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Mondnacht - Mordnacht

Mondnacht - Mordnacht

Titel: Mondnacht - Mordnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Garten, über dem die Dunkelheit lag. Simone war nicht zu sehen. Dinah wollte schon nach ihr rufen, als sie wie unter Zwang den Kopf nach links drehte, denn von dort hatte sie ein Geräusch gehört.
    War es ein Knurren gewesen, ein Lachen?
    Sie beugte sich weit aus dem Fenster, drehte den Kopf nach links und konnte auch an der dunklen Hauswand entlangschauen. Simone saß auf dem Boden. Sie lehnte mit dem Rücken an der Hausmauer.
    Aber sie war nicht allein.
    Sie hielt irgend etwas in den Armen. Es sah aus wie ein dunkles Bündel, das zuckte.
    Simone kicherte. Dann hob die Sechsjährige den rechten Arm an. Etwas blitzte auf. Eine Schere oder ein Brieföffner. Die Hand raste nach unten, und der lange, spitze Gegenstand stach tief in den zuckenden Körper hinein, aus dem eine dünne Blutfontäne spritzte, über die Simone den offenen Mund hielt, um das Blut des getöteten Tieres trinken zu können…
    ***
    Dinah Hutton verstand die Welt nicht mehr. Nein, das war nicht der richtige Ausdruck. Für sie war die Welt zusammengebrochen. Sie mußte sich mit dem Gedanken vertraut machen, daß die Person, die das aus der Wunde quellende Blut schlürfend trank, ihre Adoptivtochter Simone war, und anscheinend fühlte sie sich wohl. Sie knurrte vor sich hin, sie senkte auch den Kopf, dann biß sie in das zuckende, noch warme Fleisch des Tieres.
    Dinah schloß die Augen. Sie konnte einfach nicht mehr hinschauen. Es war ihr unmöglich, aber sie hörte die Geräusche, die beinahe ebenso schlimm waren.
    Dieses Schmatzen und Schlürfen. Verbunden mit einem leisen Stöhnen, dann wieder das Lecken, das zufriedene Grunzen. Die Vorstellung, daß diese Geräusche aus dem Mund eines sechsjährigen Kindes drangen, wollten ihr nicht in den Kopf.
    Simone war voll und ganz mit sich selbst und ihrer Beute beschäftigt. Sie nagte daran, sie trank das Blut. Dinah glaubte sogar, den Geruch wahrzunehmen, und sie fühlte sich wie in einem Gefängnis ohne Gitter.
    Ihr selbst wurde übel, und sie wollte ihre Tochter nicht ansprechen.
    Simone war ihr so fremd geworden. Das konnte nur ein verfluchter Alptraum sein, aber sie wußte selbst, daß sie sich irrte. Es war kein Alptraum, es war die reine Wahrheit.
    Dinah zog sich zurück. Dabei achtete sie darauf, so wenig Geräusche wie möglich verursachen. Sie fror, und deshalb zitterte sie auch, aber dieses Zittern konnte sie aus eigener Kraft nicht unterdrücken. Es war einfach da, es blieb, und es würde sich auch weiterhin fortsetzen, das stand für sie fest.
    Schritt für Schritt ging die Frau nach hinten. Sie blickte dabei zwangsläufig aus dem Fenster und auch zum Himmel, wo sie nicht nur die Wolken sah, sondern auch freie Flächen zwischen ihnen.
    Dort stand der Mond!
    Wieder einmal. Voll und bleich. Ein Auge, das in die Tiefe glotzte und alles beobachtete. Aber sie sah noch mehr, denn von der Seite her hatte sich ein Schatten vor das Rund des Mondes geschoben, und diesen Schatten kannte sie.
    Es war der Umriß eines Wolfsschädels.
    Dinah zuckte zusammen. Dieser Kick war so heftig, daß sie beinahe noch gefallen wäre. Die Luft blieb ihr weg, das Herz trommelte, und sie spürte auch den verdammten Druck hinter den Augen.
    Das war grausam. Das gehörte nicht in diese Welt. Erst das Bild an der Wand, dann ihre Tochter, die sich vom Blut eines Tieres ernährte, und jetzt die Zeichnung am Himmel.
    Über ihnen lag ein Fluch!
    Immer deutlicher wurde dies, und der Fluch hing mit ihrer Adoptivtochter zusammen.
    Daß Dinah das Kinderzimmer verlassen hatte und sich am Eßtisch wiederfand, hatte sie kaum registriert. Sie war nur froh, endlich sitzen zu können und schlug beide Hände vor das Gesicht. Sie zitterte noch immer. Der Atem fuhr keuchend und abgehackt aus ihrem Mund. Ihre Gedanken kreisten. Sie kam mit ihrem Schicksal nicht zurecht. Ihre Existenz stand auf dem Kopf.
    Dinah stöhnte auf. Sie starrte auf die Tischplatte. Ihr Körper zitterte. Die Übelkeit nahm zu. Sie wußte auch, daß sie nicht mehr zu stoppen war, und die Frau schaffte es gerade noch, die Toilette zu erreichen. Dort mußte sie sich übergeben.
    Nach einigen Minuten richtete sie sich wieder auf. Es ging ihr etwas besser. Auch wenn der Schweiß sie wie eine zweite Haut bedeckte. Im Spiegel sah sie ihr Gesicht.
    Eine weiße Haut, wie Fett oder noch schlimmer.
    »Was ist nur passiert?« flüsterte sie mit bebenden Lippen. »Was ist da nur geschehen?« Dinah war verzweifelt. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß ihr weiteres Leben einen

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