Mondscheinbiss (German Edition)
Anziehungskraft herrschte. Sie dachte zuerst, es läge an dem Reiz des Verbotenen, denn von Männern wie ihm – Vampiren – sollte sie sich fernhalten, das wusste sie genau. Ein schlimmes Ereignis in ihrer Kin d heit sorgte dafür, dass sie die gleiche Abscheu vor di e ser Spezies entwickelt hatte wie ihre Familie.
Zumindest bis zu dem Tag, an dem sie Jase begegnete. Einerseits hoffte sie täglich, dass er etwas zu ihr sagen würde, i r gendetwas Persönliches , dass sie daran erinnerte, dass sie sich näher gekommen waren als zwei gewöhnliche Arbeitskoll e gen. Doch andererseits wusste sie um die Problematik und ihr war schmerzlich bewusst, dass auch er sich vor den Kons e quenzen ihres Zusammenseins fürchtete.
Im Nachhinein sagte er, es sei Schicksal gewesen, dass ihr Boss sie von da an mehr Fälle zusammen bearbeiten ließ. Und ob sie es wollten oder nicht, sie kamen sich unweigerlich näher. Es war ein Abend wie aus dem Bilderbuch, der Himmel war dunkel und sternenklar.
Sie hatten sich unter dem Vorwand verabredet, gemeinsam den aktuellen Fall durchzugehen. Natürlich war es in erster Linie ein G e spräch zwischen zwei Polizisten, aber wenn sie ehrlich war, hätte sich diese Besprechung auch auf de m Revier führen lassen. Im A n schluss daran brachte er sie in seinem Batmobil nach Hause. Zumindest hatte sie das angenommen, als sie in den Wagen g e stiegen war.
Sie fuhren die Interstate entlang und Serena hatte nervös, doch auch freudig registriert, dass er an der Ausfahrt, die zu ihr nach Hause führte, vorbeifuhr . Sie blickte ihn an, um festzustellen, ob es Absicht war oder er sich vertan hatte. Sofort erw i derte er ihren Blick.
„ Was ist? “ , fragte er unschuldig, doch sie sah den Schalk in seinen Augen.
„ Nichts “ , gab sie zurück und sah aus dem Fenster, um ihr Schmun zeln zu verbergen.
„ Wie geht es deiner Familie? “ , fragte er dann, das Thema wechselnd.
„ Gut, denke ich. Willst du wissen, ob ich ihnen von dir erzählt h a be? “
Er lachte. „ Wahrscheinlich hat das dein Bruder getan. “
Sie schüttelte den Kopf. „ Nein. Er hat mich angerufen, ob ich den Verstand verloren hätte, aber er würde mich nie bei meinen Eltern … “ Sie unterbrach sich.
„ Dich nie was? Verraten? “
„ Das wollte ich so nicht sagen “ , erwiderte sie verlegen.
„ Ist schon okay. Ich dachte mir schon, dass deine Familie nicht b e geistert sein würde. Aber vielleicht haben sie ja recht. “
„ Du bist nicht wie die anderen. “
„ Bist du sicher? “
„ Absolut. “ Und das stimmte. In zweierlei Hinsicht. Sie war sicher, dass er anders war. Genauso, wie sie sicher war, dass sie nicht mehr so tun konnte, als wäre nichts zwischen ihnen.
„ Wie sieht es mit deiner Familie aus? “ , fragte sie vorsichtig.
Er bestätigte ihre Vermutung. „ Ich habe keine. “
„ Tut mir leid. “
„ Das braucht es nicht. “
Sie schwieg und dachte, er würde es dabei belassen. Doch dann fing er wieder zu sprechen an.
„ Meine Mutter kenne ich nicht. Ob sie tot ist oder uns verlassen hat, als ich klein war, habe ich nie erfahren. Mein Vater hat nicht von ihr gesprochen. Und ich habe schnell gelernt, dass ich ihn nicht danach fragen darf. “
Einen Moment sagte er nichts. Seine Fingerknöchel am Handgelenk wurden weiß, als er das Lenkrad fester umklamme r te. Sie traute sich nicht, ihm eine Frage zu stellen. Sowohl aus Angst vor der Antwort, als auch davor, dass er nicht weite r sprechen wollte.
„ Ich war siebzehn, als er gestorben ist. Ich kann nicht sagen, dass es mir besonders leidtut , und diese Erkenntnis ist schmerzhafter als sein Verlust. Ich weiß, dass ich so oder so nicht mehr lange bei ihm gebli e ben wäre. “
Ihr wurde kalt und sie zog die Jacke fester um sich. Sie hätte die Frage niemals laut gestellt, doch er beantwortete sie trotzdem.
„ Er ist drogenabhängig gewesen. Es hat angefangen mit Marihuana und steigerte sich von Koks zu Tabletten. Am Ende hat er sich Heroin gespritzt. Ich war noch nicht einmal volljährig , aber ich kannte die Au s wirkungen von Drogen besser als jeder normale Erwachsene. Wenn ich gewusst hätte, wohin, wäre ich schon viel fr ü her abgehauen. “
„ Und danach? “
„ Nichts. Ich war, wie gesagt, siebzehn. Mit neunundzwanzig hat ein Vampir mich zu dem gemacht, was ich heute bin. In der Zwischenzeit gab es nichts. “
„ Wo hast du gelebt? “
„ Leben kann man es nicht nennen. Ich habe mich mal hier und mal dort
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