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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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Kopf. »Unser feierliches Versprechen ist nie durch die Priesterinnen vollzogen wurden, falls du dich erinnerst. Damit sollten wir bis zu unserer ersten Blutung warten. Tata sagt, dass ich kein heiliges Gesetz breche, wenn ich dich jetzt verlasse.«
    Meine Gedanken wirbelten wild umher. Stimmte es wirklich? Waren Mutter und Vater tatsächlich im Begriff, den Krieg zu verlieren? Ich wusste, dass sie schon seit geraumer Zeit in Actium festsaßen, aber ich hatte nie daran gezweifelt, dass sie noch alles zum Guten wenden würden. Wusste Euginias Vater etwas, das ich nicht wusste?
    »Und was ist … was ist, wenn ich dir befehle zu bleiben?«, fragte ich und hob das Kinn. »Das kann ich tun.«
    Euginias große Augen füllten sich mit Tränen.
    »Du würdest dich mir widersetzen?«, fragte ich erschüttert.
    »Nein. Es ist nur … ich … ich kann mich auch meinem Vater nicht widersetzen«, sagte sie. »Wenn ich nicht freiwillig komme, wird er Wachen schicken, die mich hier wegholen.«
    »Aber das ist unerhört!«, rief ich. »Unsere Palastwachen würden dich beschützen! Wenn ich den Befehl erteilte, würden sie die Wachen deines Vaters nicht einmal hereinlassen.«
    »Mein Vater hat das bereits mit König Caesarion geklärt. Eure Wachen werden sich zurückhalten.«
    Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Aber warum? Und was hat Caesarion mit dieser Sache zu tun?«
    »Weil Vater dem König erklärt hat, dass er Panik am gesamten Hof und in der Stadt verbreiten wird, falls er uns nicht gestattet, uns heimlich aus Alexandria zu entfernen. Dann wissen alle, was in Actium wirklich vor sich geht. Du siehst also, wir haben keine andere Wahl. Ich muss gehen.«
    Ich bekam kaum noch Luft, während ich die Bedeutung ihrer Worte in mich aufnahm.
    »Ich will nicht, dass du gehst«, sagte ich und senkte meine Stimme fast zu einem Flüstern.
    »Auch ich will nicht gehen«, sagte Euginia. »Aber … aber, wenn das alles hier vorbei ist, wenn die Königin im Triumph zurückkehrt, dann werde ich dir wieder als deine Hofdame dienen. Dann wird uns nach dem Gesetz von Isis und Horus nichts mehr trennen. Das ist ein Versprechen.«
    »Ich verlasse mich darauf, Schwester«, sagte ich mit zusammengeschnürter Kehle. Und so nahmen die Ereignisse, in deren Verlauf ich alle verlieren sollte, die ich je geliebt hatte, ihren Anfang.
    Kurze Zeit später kehrte Mutter aus Actium zurück. Sie schmückte ihr Flaggschiff mit Siegesfahnen und befahl ihren Musikern, laute Triumphmärsche zu blasen, als sie sich dem königlichen Hafen näherte. Ganz Alexandria jubelte, weil die Königin im Triumph zurückkehrte.
    Aber es dauerte nicht lange, bis alle wussten, dass das alles nur eine Täuschung gewesen war. Mutter hatte in Actium nicht »gewonnen«; sie hatte nur die Blockade des Feindes durchbrochen. Vater war bei ihr gewesen, dann aber nach Libyen gesegelt, um dort seine Legionen aufzustellen, damit sie sich zu Land dem Feind entgegenstellen konnten. Wir erfuhren – gemeinsam mit dem restlichen Alexandria – erst von Mutters Schachzug, als sie Verräter exekutieren ließ, die heimlich oder sogar offen Octavian unterstützt hatten. Später erfuhr ich, dass auch Euginias Vater zu den Exekutierten gehört hatte.
    Aber ich war so dankbar, dass Mutter unversehrt zurückgekehrt war, dass ich es nicht infrage stellte, ob sie ihre politischen Feinde zu Recht eliminierte – und auch nicht, ob der Versuch von Euginias Vater, seine Familie in Sicherheit zu bringen, wirklich Verrat gewesen war. Ich betete nur, dass Euginia selbst in Sicherheit war, und dachte ständig daran, dass ich sie, sobald das alles vorbei war, finden und zu mir holen würde, damit sie meine Hofdame werden konnte.
    Eines Nachts ging ich wieder einmal in die Gemächer meiner Mutter. Sie brütete über einem unordentlichen Haufen von Schriftrollen, sodass ich mit Hekate spielte. Das grünäugige Tier schien in Mutters langer Abwesenheit fast wild geworden zu sein. Sie war überhaupt nicht an der Pfauenfeder interessiert, die ich vor ihrem Gesicht hin und her bewegte, sondern hatte nur Augen für Mutters bloße Knöchel. Hekate duckte sich hinter den glänzenden Perlmuttparavent gegenüber von Mutters Schreibtisch, spannte die Hinterläufe an – mit zuckendem Schwanz – und sprang.
    Mutter schrie auf, als Hekate sie biss und blitzschnell mit der Pfote zuschlug, bevor sie in wilder Jagd über den Fußboden aus Marmor und Onyx schlitterte und im Vorzimmer verschwand.
    Wütend sprang Mutter aus

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