Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mondscheingeflüster

Titel: Mondscheingeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
zurückzuschrecken. Die anderen sahen aus, als hätten sie sich in ein Spiel verirrt, dessen Regeln sie nicht kannten. Sie kamen mit Sicherheit nicht aus jenen Elendsvierteln New Yorks, in denen die Babys schon mit der Muttermilch faule Tricks einsaugen. Eher handelte es sich hier um Sprösslinge guter Familien. So wie sie miteinander umgingen und sprachen, hatte Gewalt nicht zu ihrem Alltag gehört. Aber gerade das konnte sie gefährlich machen. Deshalb hatte Ted auch, als sie aus dem Auto stiegen und ihn in den Keller führten, keinen Versuch gemacht zu entkommen. Profis töten schnell und kalt und aus Berechnung, Amateure töten möglicherweise genauso schnell, bloß nicht kalt und berechnend, sondern mit rasendem Puls und weil ihnen die Nerven versagen. Dieser Typ, den sie »Greg« nannten, hätte ihm das Messer blitzschnell in die Rippen gestoßen, einfach nur aus Schreck.
    Ted quälte sich mit der Frage herum, ob diese Leute Kathrin wirklich gefangen hielten. Hier im Keller, in dem Vorraum, den er durchquert hatte, und in dem Verlies, in dem er jetzt saß, war sie jedenfalls nicht. Es gab auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie hier gewesen war. Nicht die kleinste Spur.
    Irgendetwas suchen die, dachte Ted, irgendetwas wollen die ganz dringend. Wenn Kathrin noch frei ist, und wenn sie hat, was die wollen, dann werden sie mich benutzen, um an diese Sache heranzukommen. Guter Gott, warum nur musste ich dieses kleine Mädchen aus Deutschland kennenlernen? Und welcher Teufel hat mich geritten, mich auch noch mit ihr zu verabreden? Jetzt sitze ich hier ganz schön in der Scheiße.
    Ted fand das Leben im Moment ziemlich ungerecht.
 

 
    Kathrin war so verwirrt und verstört, dass Mike beschloss, ihr einen kleinen Schluck von seinem Schnaps einzuflößen. Wie immer, wenn er sich nicht im Dienst befand, hatte er seine kleine Flasche bei sich, und im Augenblick war er ja als Privatmann hier. Seine Kollegen, die er informiert hatte, waren gerade dabei, das Zimmer auf Fingerabdrücke zu untersuchen. Mike und Kathrin warteten draußen im Gang, was dem stellvertretenden Hotelmanager überhaupt nicht passte, denn ihm ging es in erster Linie darum, kein Aufhebens um die Sache zu machen. Der Anblick des zitternden jungen Mädchens und des älteren, ziemlich vergammelt aussehenden Mannes im Gang nervte ihn. Zu allem Überfluss zog der Alte auch noch einen Flachmann hervor, aus dem die beiden abwechselnd tranken. Es roch nach Schnaps.
    »Bitte, das muss doch nicht hier sein!« Der Manager zitterte vor Nervosität. »Möchten Sie in die Hotelbar gehen? Oder ... wir könnten Ihnen irgendein Zimmer anbieten ...«
    »Wir bleiben hier, danke«, sagte Mike bestimmt und wandte sich wieder Kathrin zu.
    »Ich verstehe das nicht. Ich verstehe das einfach nicht! Gestern Abend ist mir auf offener Straße fast die Handtasche geklaut worden und jetzt das! Es ist ja so, als ob alle Welt es auf mich abgesehen hätte! Mike, was haben die denn in dem Zimmer gewollt?«
    Mike nahm einen Schluck. Er konnte besser denken, wenn er trank, aber das wusste sein Chef glücklicherweise nicht.
    »Die Art der Verwüstung lässt nicht unbedingt auf eine Suche nach Juwelen schließen, zumal deine Armbanduhr zurückgeblieben ist, außerdem ein Paar goldene Ohrringe im Bad. Wenn die Täter Schmuck gewollt hätten, wäre dein Zimmer eine denkbar schlechte Wahl gewesen, das Zimmer eines fünfzehnjährigen Mädchens, das eigentlich gar keine so großen Kostbarkeiten besitzen kann. Da gibt es Frauen im Hotel, bei denen es sich mehr lohnt, und unter ihnen leider auch immer noch welche, die es ablehnen, ihre Besitztümer dem Hotelsafe anzuvertrauen. Es könnte also nur ein Zufall sein oder eine Verwechslung, aber wie gesagt, dann hätte man das bisschen Schmuck, das da war, sicher nicht liegen gelassen. Selbst wenn die Täter überstürzt aufbrechen mussten - die Zeit, eine Uhr und ein Paar Ohrringe in die Tasche zu stecken, bleibt allemal. Sie waren auf etwas anderes scharf ... aber was, was, was?«
    Sie schwiegen beide ratlos.
    »Gestern wurde dir beinahe die Handtasche gestohlen?«, fragte Mike. »Weißt du noch, wo das war?«
    »Ja. Direkt vor dem Hotel.«
    »Hm. Kann in einem Zusammenhang stehen, muss aber nicht. Handtaschen werden in New York jede Minute gestohlen. Hattest du die Tasche heute dabei? Ich erinnere mich nicht mehr ...«
    »Nein. Ein Bekannter riet mir, sie lieber im Hotel zu lassen. Sie war im Zimmer und ist ebenfalls durchsucht worden. Aber da

Weitere Kostenlose Bücher