Mondpapier und Silberschwert (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
in sich zusammenfällt.“
Maria und Gerald saßen beklommen auf dem roten Sofa und wussten nicht, was sie sagen sollten. Dass es wirklich so schlimm um Amuylett stand, hatten sie nicht erwartet.
„Die Regierung ist ungeduldig geworden“, fuhr Grohann fort. „Das Problem ist seit einer Ewigkeit bekannt, vielleicht sogar seit der Besiedlung dieser Welt. Doch alle Forschungen auf diesem Gebiet haben nicht geholfen, das Problem zu lösen oder die Entwicklung aufzuhalten. Im Moment scheint es nur einen Ausweg zu geben, nämlich die Besiedlung einer neuen Welt.“
„Wie genau soll das funktionieren?“, fragte Gerald. „Indem man Erdenkinder wie uns in eine tote Welt schubst und hofft, dass wir es schon richten?“
„Ich weiß, worauf du anspielst, Gerald. Wie ich schon sagte, die Regierung ist ungeduldig geworden. Ich vermute, Viego Vandalez hat euch von seiner Verlobten erzählt?“
„Ja, wir wissen, dass sie von der Regierung ermordet wurde“, sagte Gerald. „Wir wissen auch, wer dabei mitgemacht hat!“
Maria schaute Gerald erschrocken an, dann wanderte ihr Blick zu Grohann. Wollte Gerald damit ausdrücken, dass Grohann an Geraldines Tod schuld war?
„Sie wurde auf sinnlose Weise getötet, das stimmt“, sagte der Steinbockmann. „Aber sowohl auf ihren drohenden, bevorstehenden Tod als auch auf die Sinnlosigkeit dieser Tat habe ich die Verantwortlichen mit aller mir zur Verfügung stehenden Macht hingewiesen. Was vielen Leuten nicht klar ist: Meine Macht ist begrenzt. Ich bin nicht die Regierung, ich arbeite nur für sie und muss tun, was sie mir aufträgt. Selbst wenn ich mich weigere, Befehle auszuführen, kann ich nur zusehen, wie andere sie an meiner Stelle ausführen. So w ar es auch damals mit Geraldine, die sie gezwungen haben, eine tote Welt zu betreten, obwohl sie wusste, dass sie dort nicht überleben kann. Ich lasse mich bereitwillig als Mörder bezeichnen, aber in Geraldines Fall habe ich keinen Mord begangen. Ich habe sie nicht in ihr Verderben gestoßen, ich wurde nur Zeuge dieser Tat und das war kein Spaß, Gerald, das versichere ich dir!“
Gerald fiel es schwer, die Fassung zu bewahren. Er hatte seine Tante Geraldine nie kennengelernt, doch nach allem, was er über sie gehört hatte, war sie ein sehr gütiger, besonderer Mensch gewesen. Zu hören, dass man sie tatsächlich mit voller Absicht in eine tote Welt geschickt hatte, war fast mehr, als Gerald ertragen konnte.
„Warum hat die Regierung das getan?“, fragte Maria. „Wenn sie doch vorher wusste, dass Geraldine in einer toten Welt nicht überleben kann?“
„Weil in den Lilienpapieren steht, dass das zweite Erdenkind die tote Welt betritt und ihre Wunde versiegeln wird“, antwortete Grohann.
„Dann steht in den Lilienpapieren die Unwahrheit?“
„Nein, wahrscheinlich nicht. Aber das Erdenkind muss im Vollbesitz seines Talents sein. Geraldine konnte sich unsichtbar machen. Aber nicht ‚bis zur Unangreifbarkeit’, wie es in den Lilienpapieren heißt. Das hat sie immer und immer wieder erklärt. Aber niemand wollte es wissen. Sie war das erste Erdenkind seit dreihundert Jahren, das sich unsichtbar machen konnte. Sie nahmen an, dass nichts Besseres mehr nachkommt. Dass es jetzt mit der Besiedlung der neuen Welt unbedingt klappen müsste, weil die Zeit abläuft. Das hat sie zu dieser wahnsinnigen Tat verleitet. Sie glaubten, Geraldine würde unangreifbar werden, wenn sie die tote Welt erst mal betreten hätte, aber das war natürlich Unsinn. Sie ging keine drei Schritte, dann brach sie zusammen. Mit ihrer letzten Kraft schleppte sie sich zurück in unsere Welt, doch sie war nicht mehr bei Verstand, als sie hier ankam.“
Gerald war sehr blass geworden und auch Maria merkte, wie ihr bei der Vorstellung, dass ein Mensch so etwas durchmachen musste, ganz flau im Magen wurde. So etwas durfte nie mit einem der Erdenkinder passieren, die sie kannte. Niemals!
„Ihr wisst vielleicht, warum Geraldines Talent nicht ausreichend war?“
Maria und Gerald schwiegen. Sie ahnten, worauf Grohann hinauswollte, aber sie waren gerade nicht in der Lage zu sprechen.
„Es war das fünfte Erdenkind, das gefehlt hat“, sagte er. „Nur durch seine Anwesenheit erlangen die anderen Erdenkinder das ganze überragende Ausmaß ihrer Fähigkeiten. Deswegen meine Frage an dich, Gerald, und ich bitte dich, sie mir ganz ehrlich zu beantworten: Kannst du dich mittlerweile unsichtbar machen bis zur Unangreifbarkeit?“
Geralds Lippen waren fast
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