Mondschein, Kuesse Und Amore
„Man hört nur Vogelgezwitscher, keinen Verkehrslärm, keine Sirenen.“
„Wenn ich ein bisschen Ruhe brauche, komme ich immer hierher“, sagte er. „Wir können spazieren gehen oder ein Riscio nehmen.“
„Was ist ein Riscio ?“
Er deutete auf Leute, die darin vorbeifuhren. „Eine Rikscha für vier Personen mit Sonnendach. Gibt es auch für zwei Personen.“
„So eine Art Tandem, nur dass man nebeneinandersitzt, meinst du?“
„So ungefähr.“ Er lächelte. „Auf die Weise sehen wir mehr vom Park. Und es bringt Spaß.“
Da war sie fünf Minuten später nicht mehr so sicher, als sie auf einen Kreisverkehr zuradelten und es ihr nicht gelang, die Rikscha in die richtige Richtung zu steuern. Ein Schild forderte dazu auf, bergab rechtzeitig zu bremsen, weil die Rikscha sonst umkippen könnte. Wo war die Bremse? Ella wurde panisch.
„Man kann nur auf meiner Seite steuern, bellezza “, beruhigte er sie und drückte ihre Hand. „Da kannst du dein Lenkrad noch so sehr drehen.“
Ella war kurz davor durchzudrehen. Wie konnte er so ruhig bleiben? „Da vorn ist ein Lastwagen und wir fahren in falscher Richtung um den Kreisverkehr!“
„In Italien fährt man auf der rechten Straßenseite, also fahren wir auch anders im Kreisverkehr als ihr in England“, erinnerte er sie. „Alles ist gut. Wir überlassen dem Lastwagen die Vorfahrt. Kein Grund zur Beunruhigung. Lehn dich einfach zurück und genieß die Fahrt.“
„Genießen?“, fragte sie trocken und wünschte sich schon, sie wären doch zu Fuß gegangen.
„Ella, vertrau mir.“
Ha. Ohne es zu ahnen, hatte er ins Schwarze getroffen. Nie wieder würde sie jemandem vertrauen können.
„Ich passe auf dich auf“, sagte er leise und streichelte ihre Wange. „Das verspreche ich dir. Und ich breche nie ein Versprechen.“
Sie kannte ihn nicht gut genug, um zu wissen, ob er nicht das Blaue vom Himmel erzählte. Im Moment blieb ihr jedoch nichts anderes übrig, als ihm zu glauben. Nachdem sie den Kreisverkehr hinter sich gelassen hatten, gewöhnte Ella sich an die Rikscha und musste feststellen, dass sie es tatsächlich genoss. Genau wie Rico versprochen hatte, sahen sie auf diese Weise viel mehr vom Park. Und sie konnten anhalten, wo immer sie wollten, um sich Brunnen und Skulpturen aus der Nähe anzusehen. Als die Stunde vorbei war, fühlte Ella sich vollkommen entspannt und hatte sogar mit Rico die Plätze getauscht und die Rikscha eigenhändig gesteuert.
„War gar nicht so schlimm, oder?“, fragte er, den Arm um ihre Schultern.
„Nein, es hat sogar Spaß gebracht, nachdem ich mich erst mal daran gewöhnt habe“, gestand sie und legte den Arm um seine Hüfte.
Sie setzten sich an den See und betrachteten den Brunnen in seiner Mitte.
„Unglaublich, wie blau das Wasser ist. Es ist wunderschön hier“, schwärmte Ella. „Was sind das für Bäume?“
„Flieder.“
„Englischer Flieder sieht anders aus. Und er duftet auch nicht so gut. Es ist wirklich herrlich hier.“
Rico kam oft hierher, um sich zu entspannen, weil es einer der wenigen Orte in Rom war, wo man nichts als Vogelgezwitscher hörte. Im Laufe der Jahre war der Park für ihn jedoch fast zur Kulisse geworden. Aber als er die Begeisterung in Ellas Augen sah, nahm auch er die Schönheit wieder wahr. Sie hatte recht. Es war wirklich herrlich hier. Händchen haltend lagen sie im Halbschatten unter dem Flieder und blickten in den Himmel. Er beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie. „Wie kommt es eigentlich, dass du allein in Rom bist?“
Sie zuckte die Schultern. „Hat sich so ergeben. Ich konnte nur jetzt, und meine beste Freundin ist Lehrerin – und an die Schulferien gebunden.“
„Gibt es in deiner Familie denn niemanden, der dich hätte begleiten können?“
Einen Moment lang wirkte sie traurig. „Nein.“
„Und dein Ex?“ Das ließ ihm sowieso keine Ruhe. Dieser Mann, der so an ihrem Selbstbewusstsein gekratzt hatte. „Hast du seinetwegen die Honeymoon-Suite gebucht? Und er hat dich sitzen lassen?“
„Nein, ich habe die Reise erst nach der Trennung geplant.“ Ihre Lippen wurden schmal. „Und er bleibt auch mein Ex, egal wie viele Blumen und reumütige Briefe er mir schickt.“
Blumen und reumütige Briefe? „Vielleicht ist ihm klar geworden, dass es ein Fehler war, dich zu verlassen“, meinte Rico.
„Er hat mich nicht verlassen. Ich habe ihn verlassen“, korrigierte sie ihn und reckte das Kinn. „Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er seine
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