Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Lisandra fest.
„Ja“, sagte Haul. „Wir reden und wir gehen im Kreis. Wir müssen jetzt nur zur Festung rein - und vorne wieder rausgehen, d ann kommen wir zurück zur Arena.“
„Zur Arena will ich jetzt ganz bestimmt nicht. Lass uns noch eine Runde durch den Garten gehen. Oh, hör mal, es klingelt zur Pause!“
„Nein, es klingelt zum Pausenende!“
„Ach ja. Jetzt, wo du es sagst …. Haben die es gut! Ich wünschte, ich könnte auch wieder normal zur Schule gehen.“
Sie sagte es sehnsüchtig und spürte doch, dass es gerade nicht stimmte. Wollte sie jetzt wirklich lieber in den unterirdischen Schulräumen sitzen und sich Krotan Westbarschs langweilige Formeln anhören, die sie in diesem Leben niemals verstehen würde? Nein! Sie wollte viel lieber mit Haul durch die Gegend laufen und nach ihrer größten Schwäche suchen. Auch wenn sie sie nicht fand.
Sie kamen gerade an den Gewächshäusern vorbei, als sie zwei Stimmen hörten.
„Komm, wir müssen rein!“, rief eine Mädchenstimme. „Es hat schon geklingelt!“
„Ach, nein“, erwiderte eine Jungenstimme, die Lisandra sehr gut kannte. „ Lass uns lieber schwänzen! “
Die Mädchenstimme antwortete nicht. Sie gab nur ein Geräusch von sich, das vermutlich von unterdrücktem Gelächter herrührte und dann war es still.
„Wollen wir nicht weitergehen?“, fragte Haul mit gedämpfter Stimme, denn Lisandra war stehen geblieben, wie zur Salzsäule erstarrt – oder zur Eissäule, das traf es noch besser.
Lisandra schüttelte den Kopf.
„Wenn wir weitergehen“, flüsterte sie, „dann sehen wir sie!“
„Und was wäre daran so schlimm?“
„Ich will es nicht sehen!“
„Ah, womit wir wieder bei deiner Schwäche wären. Du erwartest etwas Unangenehmes?“
Jetzt nickte Lisandra.
„Komm, Lockenköpfchen“, flüsterte Haul, nahm Lisandras Hand und zog sie mit sich. „Sieh deiner Angst ins Auge!“
Lisandra stolperte mit Haul mit, obwohl sie ahnte – nein, wusste – was jetzt kommen würde. Nichtsdestotrotz, obwohl sie es gewusst hatte, traf es sie wie ein Schlag: Da war Geicko und lehnte am Gewächshaus. Ihm gegenüber stand ein Mädchen, das genauso groß war wie er und unter dessen Mütze lange, blonde Locken hervorschauten . Dieses Mädchen hätte auch in Lisandras zu großen, geklauten Mänteln gut ausgesehen, weil sie immer gut aussah: Lori Klamm. Das Schlimme war, dass Lisandra Lori mochte. Sie war klug, direkt und praktisch veranlagt. Dazu konnte sie sehr gewinnend lachen, was sie gerade auch tat. Sie tat es, nachdem Geicko und sie aufgehört hatten, sich zu küssen. Lisandra hätte sich am liebsten auf der Stelle übergeben. Vor Schreck und weil sie nicht sehen wollte, was sie gerade sah.
„Ist das dieser Geicko, mit dem du mich mal verwechselt hast?“, flüsterte Haul.
„Ja.“
„Und es passt dir nicht?“
„Nein.“
„Sollen wir es ihm heimzahlen?“
„Wie denn?“, fragte Lisandra, doch da war es schon zu spät.
Haul machte eine laute Bemerkung über den Schnee , damit Geicko und Lori auch bestimmt auf ihn aufmerksam wurden und in seine Richtung schauten. Dann griff er Lisandra bei den Schultern und noch während sie ihn erstaunt anstarrte, küsste er sie.
Hätte Lisandra vorher gewusst, was da auf sie zukam – manchmal war sie wirklich schwer von Begriff, denn sie hatte es nicht kommen sehen – aber wenn sie es gewusst hätte, dann hätte sie alles getan, um es zu verhindern. Sie hätte angenommen, dass sie bei Hauls Kuss Läuse und Flöhe vor Abneigung und Widerwillen bekommen würde, denn sie hatte im Leben niemals vorgehabt, irgendwen zu küssen, weil das dumm war und … schwach.
Aber als es passierte, veränderte sich alles. Einfach alles! Lisandra vergaß, wo sie war und wer sie war und dass Geicko sie sah. Sie merkte nur noch, dass ihre Lippen wie Feuer brannten, dass sie selbst wie Feuer brannte und nicht mehr aufhören wollte, Haul zu küssen. Es gefiel ihr. Sie liebte dieses Gefühl! Vermutlich liebte sie sogar Haul!
Doch Haul hatte einen Plan und dieser Plan war, es Geicko heimzuzahlen, und das beinhaltete, dass man irgendwann mit dem Küssen aufhörte und schaute, wie es der Geschädigte aufnahm. Geicko nahm es geschockt auf. Er starrte in Lisandras und Hauls Richtung und seine schwarzen Augen waren kalt wie Stein. So zumindest beschrieb es Haul Lisandra, nachdem Geicko weggegangen war. Lisandra sah es nicht, da sie unverändert Haul anstarrte, den großen Haul mit den wunderschönen
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