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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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beinahe im Flüsterton. »Ich hätte gedacht, du wärst klug genug, Jubas Angebot anzunehmen. Schließlich wird man ihn bald zum König von Numidien ernennen.«
    Ich schluckte. Woher wusste sie von seinem Angebot? Dann erst wurde mir die volle Bedeutung ihrer Worte klar. »Hat Octavian ihn zum König gemacht?«
    Sie neigte den Kopf ganz leicht. »Ich habe auch seine Briefe abgefangen, aber ich dachte, du hättest es vielleicht trotzdem gehört. Ja, Caesar hat Juba zum Vasallenkönig von Numidien ernannt, obwohl es noch nicht offiziell verkündet wurde. Ein genialer Schachzug, wirklich.«
    Ich starrte sie an und schnappte nach Luft – nicht nur vor Zorn über ihre Einmischung, sondern auch vor Erstaunen darüber, dass Juba es wirklich geschafft hatte. Ein Teil von mir hatte immer befürchtet, dass er nicht die innere Kraft hätte, seine eigenen Ziele bei Octavian durchzusetzen. Und jetzt hatte er es doch geschafft! Er hatte es geschafft!
    »Juba erwähnt Marcellus ebenfalls und deswegen habe ich auch seine Briefe behalten. Wirklich, Selene, du hast nichts anbrennen lassen. Aber ich versuche Juba zu schützen. Wenn Caesar erfährt, dass er von dir und Marcellus wusste und diese Informationen nicht weitergegeben hat, dann wäre er, so fürchte ich, seine neu gewonnene Regentschaft gleich wieder los. Ich habe unseren neuen König von Numidien schon immer sehr gemocht.«
    Als ich nicht reagierte, beugte sie sich auf ihrem Stuhl nach vorn und hielt dabei die Armlehnen umklammert, die die Form von Papyruspflanzen hatten. »Deswegen frage ich dich noch einmal, Selene: Was hast du mit Marcellus vor?«
    »Marcellus hat mir nachgestellt«, sagte ich und versuchte, wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen.
    »Marcellus stellt allem nach, was zwei Beine hat«, murmelte sie. »Wie auch immer, er scheint jedenfalls Pläne für euch zu haben. Für eure Zukunft. Ich finde das sehr erstaunlich. Wer hat ihn denn auf die Idee gebracht?«
    Ich schwieg. Nach einer langen Weile, sagte sie schließlich: »Dir ist schon klar, wenn Caesar davon erfährt, dann wird er …«
    »Mich töten.« Und wir wissen beide, dass es durch deine Hand geschehen wird , dachte ich. Aber ich sagte nichts dergleichen. Es hatte keinen Sinn, sie noch weiter zu reizen. Schließlich fragte ich. »Weiß er Bescheid?«
    »Nein. Aber ich mache mir Sorgen wegen Marcellus’ Mangel an Vorsicht, indem er dir von seinen Plänen schreibt. Es zeigt eine gewisse Charakterschwäche, eine Naivität, wenn du so willst.«
    »Im Gegensatz zu Tiberius, der, wie wir beide wissen, sehr viel durchtriebener ist.«
    Sie schwieg. »Ich würde nicht das Wort ›durchtrieben‹ für meinen ältesten Sohn benutzen. Das Wort, das ich verwenden würde, wäre ›schlau‹. Eine Art von Intelligenz, die dem Römischen Reich weit nützlicher wäre als unbedarfte Dummheit, findest du nicht auch?«
    Ich spürte, wie die Kraft ihres Ehrgeizes und ihre Stärke die Luft um mich herum vibrieren ließ. Livia konnte es nicht ertragen, dass ihr Ehemann Marcellus zu seinem Nachfolger ernannt hatte anstelle ihres Erstgeborenen, Tiberius. Das war klar. Aber wie weit würde sie gehen, um ihre Ziele zu erreichen? Und wie würde sie das, was sie nun wusste, einsetzen, um diese Situation zugunsten ihres Sohnes auszunutzen? Sie besaß jetzt zwei Informationen, die tödliche Folgen für uns haben konnten – Alexandros’ Verhältnis mit Julia und meine Hoffnungen auf eine Verbindung mit Marcellus.
    Livia fuhr mit ihren polierten Fingernägeln über den Korb mit den Briefen. »Ich habe überlegt, ob ich Octavian von Marcellus’ Zuneigung zu dir erzählen sollte oder ob ich es ihn selbst herausfinden lasse.«
    Ich spürte, wie mein Herz unregelmäßig pochte. »Und warum hast du es ihm nicht erzählt?«, fragte ich. »Dann wärst du uns endlich los.«
    Livia blinzelte. »Ich habe nicht das Bedürfnis, euch loszuwerden«, sagte sie. »Im Gegenteil, ich habe alles getan, um euch zu schützen! Ganz gleich, was du vielleicht denkst, Selene, ich habe deine Mutter bewundert. Ich vermute sogar, dass sie und ich uns ganz wunderbar verstanden hätten.«
    Wut kochte in mir hoch. Wie konnte sie es wagen, so zu tun, als hätte sie nicht mindestens einmal versucht, uns ermorden zu lassen? Und wie konnte sie annehmen, sie und meine Mutter hätten Gemeinsamkeiten? Mutter hätte sie mit einem einzigen Blick vernichtet.
    »Um deine Frage zu beantworten: Ich habe meinem Ehemann nichts von Marcellus’ Leidenschaft für

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