Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mondscheingeflüster

Titel: Mondscheingeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
Disko geküsst und sie ganz nah an sich gezogen hatte. Natürlich, ein wenig hatte sie sich dabei gefürchtet, es war ein so neues, nie vorher gekanntes Erlebnis für sie gewesen. Aber sie hatte es doch genossen, das spürte sie jetzt erst richtig. Warum nur hatte alles so schiefgehen müssen?
    Unterhalb seines linken Ohres entdeckte sie etwas Lippenstift und fühlte sich noch elender. Von wegen Arbeitsgemeinschaft! Er war natürlich bei einem Mädchen gewesen. Eine hübsche, erwachsene Amerikanerin, die sich nicht zickig und unerfahren anstellte, im falschen Moment losheulte, ihr Alter unterschlug und dann noch bei Nacht und Nebel davonlief und Ted zwang, ihr durch den dunklen Central Park nachzulaufen.
    »Ted, wollen wir uns nicht wieder vertragen?«, fragte sie leise. »Es tut mir wirklich leid, was passiert ist. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Wahrscheinlich hatte ich auch zu viel getrunken. Natürlich, du hast dir furchtbare Sorgen gemacht.«
    Ted strich sich die Haare aus der Stirn, eine wohleinstudierte Geste, von der er wusste, dass sie gut ankam.
    »Mein Gott, Kathrin, ich will nicht mehr darüber reden, okay? Du hast dich entschuldigt, und ich nehme die Entschuldigung an. Aber versteh bitte, dass mir nichts mehr an einer freundschaftlichen Beziehung liegt.«
    Kathrin schluckte, sie fühlte sich bereits wieder den Tränen nahe.
    Jane steckte den Kopf durch die Tür. »Ah, Ted, wie schön, du bist schon zurück. Komm herein und setz dich zu uns!«
    Es blieb Ted nichts anderes übrig, als dieser Aufforderung zu folgen. Aber die ganze Zeit vermied er es, Kathrin anzuschauen, außerdem redete er nur wenig und starrte missmutig in sein Weinglas.
    Später bat ihn seine Mutter, Kathrin zum Hotel zurückzufahren, aber er lehnte ab. »Ich habe keine Zeit. Ich muss noch arbeiten.«
    Jane wirkte verärgert, versuchte jedoch nicht, Ted zu überreden.
    Schließlich brachte Bob Kathrin heim. »Was hast du morgen vor?«, fragte er beim Abschied.
    Kathrin zuckte mit den Schultern. »Mal sehen. Ich weiß noch nicht.«
    Sie wollte jetzt auch gar nicht darüber nachdenken. Teds Verhalten hatte sie sehr gekränkt. Sie wollte nur noch in ihr Bett und am liebsten gleich einschlafen.
    Inzwischen zählte sie schon die Stunden, bis ihre Eltern wiederkommen würden und sie mit ihnen nach Deutschland fliegen könnte. Von dem Abenteuer »Allein in New York« hatte sie schon jetzt die Nase gestrichen voll.
    Am nächsten Morgen schien wieder die Sonne, und jetzt lag nur noch ganz wenig Schnee auf den Dächern. Kathrin hatte schlecht geschlafen und fühlte sich weder beim Aufstehen noch später nach dem Frühstück wohl. Sie überlegte hin und her: Was sollte sie mit dem Tag anfangen?
    Wahrscheinlich würde ihr ein Spaziergang gut tun, die Kopfschmerzen vertreiben und ihre grüblerischen Gedanken zerstreuen. Sie beschloss, in den Central Park zu gehen, am Tag war das ja nicht weiter gefährlich, wenn sie nicht gerade einsame Orte aufsuchte. Vielleicht traf sie sogar Mike und Peggy. Sie konnte sich noch einmal bei ihnen bedanken und ein bisschen mit Mike plaudern. Schließlich war sie nicht auf Teds Gesellschaft angewiesen!
    Diesmal mummelte sie sich dick ein, Mike sollte nicht denken, sie sei eine blöde Ziege, die grundsätzlich in zu dünnen Strümpfen und Schuhen durch den Schnee stapft. Sie dachte daran, was am Vortag um ein Haar mit ihrer Handtasche passiert wäre, und zögerte, sie mitzunehmen. Schließlich nahm sie ein flaches Kosmetiktäschchen, leerte den Inhalt auf den Waschbeckenrand im Bad, zog unter der Verschlusskappe einen Schnürsenkel von den Turnschuhen durch und konnte es sich so um den Hals hängen und unter dem Pullover verstauen. Dann tat sie ein paar Dollarnoten hinein. So konnte nichts passieren.
    Sie verließ das Hotel, ging ein Stück die Fifth Avenue hinunter. Drüben am Central Park konnte sie die Kutschen mit den Pferden sehen, die geduldig darauf warteten, dass Touristen einstiegen und sich herumfahren ließen. Das war das einzig Friedliche in dieser Gegend, ansonsten ertönte wie immer ein ohrenbetäubendes Hupkonzert und die Passanten wuselten wie Ameisen herum. Kathrin bog in die 59. Straße ein, überquerte die Madison und die Park Avenue, lief dann noch zwei Blocks hinunter und entdeckte dicht unterhalb der 57. Straße, was sie suchte: einen Supermarkt. Dort kaufte sie Mohrrüben für Peggy, im Tabakladen schräg gegenüber ein paar gute Zigarren für Mike. Sie wusste zwar nicht, ob er

Weitere Kostenlose Bücher