Mondnacht - Mordnacht
Es war so viel zu tun, und es soll uns beiden doch weiterhin gutgehen wie bisher, nicht wahr?«
»Ja, Mummy.«
»So, und jetzt werden wir uns etwas Tolles kochen. Das hatte ich dir versprochen.«
»Nudeln?«
»Genau.«
»Toll. Auch mit deiner Soße?«
»Aber sicher.«
»Klasse.«
Simone freute sich. Sie klatschte in die Hände, sie tanzte, und ihr himmelblaues Kleid sah dabei wunderschön aus. Dinah gefiel das Benehmen ihres Kindes. Daß es überhaupt nicht natürlich war, daran wollte sie nicht denken, obwohl es ihr hin und wieder in den Sinn gekommen war, aber sie schob diesen Gedanken weit von sich und redete sich ein, daß ihre Tochter ein normales Kind war.
Beide gingen in die Küche. Simone half ihrer Mutter beim Kochen. Sie machte sich immer nützlich. Sie war einfach weiter als die anderen Kinder, und sie konnte auch schon rechnen und lesen. Das hatte sie sich selbst beigebracht.
Dinah Hutton war stolz auf ihre Tochter, obgleich sie sich hin und wieder vor ihr fürchtete, weil das Mädchen eben nicht so reagierte wie andere Kinder.
Das alles war ihr im Endeffekt egal. Mutter und Tochter hatten sich ihr eigenes Leben aufgebaut, und Dinah ging davon aus, daß Simone später einmal Karriere machen würde.
Beide deckten den Tisch im Wohnraum. Er war geräumig genug, um auch ihm Platz zu lassen. Simone hatte frische Blumen gekauft, wie es ihr aufgetragen war, und der bunte Strauß bildete den Mittelpunkt des Tischs.
Die Nudeln waren gar. Bißfest, überhaupt nicht weich und labberig. Die Soße schmeckte ebenfalls, das hatten beide schon probiert, doch bevor sie aßen, prosteten sie sich zu. Dinah mit Rotwein, Simone mit Apfelsaft.
»Auf daß es dir auch weiterhin gutgeht in deinem wunderbaren Leben«, formulierte Dinah den Trinkspruch.
»Danke, Mummy. Du bist die Beste von allen. Ich werde dich nie im Stich lassen.«
»Ach, das sagst du jetzt!«
»Es stimmt. Das ist ein Versprechen.« In Simones Augen blitzte es auf, und wieder wunderte sich Dinah darüber, daß ein Kind sie so anschauen konnte. Das war kein kindlicher Blick mehr, sondern der einer Erwachsenen. Und das war wieder der Moment, in dem sie so etwas wie Furcht vor ihrer eigenen Tochter bekam, aber sie sagte nichts, lächelte verkrampft, nickte und trank.
»Jetzt aber ans Essen«, sagte sie.
Simone bekam als erste die Nudeln auf den Teller gehäuft. Es folgte die Soße, und Dinah freute sich darüber, wie sehr ihrer Tochter das Essen schmeckte.
Auch einen Nachschlag nahm sie noch, und zum Dessert gab es Vanilleeis mit heißen Kirschen, ebenfalls ein Lieblingsgericht des Mädchens.
»Morgen hast du den ersten Schultag schon hinter dir, Simone.«
»Ich weiß, Mummy.«
»Freust du dich denn?«
»Nicht so recht.«
»Aber jeder muß in die Schule. Stell dir mal vor, was passiert, wenn niemand mehr eine Schule besucht. Dann bleiben die Menschen dumm, dann werden sie nicht…«
»Ja, Mummy, ja, das weiß ich ja. Aber ich kann doch schon so viel.«
»Du wirst noch mehr lernen.«
»Aber die anderen Kinder können nichts.«
»Warte es ab, bitte.«
Das Thema Schule blieb außen vor. Schon zu oft hatten sie darüber gesprochen, es lohnte sich nicht mehr, und so konnte Dinah ein Thema anschneiden, das sie sich für den heutigen Abend aufgehoben hatte.
»Ich möchte dir sagen, Simone, daß es nicht mehr lange dauert, bis wir umziehen.«
»Nein!« Jetzt war sie wirklich überrascht. »Weg von hier? Meinst du das, Mummy?«
»Richtig.«
»Aber warum denn? Hier ist es doch gemütlich und…«
»Das hat damit nichts zu tun. Ich habe dir ja schon erzählt, daß ich sparen wollte. Ich habe es getan. Ich habe für eine eigene Wohnung gespart, und in die werden wir bald einziehen. Vielleicht in drei oder vier Monaten.«
»Aber wohin denn?«
»Wir bleiben in der Nähe. Du brauchst nicht die Schule zu wechseln. Aber die Wohnung wird größer sein. Wir beide werden uns dort bestimmt wohl fühlen.«
Simone senkte den Kopf. »Wenn das so ist, Mummy, ist es auch nicht schlimm.«
»Nein, überhaupt nicht, meine Kleine. Es ist nicht schlimm. Im Gegenteil, es ist sogar wunderbar, glaub es mir.«
»Mal sehen.«
»Und morgen bin ich auch bei dir, wenn du eingeschult wirst. Ich habe mir extra einen Tag Urlaub genommen.«
»Toll. Ich hatte schon Angst, daß alle anderen mit ihren Müttern kommen und ich allein bin.«
»Nein, überhaupt nicht, mein Schatz. Wir sind doch ein Team. Oder nicht?«
Simone ließ sich etwas Zeit mit der Antwort. Dann
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