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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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irgendeiner Weise berührt?«, rief er mit lauter Stimme.
    »N-nein. Ich glaube nicht.«
    »Nun, dennoch müssen wir deinen Körper zur Vorsicht reinigen.«
    »Keine Blutegel!«, stöhnte ich auf. Diese Behandlung hasste ich! Ich erschauderte schon beim Gedanken daran.
    »Nein, etwas, das viel schneller wirkt. Ein Brechmittel oder Abführmittel. Eigentlich beides.« Als Olympus meinen Gesichtsausdruck bemerkte, fügte er hinzu. »Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Deine Mutter war sehr bestimmt in dieser Hinsicht. Sie will ganz sicher sein, dass sich nicht einmal ein Atomos des Giftes in deinem Körper eingenistet hat.«
    Ich war ein wenig erleichtert, dass Mutter doch so besorgt um mich war, dass sie ihren geliebten Leibarzt aus dem Bett holen ließ. »Ich schwöre. Kein Wein hat meine Lippen berührt!«
    Olympus achtete gar nicht auf mich. »Mach den Mund auf und lass mich deinen Atem riechen«, sagte er. Ich gehorchte. Er runzelte die Stirn und murmelte etwas über Körpersäfte.
    »Was war es für ein Gift?«, wollte Zosima wissen.
    »Ich bin nicht sicher. Ich konnte es am Geruch des Bechers nicht erkennen. Als Nächstes werde ich den Jungen untersuchen, um zu sehen, was ich aus der Art seines Todes entnehmen kann.«
    Ich schauderte. Er wandte sich wieder mir zu und tätschelte mein Knie. »Tja, es tut mir leid, mein Kind. Du wirst jetzt gleich eine ziemlich unangenehme Erfahrung machen.« Er schaute Zosima an. »Nun, eigentlich sollte ich mich eher bei dir entschuldigen, nicht wahr?«
    Schon bald nachdem ich Olympus’ Reinigungstrank eingenommen hatte, wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass ich an dem vergifteten Wein gestorben wäre. Wenigstens wäre es dann schnell vorbei gewesen. Der Trank wirkte sowohl in meinem Magen als auch in meinem Darm. Ob es die Behandlung des Leibarztes war oder das Gift oder eine Mischung aus beidem, jedenfalls wurde ich als Reaktion auf die Medizin in einen todesähnlichen Schlaf versetzt.
    Meine Ba -Seele begab sich an seltsame Orte. Einmal fand ich mich alleine im Soma, dem heiligen Grab Alexanders des Großen. Eine Fackel brannte und ich sah Amut, den Zerstörer. Der krokodilköpfige, löwenbäuchige, nilpferdfüßige Dämon blickte mich lauernd von der anderen Seite des Raumes her an, seine scharfen Zähne waren rot gefleckt und tropften. Amut, so viel wusste ich, verschlang die Herzen der Verdammten und hinderte sie so daran, in die ewige Nachwelt einzugehen, wo sie mit allen vereint sein würden, die sie einst geliebt hatten.
    »Ist das der vergiftete Wein?«, fragte ich, während aus seinem Maul die rote Flüssigkeit in dicken, klebrigen Rinnsalen troff.
    Der Dämon gluckste auf unangenehm knurrende Weise. »Nein, kleine Königin, das ist die Spucke, die mir im Mund zusammenläuft.« Aus seinem Maul kam ein derart widerwärtiger Verwesungsgeruch, dass ich würgen und mich übergeben musste.
    Auf einer weiteren Traumreise lag ich auf dem Steinboden der Gräber all meiner Vorfahren. Die kühle Luft roch nach Staub und Vergängnis und ich fröstelte. Ich blickte auf und sah Anubis, dessen schwarzes Fell glänzte, die goldenen Spitzen seiner Ohren zuckten. Hatte ich ihn gerufen? Aber ich konnte mich nicht daran erinnern, Amunets Beschwörung benutzt zu haben.
    Ich stellte fest, dass ich keine Angst hatte, während ich zu dem Schakalkopf des erhaben glänzenden Gottes emporsah. Er war so schön, dass ich ihn, wie mir klar wurde, sogar anlächelte. Aber mir gefror das Blut in den Adern, als ich aus der Dunkelheit hinter ihm Amut auftauchen sah.
    Anubis blickte zu mir hinab. »Ach, du arme Kleine«, sagte er. »Aus deinem Geschlecht von Königen werden bald viele hierherkommen.«
    Voller Angst setzte ich mich auf. »Was meinst du? Was sagst du da?«, flehte ich und meine Stimme hallte in der dunklen, höhlenartigen Grabkammer wider.
    Amut grinste. »Ach, ts, ts«, knurrte das Monster. »Du wagst es, einen Gott zu befragen. Wo bleibt dein Respekt? Jetzt bekomme ich sicher auch dein Herz.« Er schmatzte und leckte sich die Lippen.
    Ich legte die Hände über mein Herz. »Nein! Das kannst du nicht haben! Ich habe nichts Falsches getan. Und ich bin nicht tot!« Aber war ich mir da so sicher? Vielleicht war meine Ba -Seele tatsächlich in das Land des Westens geflohen.
    »Man ruft mich«, murmelte Anubis und hob die Schnauze in die Luft.
    »Lass mich nicht allein«, rief ich. In der Gegenwart des Totengottes fühlte ich mich sicher. Amut war es, der mir Angst

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