Mondmädchen
hatte angedeutet, sie hätte ein geheimes Abkommen mit Octavia getroffen. Aber natürlich wollte er sich auch diese Idee selbst zuschreiben.
»Bitte richtet meiner liebenswerten und treuen Schwester meine Grüße aus«, fuhr er fort. »Es wird vielleicht noch Monate dauern, bevor meine Verpflichtungen hier es zulassen, dass ich nach Rom zurückkehre …«
Ja , dachte ich, s ich die gesamten Reichtümer Ägyptens unter den Nagel zu reißen, braucht schon seine Zeit.
»Aus mir völlig unverständlichen Gründen«, fuhr er fort, während er hin und her ging, »hat Octavia euren Vater wirklich geliebt. Meine Schwester ist ein Vorbild für alle römischen Frauen.« Er blieb vor mir stehen. »Freundlich, tugendhaft, schön, treu. Ihr werdet ihr keinen Schmerz zufügen, in dem ihr über das Verhältnis eures Vaters mit der Königin sprecht, verstanden?«
Ich blickte stur geradeaus.
»Verstanden?«
Ich nickte.
»Gut.«
Ich spürte seinen starren Blick, während mein Herz für einen Schlag aussetzte. Dann fügte er hinzu: »Und noch eines: So unklug es ist, sich Caesar zu widersetzen, umso unklüger ist es, sich Caesars Gemahlin zu widersetzen.«
Ich warf einen kurzen Blick zu ihm hinüber und merkte, dass er mich noch immer beobachtete. »Ja«, fuhr er fort. »Ich übertrage Livia Drusilla die volle Verfügungsgewalt über meinen gesamten Besitz, während ich fort bin. Und jetzt schließt das auch euch drei mit ein.«
Sollte das eine Art Warnung sein? Ich versuchte, ein ungerührtes Gesicht zu machen, aber innerlich stieg die Sorge in mir hoch.
Er schien meine wachsende Angst zu spüren, denn auf seinem Gesicht breitete sich langsam ein bösartiges Lächeln aus wie von Amut, dem Zerstörer. »Genießt einen letzten Blick auf euer schönes Alexandria bei der Abfahrt«, sagte er schließlich und wandte sich zum Gehen. »Ihr werdet es nie wiedersehen. Ich habe die Sänftenträger angewiesen, euch auf dem Weg zum Hafen der guten Wiederkehr am Caesareum vorbeizutragen, damit ihr euch verabschieden könnt.« Er lächelte uns vielsagend zu und ging hinaus.
Als wir später die Palastgärten durchquerten – nun braun und verdorrt, da die Römer die kostbaren Blumen zertrampelt und vernachlässigt hatten –, dachte ich wieder über das nach, was Amunet mir während der Krönung gesagt hatte. Stimmte es? Würden Mutters Getreue in Rom uns wirklich helfen, damit wir zurückkehren konnten? Sie hatte gesagt, dass jemand erscheinen würde, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war. Ich sollte geduldig sein und auf Isis vertrauen. Das konnte ich. Ich würde weder sie – noch Mutter – enttäuschen.
Als wir aus dem Palastbereich herauskamen, zogen die Sänftenträger die schweren Leinenvorhänge auf beiden Seiten der Sänfte zu. Hatte man ihnen das befohlen? Ich schaute zu Alexandros hinüber. Er zuckte die Schultern. Es wurde heiß und stickig. Ich streckte die Hand aus, um die Vorhänge wieder zu öffnen, doch gleich schoss die Hand des Trägers auf der anderen Seite des Stoffes nach oben, um mir Einhalt zu gebieten.
»Uns ist heiß!«, beschwerte ich mich.
»Es muss so bleiben«, sagte der Träger. »Zu … zu eurer eigenen Sicherheit.«
Wieder wechselte ich einen Blick mit Alexandros. Das ergab keinen Sinn. Außerdem wollte ich einen letzten Blick auf unsere geliebte Stadt werfen. Erst später sollte ich den Trägern für ihre Freundlichkeit dankbar sein, denn auf dem Weg zum Handelshafen hörten wir vielfältige und seltsame Klagelaute und Rufe.
Ptoli machte große Augen. Er fing an, vor und zurück zu schaukeln. »Nein, nein, nein, nein …«, murmelte er. »Keine Geister mehr, keine Geister mehr.«
Ich berührte Ptolis Schulter und versuchte, sein Schaukeln zu unterbrechen. »Das sind nur die Diener, die sich beklagen, weil sie alle unsere Sachen zum Hafen schleppen müssen«, sagte ich. »Das ist alles. Wir haben viel Gepäck und es ist sehr schwer.« Das stimmte – Octavian hatte uns keine Anweisungen gegeben, was wir packen sollten, und so hatten die Diener fast alles zusammengesucht, was uns gehörte, einschließlich unserer Kleidung und Schmuck. Zosima hatte sogar einige Kleider meiner Mutter, Schmuckstücke und Schminke mitgenommen, da sie wusste, wie viel mir diese Dinge bedeuten würden.
Ptoli hörte auf zu schaukeln und schaute mir in die Augen – in dem geradezu verzweifelten Bemühen, meiner Erklärung Glauben zu schenken.
»Wirklich«, sagte ich mit einem Lächeln. »Wir haben den Dienern zu viel
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