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Mondscheingeflüster

Titel: Mondscheingeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Fleisch.
    Ein Mann war urplötzlich aus dem Menschengewühl aufgetaucht und zerrte an der Tasche.
    Kathrin schrie aus Leibeskräften. »Hilfe! Hilfe, jemand will mich bestehlen! Hilfe!«
 

 
    Jemand hatte Kathrin einmal erzählt, in New York könne man mitten auf der Straße umfallen und sterben, es würde sich niemand darum kümmern. Was zählte dann ein versuchter Handtaschenraub? Tatsächlich sahen nur ein paar Leute gelangweilt hin, als Kathrin plötzlich schrie. Aber den Täter hatte ihre gellende Stimme erschreckt. Er ließ seine Beute los und war wie der Blitz zwischen den Passanten untergetaucht.
    Kathrin stand ganz benommen da. Alles war so schnell gegangen, sie hatte es kaum begriffen, eigentlich eher aus einem Reflex heraus geschrien. Die Tasche baumelte noch immer an ihrem Arm. Aber wenn sie sie nicht um das Handgelenk geschlungen hätte, dann wäre sie jetzt weg. Der Angriff war überraschend erfolgt, der Täter hatte außerdem mit aller Kraft gezogen. Kathrin wäre völlig überrumpelt gewesen und hätte schon allein deswegen sofort losgelassen.
    »O Gott«, sagte sie laut, »was für eine Stadt!«
    Sie hörte wie jemand ihren Namen rief. »Kathrin! Hallo, Kathrin!«
    Es war Bob. Er hatte mit seinem Auto direkt vor Kathrin gehalten, aber sie hatte ihn nicht bemerkt. Jetzt stieg sie eilig ein.
    »Eben wollte mir jemand die Handtasche klauen«, erzählte sie aufgeregt. »Gott sei Dank hatte ich sie mir so um den Arm geschlungen, dass sie festhing. Sonst wäre jetzt mein Geld weg!«
    »Deine Papiere hast du hoffentlich im Hotelsafe?«
    »Ja, darauf haben meine Eltern bestanden. Aber das Geld wäre schlimm genug gewesen. Abgesehen davon ist auch die Tasche sehr teuer gewesen. Es ist die schönste, die ich habe.«
    »Handtaschendiebstähle sind hier an der Tagesordnung«, sagte Bob. »Du solltest nie dein ganzes Geld mit dir herumtragen. Und das, was du mitnimmst, steckst du am besten in einen Beutel, den du um deinen Hals und unter den Pullover hängst. Das ist immer noch am sichersten.«
 
    Daheim bei Bob und Jane stellte Kathrin erleichtert fest, dass Ted sich nicht blicken ließ.
    »Eine Arbeitsgemeinschaft von der Uni«, erklärte Jane. »Ted hatte sie völlig vergessen. Sie lernen für eine Klausur, die sie Mitte Januar schreiben.«
    Kathrin hielt das für einen Vorwand, aber sie war Ted dankbar dafür. Es wurde ein netter Abend mit Bob und Jane. Jane hatte ein indisches Reisgericht mit viel Curry gekocht, das vorzüglich schmeckte. Zwischendurch klingelte das Telefon. Es waren Kathrins Eltern, die ihre Tochter im Hotel nicht erreicht hatten und es nun bei den Freunden versuchten. Kathrins Mutter klang erschöpft und entnervt.
    »Das war eine furchtbare Reise, sei froh, dass du nicht mitgekommen bist. Wieso konnte ich dich gestern den ganzen Tag nicht erreichen?«
    »Ich war einkaufen. Und abends mit Ted unterwegs.«
    »Gib bloß nicht unser ganzes Geld aus! Ich sage dir, die Fluggesellschaft hat völligen Mist mit dem Gepäck gemacht. Unseres landete in Atlanta. Ich habe zwölf Stunden gebraucht, um herauszufinden, wo es ist, und um zu arrangieren, dass es hierhergeflogen wird. Wie war es mit Ted?«
    Kathrin seufzte. Wenn sich ihre Mutter aufregte, sprang sie während eines Gesprächs völlig übergangslos von einem Thema zum anderen.
    »Es war ganz lustig. Wir haben schön gegessen und dann waren wir noch tanzen.« Wenn du wüsstest, dachte sie.
    »Na gut. Amüsier dich weiterhin. Übermorgen kommen wir zurück. Grüß Jane und Bob, ja?«
    »Ja. Und grüß du Papi.«
    Kathrin legte den Hörer auf und atmete tief durch. Nie durfte Mami von den Ereignissen der letzten Nacht etwas erfahren, sie würde einen hysterischen Anfall bekommen.
    Es bleibt mein Geheimnis, dachte Kathrin, meines - und das von Ted!
    Sie stand noch immer im Flur neben dem Telefonapparat. Aus dem Esszimmer hörte sie die Stimmen von Jane und Bob. Kathrin zuckte zusammen, als plötzlich der Schlüssel im Schloss der Haustür umgedreht wurde.
    Ted trat ein. Er starrte sie an. »Du bist noch da?«
    Sein Ton ärgerte sie maßlos. Wie unhöflich, so herablassend mit einem Gast seiner Eltern zu sprechen! Sie setzte eine betont hochmütige Miene auf.
    »Ja, wie du siehst. Ich hoffe, du kannst meine Anwesenheit in diesem Haus ertragen!«
    Ted knurrte etwas und warf seinen Autoschlüssel auf einen Tisch. So sehr Kathrin sich mühte, cool zu bleiben, sein Anblick tat ihr doch weh. Er sah so gut aus! Sie erinnerte sich, wie er sie in der

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