Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
blau, so blutleer waren sie geworden.
„Warum sollte ich das ehrlich beantworten? Damit mich die Regierung in die tote Welt stößt, so wie sie es mit Geraldine gemacht haben?“
„Ich habe mir erlaubt, meinen Auftraggebern noch nichts über dich zu erzählen, Gerald. Aus genau diesem Grund. Ich glaube zwar, dass sie nicht noch einmal so panisch und kopflos handeln würden, aber für den Fall, dass sie auf seltsame Ideen kommen, wäre es gut, wenn wir unsere Möglichkeiten kennen.“
Gerald saß vornüber gebeugt, die Arme auf seine Knie gestützt, und raufte sich die Haare.
„Was soll das nun wieder heißen?“, fragte er.
„Du überprüfst mit meiner Hilfe deine Unangreifbarkeit.“
Gerald ließ die Hände sinken und starrte müde auf Marias Tisch mit den Bücherstapeln.
„Was bringt das ? Ich habe dazugelernt, ja. Mittlerweile kann ich durch Wände gehen, sogar andere Menschen können durch mich durchgehen, wenn ich unsichtbar bin. Aber niemand garantiert mir, dass ich eine tote Welt überlebe!“
„Nein, wir wissen nicht, ob du es überlebst. Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden: Nämlich indem du die tote Welt betrittst und siehst, was passiert. Damit du bei diesem Experiment nicht dein Leben riskierst, benutzen wir Mondpapier. Ich habe es mir zu diesem Zweck ausgeliehen und auch ausprobiert, ob es wirklich funktioniert.“
„Scarlett hatte recht“, murmelte Gerald. Seine Worte waren für Maria bestimmt, die allerdings nicht glauben wollte, dass Grohann vorhatte, Gerald umzubringen.
„Was ist Mondpapier?“, fragte sie.
„Ein Stüc k Papier, das weiß ist wie der Mond und weiß bleibt, egal, was man darauf schreibt. Man sagt ihm unterschiedliche Wirkungen nach, doch die eine, um die es uns geht, ist die wichtigste. Man schreibt seinen Namen auf das Mondpapier und erlangt dadurch ein zweites Leben. Stirbt die Person, die ihren Namen auf das Papier geschrieben hat, tritt ein Doppelgänger ins Leben, der mit der verstorbenen Person bis in die kleinste Einzelheit identisch ist. Es ist die verstorbene Person!“
Gerald rutschte bis an die Sofakante vor, um dem Steinbockmann geradewegs ins Gesicht sehen zu können.
„Ich glaube, ich kann nicht folgen“, sagte er. „Sie sagten, Sie hätten es ausprobiert ? Mit wem?“
„Mit mir. Ich habe meinen Namen auf das Papier geschrieben und b in in die Feuerhöhlen von Purga gegangen, die ich mir schon immer mal von innen ansehen wollte.“
Gerald riss ungläubig die Augen auf, während Maria in ihrem Gedächtnis nachforschte, ob sie von diesen Feuerhöhlen schon mal was gehört hatte.
„Sind das die Höhlen, in denen es diese alten Wandmalereien gibt? Von Riesendrachen und so?“, fragte sie.
„Nein“, sagte Gerald. „ Du meinst die Fabelhöhlen von Pimpa . In die Feuerhöhlen von Purga hat man vor ewigen Zeiten Zauberer geschickt, die zum Tod e verurteilt waren. Weil man in diesen Höhlen nämlich umkommt, egal wie mächtig man ist.“
„Ja, man kommt um“, sagte Grohann. „Ich habe mich immer gefragt, ob es nicht doch einen Weg aus den Höhlen an einen anderen Ort gibt, aber diese Höhlen zu betreten ist tatsächlich das Letzte, was ein Zauberer tut. Es gibt kein Zurück.“
Maria und Gerald sahen den Steinbockmann an und glaubten, sich verhört zu haben.
„Sie sind nicht in diese Höhlen gegan gen und gestorben?“, fragte Maria.
„Wie hätte ich sonst ausprobieren können, ob das Mondpapier funktioniert? Natürlich bin ich hineingegangen. Ich kann euch berichten , dass die zum Tode verurteilten Zauberer nicht lange leiden mussten , man verbrennt innerhalb kürzester Zeit. In dem Moment, als ich aufgehört habe zu leben, war ich wieder da. Und zwar dort, wo ich das Mondpapier aufbewahrt hatte. Man sollte nicht so töricht sein, es bei Lebensgefahr bei sich zu tragen, denn sonst geht der Doppelgänger womöglich auch noch drauf.“
Maria hatte das Gefühl, dass der Steinbockmann diesen Umstand lu stig fand. Dabei war das alles überhaupt nicht lustig.
„ Sie sind jetzt kein Doppelgänger, sondern Sie selbst? Ich meine – der Zauberer, der Sie vorher auch waren?“
„Die gleiche Person mit den gleichen Gedanken und Erinnerungen. Ich bin praktisch nicht gestorben, obwohl die Person, die in die Feuerhöhle gegangen ist, wirklich gestorben ist.“
Gerald schüttelte langsam den Kopf.
„Ich soll meinen Namen auf dieses Papier schreiben und die tote Welt betreten? Habe ich das richtig verstanden?“
„Wenn du glaubst, dass
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