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Mondmädchen

Mondmädchen

Titel: Mondmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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bei dem Gedanken, von meinen Brüdern getrennt oder gar verkauft zu werden. Zugleich bedauerte ich, dass wir so behütet aufgewachsen waren. Wir besaßen nicht die nötigen Fähigkeiten, um in den Straßen Roms zu überleben. Alexandros hatte recht. Solange Octavia und Juba zwischen uns und Livia und Octavian standen, hatten wir inmitten unserer Feinde die besten Chancen zu überleben.
    Wegen der chaotischen Zustände nach den Feierlichkeiten in der ganzen Stadt kam Juba erst bei Sonnenaufgang des nächsten Tages, um uns zu holen. Er war aufgebracht über das »Missverständnis« unserer Beinahe-Hinrichtung und ließ uns in einer Sänfte umgeben von Wachen nach Hause bringen.
    Zosima weinte fast vor Erleichterung, als sie uns sah. Die erschöpft aussehende Octavia neben ihr wirkte wie benommen. Zosima warf die Arme um mich und ich konnte ein Stöhnen angesichts des Schmerzes in meiner Schulter nicht unterdrücken.
    »Was ist passiert, Kind? Bist du verletzt?«, fragte sie.
    Ich machte den Mund auf, um zu antworten, doch alle Luft wich aus meinen Lungen, als ich bemerkte, dass uns jemand von Atrium aus beobachtete. Bei den Göttern! Livia! Wie wütend musste sie sein, dass ihr Plan uns loszuwerden, fehlgeschlagen war. Was würde sie jetzt mit uns machen?
    »Kleopatra Selene?«, fragte Zosima.
    »Ich bin gefallen«, flüsterte ich.
    »Der böse Mann hatte sie gepackt!«, rief Ptoli. »Und ich habe ihn gegen den Kopf getreten!«
    »Was?«, fragten Zosima und Juba gleichzeitig. »Wer …?«
    »Der Mann wollte machen, dass sie keine Jungfrau mehr ist, damit sie sie hinrichten konnten!«, sagte er. »Aber ich habe ihn aufgehalten!« Er spielte den Tritt mit Schwung nach. »Ich habe uns gerettet!«
    Alle machten ein entsetztes Gesicht und ich fügte hinzu. »Das stimmt, Ptoli. Du und Alexandros habt verhindert, dass er mir wehtut, und dann konnten wir fliehen.«
    Wieder schaute ich zum Atrium hinüber. Livia war verschwunden.
    »Oh, wie mutig von dir«, sagte Octavia zu Ptoli, während ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Sie kniete sich vor ihn. »Die Götter haben gesprochen. Sie haben dich für mich bewahrt, mein kleiner Marcus.«
    Kleiner Marcus ? Ich starrte sie mit offenem Mund an, als Ptoli sich in ihre Arme warf. Sie umarmte ihn fest. »Mein kleiner Marcus«, flüsterte sie immer und immer wieder. »Es tut mir so leid.«
    Ptoli schmiegte sich in ihre Arme wie ein Kätzchen, das nach der Zitze seiner Mutter sucht. »Mein armer, kleiner Liebling«, schniefte Octavia. Sie hob ihn hoch und ging in ihre Gemächer, wobei sie ihm süße Worte ins Ohr flüsterte.
    »Kommt«, flüsterte Zosima Alexandros und mir zu und führte uns zu unseren Kammern. »Wir wollen sehen, wie wir euch wieder sauber bekommen.«
    In jener Nacht konnte ich immer nur an Ptoli denken. Würde er Albträume haben nach den schrecklichen Erlebnissen während des Triumphzuges? Konnte Alexandros ihn trösten? Mitten in der Nacht erhob ich mich und schlich in ihr Cubiculum , um nach ihm zu sehen. Entsetzt musste ich feststellen, dass seine Schlafmatte leer war.
    Ich rüttelte Alexandros an der Schulter. »Wach auf! Wo ist Ptoli? Wo steckt er?«
    Es war immer schwer, Alexandros mitten in der Nacht aufzuwecken. »Wa …?«
    »Ptoli! Wo steckt er?«
    »Oh«, nuschelte er »… Octavia.«
    »Was?«
    »Hat gesagt, er hat vielleicht Angst … besser, dass der kleine Marcus … bei ihr bleibt.«
    Schon wieder der »kleine Marcus«. Warum nannte sie ihn plötzlich bei Tatas Namen? Und warum sollte Ptoli in Octavias Kammer schlafen wie ein Kleinkind, wenn er sonst behauptete, er wäre zu groß, um bei mir in meinem Cubiculum zu schlafen?
    Doch der Gedanke, der mich schließlich zum Zittern brachte, war folgender: Sie nahm ihn mir weg. Ich wusste, dass das nicht stimmte – mein kleiner Bruder »gehörte« mir schließlich nicht –, aber in meinem Herzen fühlte es sich anders an.
    Lange Zeit stand ich wie erstarrt im Zimmer meiner Brüder, denn als ich mich schließlich zum Gehen wandte, färbte sich der Himmel schon rot von der aufgehenden Sonne. Langsam ging ich durch den Garten und versuchte das alles durchdringende Gefühl von Angst und Verlust zu begreifen. Auf wie viele Arten, so fragte ich mich, wollten die Götter mir noch die Menschen rauben, die ich liebte.
~  Kapitel 24  ~
    In dem Jahr, welches das 23. Jahr
der Regentschaft meiner Mutter gewesen wäre
In meinem 13. Jahr
28 v.d.Z.
    In den folgenden Monaten stellte ich erleichtert fest, dass

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