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Mondscheingeflüster

Titel: Mondscheingeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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dass die Hölle ein Zuckerschlecken dagegen ist. Du dealst mit einem Zeug, das die Menschen in totale Abhängigkeit bringt und unweigerlich tötet, wenn sie nicht zu den wenigen Glücklichen gehören, die irgendwann einen Therapieplatz bekommen, und selbst da ist der Erfolg noch sehr zweifelhaft. Du weißt auch, dass manchmal schon irgendwelche dummen, kleinen Kids auf den Schulhöfen zu Drogen verführt werden, und die haben schon deshalb keine Wahl, weil sie viel zu blöd sind. Wir sind potenzielle Mörder, ganz egal, wie elegant du darum herumredest!«
    »Du kannst auch am Alkohol krepieren oder vom Rauchen Lungenkrebs bekommen«, sagte Patrick. »Jeder Weinhändler, jeder Zigarettenverkäufer wäre dann ja genauso ein potenzieller Mörder!«
    »Und wie viele werden krank wegen der fortschreitenden Umweltzerstörung überall? Die Industrie mordet, die Wissenschaftler morden, die Politiker tun es! Wer bleibt schon unschuldig?«
    »Versucht nicht, es auf diese Ebene zu ziehen«, erwiderte Linda mit dem kalten Lächeln der Außenseiterin, als die sie sich oft fühlte. Dies war wieder so eine Situation. Sie hätte den scheißvornehmen und scheißgut angezogenen Typen im Nebenraum leicht abgeknallt, keine Frage. Sie müsste nur auf seinen Kaschmirschal starren und auf seine glänzenden Schuhe, dann würde es ihr so leicht fallen wie nichts auf der Welt. Und bei diesem dummen, kleinen Blondchen aus Deutschland hätte sie auch keinerlei Skrupel - nicht, wenn es nun einmal notwendig war. Linda war die Einzige in der Gruppe, die schon in ihrer Kindheit gelernt hatte, Notwendiges zu tun, um das Überleben zu sichern. Ihr Madonnengesicht, die melancholischen Augen waren eine gelungene Täuschung. Linda konnte absolut erbarmungslos sein, wenn sie keine andere Wahl hatte.
    Patrick wusste das, und ihm stand der Schweiß auf der Stirn. Er hatte das sichere Gefühl, dass diese ganze Geschichte ihnen allen sehr bald über den Kopf wachsen würde, und er wünschte nur, sie hätten von Anfang an beschlossen, das verdammte Heroin zum Teufel gehen zu lassen. Doch jetzt war es zu spät, sie waren tief verstrickt, und Linda hatte recht: Der junge Mann im Kellerraum nebenan konnte sie alle ohne Schwierigkeiten identifizieren. Wie hatte Greg nur auf den absolut hirnlosen Einfall kommen können, eine Entführung zu inszenieren?
    »Wir müssen«, sagte der gerade, »ja nun irgendwann mit Kathrin Verbindung aufnehmen.«
    »Bevor sie die Polizei informiert?«, fragte Patrick.
    Chick schüttelte den Kopf. »Schaffen wir gar nicht. Die schreit Zeter und Mordio in dem Moment, in dem sie ihr Zimmer betritt, die aufgebrochene Tür bemerkt und das Chaos sieht. Sie informiert noch in derselben Sekunde den Portier, das kann ich euch versichern, und damit ist die Maschinerie in Gang gesetzt. Vorher aber erwischen wir sie nicht. Das heißt, die Bullen sind auf jeden Fall mit dabei, und wir können uns Zeit lassen. Warten wir bis zum Abend. Dann versuchen wir, das Mäuschen anzurufen.«
    Ted hatte sich nebenan auf das Bett gesetzt, und nachdem er ein paar Minuten lang versucht hatte zu verstehen, was im Nebenraum gesprochen wurde, wurde ihm klar, dass die Wände hier unten zu dick waren, um anderes als undefinierbare Laute durchdringen zu lassen. Eine Stahltür verschloss das Verlies. An der Decke hing an einem Kabel eine elektrische Birne, die ein zuckendes Licht gab, wahrscheinlich ein Wackelkontakt.
    Ted grübelte noch immer. Weshalb man ihn mitgenommen hatte, war klar: Er war im falschen Moment aufgekreuzt und hätte sie alle in Gefahr bringen können. Aber was hatten sie bei Kathrin gesucht? Bei diesem dummen Schaf, das doch nichts haben konnte, was für diese Leute von Interesse war? Er versuchte noch einmal, das Bild des durchwühlten Zimmers zu rekonstruieren, und erinnerte sich genau daran, dass Kathrins Armbanduhr auf dem Nachttisch gelegen hatte. An Wertgegenständen waren sie also nicht interessiert gewesen, und um Juwelen zu finden, schaut man auch nicht unter dem Teppich nach.
    Er spürte, das waren keine Profis. Nicht cool genug, nicht erfahren, nicht routiniert. Als er, das Messer an den Rippen, das Zimmer hatte verlassen müssen, war er sich so hilflos vorgekommen, dass er gar nicht hatte nachdenken können, sonst hätte er bestimmt anders reagiert. Später, im Auto, hatte er die Gesichter besser gesehen. Keiner von denen wollte töten - mit Ausnahme der langhaarigen Flower-Power-Tante am Steuer vielleicht. Die schien vor nichts

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