Brust abzustrahlen wie dampfender Schweiß bei einem Pferd, das in der Kälte schnell gallopiert ist. Ein weiteres entferntes Grollen ließ den Knubbel in seiner Kehle auf und ab hüpfen. »Ich werde keinen weiteren Augenblick auf diesen Unsinn hier vergeuden. Mir ist egal, was du tust. Von mir aus, rufe deine Hundepriester herbei, so oft du willst. Aber keiner von euren barbarischen Bräuchen darf auch nur irgendwo in der Nähe meines Anwesens und auch nicht innerhalb der Stadtgrenzen von Rom ausgeübt werden, hast du gehört? Keiner!«
Und damit machte der Beherrscher der Welt auf dem Absatz kehrt und eilte davon.
Mit seiner Front aus dorischen Säulen und dem mit Figuren geschmückten Giebel wirkte der Isistempel bei Capua eher wie ein Tempel der Athene. Aber sobald wir die Schwelle überschritten hatten, war es, als hätten wir ägyptischen Boden betreten. Lotossäulen in leuchtenden Farben ragten hier in die Höhe, traditionell gewandete Priester und Priesterinnen sprachen über Schalen mit Räucherwerk ihre Gebete und ließen
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